
Zuerst die Entführung Hanns Martin Schleyers, dann die Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ und die Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten, bevor sich vier RAF-Terroristen der ersten Generation das Leben nahmen _ diese traurigen Höhepunkte des deutschen Terrorjahres 1977 sollten als „Deutscher Herbst“ in die Geschichtsbücher eingehen.
43 Jahre ist das nun alles her, vergessen ist der RAF-Terrorismus von damals nicht, zumal in den Folgejahren weitere zum Teil tödliche Anschläge nachfolgender „Terroristen-Generationen“ folgen sollten. Erst 1998 verkündete die Rote Armee Fraktion, die sich im Jahr 1970 bildete, ihre Selbstauslösung.
Andreas Bader besuchte im Grabfeld das Gymnasium
Einige RAF-Mitglieder hinterließen im Grabfeld und im Haßgau ihre Spuren. So besuchte Andreas Baader, im Mai 1943 in München geboren und neben Ulrike Meinhof Namensgeber der Terror-Organisation „Baader-Meinhof-Bande“, wie die RAF anfangs bezeichnet wurde, in den 1950er Jahren in Bad Königshofen das Gymnasium und wohnte im Melanchthon-Heim, das heute als Unterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber dient. Bader soll ein intelligenter, aber frecher und aufsässiger Schüler gewesen sein. Nach der Grundschule hat er immer wieder die Schulen wechseln müssen. Auch in Bad Königshofen blieb es bei einem kurzen Gastspiel. Nach etwa einem Jahr verließ er das Gymnasium und kehrte später zurück zu seiner Mutter nach München. Dort endete seine Schullaufbahn: in der Oberstufe flog er von der Schule.

Auch bei einer weiteren Terroristin gibt es einen Bezug zu Bad Königshofen. Sieglinde Hofmann ist in Bad Königshofen aufgewachsen. Sie gehörte zu den führenden Köpfen der zweiten Generation der RAF. Maßgeblich beteiligt war sie unter anderem an der Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer im Herbst 1977. Hofmann besuchte in der Kurstadt die Schule und absolvierte eine Ausbildung zur Arzthelferin. „Sie war ein sehr intelligentes Mädchen“, erinnerte sich 30 Jahre nach dem Tod Hanns Martin Schleyers ihre ehemalige Chefin. Nachdem sie ihre Ausbildung zur Arzthelferin abgeschlossen hatte, schloss sie eine weitere an. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Fürsorgerin, die sie mit dem Staatsexamen beendete.
Die Mutter im Pflegeheim besucht
Später schloss sich Hofmann der RAF an und wurde Teil der zweiten Generation. Nach der Schleyer-Entführung tauchte Sieglinde Hofmann zunächst im Nahen Osten unter. 1979 beteiligte sie sich am Anschlag auf NATO-Oberbefehlshaber Alexander Haig. Ein Jahr später wurde sie in Paris verhaftet und zu 15 Jahren, 1995 noch einmal zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach Bad Königshofen kehrte sie Anfang der 1990er Jahre noch einmal zurück - als Gefangene. Sie wollte ihre Mutter besuchen, die in einem Bad Königshöfer Alten- und Pflegeheim im Sterben lag, wie sich Roland Schunk, 2018 verstorbener Heimleiter im Julius- und Elisabethaspital, erinnerte. Ursprünglich sei geplant gewesen, Sieglinde Hofmann mit dem Auto nach Bad Königshofen zu bringen. Doch das sei als zu gefährlich angesehen worden. So habe man sie mit dem Hubschrauber eingeflogen. „Im und um das Haus waren Beamte von GSG 9 und Polizei“, erzählte Schunk dem Main-Post-Reporter vor 13 Jahren. „ Auch die Straße war zum Teil abgesperrt.“ Nach dem Kurzbesuch bei ihrer Mutter musste Hofmann zurück ins Gefängnis. Erst Ende der 1990er Jahre wurde sie nach 19 Jahren Haft auf Bewährung entlassen.
Mit Material von Andreas Ritter