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Herschfeld
Ärger wegen Ruhestörung nach 765 Stunden Vorbereitung: Warum Sportvereine auf Feste angewiesen sind
Die Freiluftfeier "Feel the Summer" sorgte 2022 wegen lauter Musik für Ärger. Weshalb der SV Herschfeld ohne diese Veranstaltungen nicht überleben könnte.
Im vergangenen Jahr stieg die Premiere von 'Feel the Summer' auf dem Sportgelände des SV Herschfeld. Das Foto zeigt (von links): Vereinsvorsitzende Stephanie Philipp-Schirmer, Nico Mühling (Pecht) und Cristiano Santos (2. Vorsitzender).
Foto: Robin Hückmann | Im vergangenen Jahr stieg die Premiere von "Feel the Summer" auf dem Sportgelände des SV Herschfeld. Das Foto zeigt (von links): Vereinsvorsitzende Stephanie Philipp-Schirmer, Nico Mühling (Pecht) und Cristiano ...
Christian Hüther
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:10 Uhr

1250 Jahre – dieses Jubiläum feiert der Bad Neustädter Stadtteil Herschfeld in diesem Jahr. Im Veranstaltungskalender taucht unter anderem das Open-Air-Event "Feel the Summer" vom SV Herschfeld am 15. und 16. Juli 2023 auf dem Sportplatz auf.

Eine Musikveranstaltung für die jüngeren Semester, die im vergangenen Jahr ihre Premiere feierte, jedoch nicht bei allen auf Gegenliebe stieß. Sowohl im Verein, als auch im Stadtteil. Es hagelte gar Beschwerden aus der Bevölkerung wegen Ruhestörung.

Die Jugend fehlt in allen Abteilungen beim SV Herschfeld

Der SV Herschfeld ist ein vielseitiger Sportverein. Neben Fußball gibt es beispielsweise die Sparten Kegeln, Laufen, Tennis oder neuerdings Volleyball. Knapp über 730 Mitglieder hat der Verein derzeit. Aber so viele waren es nicht immer, es mangelte vor allem an den Jugendlichen.

"Sie fehlten in allen Abteilungen", sagt Vereinsvorsitzende Stephanie Philipp-Schirmer. Ein Problem, das es schon vor der Corona-Pandemie gab und welches sich danach verstärkte. "Die Jugend wieder zurückzuholen und für das Ehrenamt zu begeistern, war enorm schwer", gibt sie zu.

Gelingen sollte das unter anderem mit dem Gemeinschaftsprojekt "Feel the Summer". Das Ziel: Der Jugend zuhören, sie mitbestimmen lassen und ihnen gleichzeitig etwas bieten, das nicht altbacken daher kommt.

Warum "Feel the Summer" nicht überall beim SV Herschfeld auf Gegenliebe stieß

Einfacher gesagt als getan. Denn selbst vereinsintern war man sich nicht einig, ob man sich eine solche Großveranstaltung aufbürden sollte. Ein Argument der Gegner: Schlechte Erfahrungen vor über zehn Jahren, als ein Rock-Event später sogar ein Loch in die Kasse riss.

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Stephanie Philipp-Schirmer wollte es allen Widrigkeiten zum Trotz dennoch versuchen. Gemeinsam mit dem neuen 2. Vorsitzenden Cristiano Santos trieb sie die Planungen voran, es herrschte laut der Vorsitzenden plötzlich eine "Jetzt-erst-recht"-Aufbruchsstimmung im Verein. Die Jugend stand und steht hinter dem Event, wollte plötzlich Verantwortung im Ehrenamt übernehmen.

War das Herschfelder Event im ersten Jahr ein (finanzieller) Erfolg? 

Rund 765 Stunden Vorbereitung, rechnete Santos vor, steckte das Führungsduo in die Premiere von "Feel the Summer". Es waren auch deshalb so viele Stunden, weil die Erfahrungswerte für eine Veranstaltung dieser Größenordnung mit Hunderten von Gästen fehlten. Am Ende konnte Cristiano Santos, der sich um den Finanz- und Budgetplan kümmerte, ein kleines Plus für die Vereinskasse verkünden. Ein Erfolg nach der vielen Arbeit. 

Doch zum Erfolg kam der Ärger: Trotz Ankündigung und Genehmigung musste die Polizei in beiden Partynächten zum Herschfelder Sportplatz ausrücken. Ab einer gewissen Uhrzeit habe es vermehrt Beschwerden von Bürgern aufgrund von überlauter Musik gegeben. Das sagt Elke Kiesel von der Bad Neustädter Polizei auf Nachfrage der Redaktion.

Woher kamen die Beschwerden aufgrund der Feier in Herschfeld?

Die unerwartet vielen Beschwerden seien nicht nur von Anwohnern aus Herschfeld gekommen, sondern auch aus anderen Stadtteilen, einer angrenzenden Gemeinde und von Mitarbeitern des nahegelegenen Klinikareals.

Laut der Polizistin sei jeweils eine uniformierte Streife zum Sportgelände gefahren, um "die Einhaltung des vorgeschriebenen Lärmpegels zu erwirken". Sprich, die Lautstärke der Musikanlage wurde gedrosselt. In der Nacht von Samstag auf Sonntag seien zwei Anfahrten der Streife nötig gewesen, da nach der ersten Ermahnung der Lärmpegel nur kurzfristig zurückgenommen worden sei. 

Die Polizei Bad Neustadt, so Elke Kiesel, habe im Nachgang das Ordnungsamt der Stadt Bad Neustadt vom kompletten Verlauf der Veranstaltung unterrichtet. 

Neuen Ärger vermeiden: Der Verein will aktiv auf die Bevölkerung in Herschfeld zugehen

Mitte Juli 2023 soll die Veranstaltung wieder stattfinden. Dann wollen die Verantwortlichen nicht nur das "Lärmproblem" lösen und besser auf die Einhaltung achten, sondern auch vorab noch aktiver auf die Bevölkerung zugehen. Ein Flugblatt, adressiert an die Bürgerinnen und Bürger von Herschfeld, soll auf die Veranstaltung im Juli hinweisen – mit der Bitte um Verständnis.

"Wir erhoffen uns Ihre Akzeptanz, um eine solche Veranstaltung einmal im Jahr erfolgreich und zugunsten 100 Prozent des Vereins durchzuführen", heißt es in dem Flyer.

Mit diesem Flugblatt werben die Verantwortlichen des SV Herschfeld um Verständnis bei der Bevölkerung.
Foto: Christian Hüther | Mit diesem Flugblatt werben die Verantwortlichen des SV Herschfeld um Verständnis bei der Bevölkerung.

Stephanie Philipp-Schirmer und Cristiano Santos ist es wichtig, den Menschen klarzumachen, warum Veranstaltungen wie "Feel the Summer" so wichtig sind. "Es geht um die Zukunft des Vereins. Um den Sport, der immer an erster Stelle steht. Ohne Veranstaltungen wäre der Verein nicht tragbar", macht Santos deutlich, dass es nicht um den reinen Partyspaß geht. 

Warum Mitgliedsbeiträge alleine für den SV Herschfeld nicht ausreichen

Die Mitgliedsbeiträge – ein Erwachsener zahlt zum Beispiel jährlich 65 Euro plus Aktivenbeitrag – würden bei weitem nicht ausreichen und gerade einmal die Kosten decken, die die Sportverbände vom Verein verlangen. Eine Kegelbahn und das gesamte Sportgelände in Schuss zu halten oder das monatliche Darlehen abzubezahlen wäre ohne zusätzliche Einnahmen nicht möglich.

Hinzu kämen die gestiegenen Energiekosten.  "Wir versuchen bereits zu sparen", erklären die Vorsitzenden, die sich auch Hilfe von einem Energieberater geholt haben. Im Winter schloss man beispielsweise den Kühlraum, um Strom zu sparen. 

An den Ortseingängen von Herschfeld wird derzeit auf die 'Feel the Summer'-Feier des SV Herschfeld im Rahmen von 1250 Jahre Herschfeld hingewiesen. 
Foto: Christian Hüther | An den Ortseingängen von Herschfeld wird derzeit auf die "Feel the Summer"-Feier des SV Herschfeld im Rahmen von 1250 Jahre Herschfeld hingewiesen. 

"Dennoch verschwenden wir zu viel. Aber nicht, weil wir das wollen, sondern weil wir nicht anders können", sagt Cristiano Santos. So brauche es lange, bis das Wasser in den Duschen heiß wird. Der SV Herschfeld habe aber momentan nicht das Geld, 50.000 Euro für eine Renovierung auszugeben.

Stephanie Philipp-Schirmer vom SV Herschfeld: "Wir müssen uns jeden Cent hart erarbeiten."

"Wir müssen uns jeden Cent hart erarbeiten", ergänzt Stephanie Philipp-Schirmer. Auch bei Förderangeboten müsste der Verein teils lange in Vorleistung gehen, bis das Geld auf dem Vereinskonto landet.

Schneller geht das mit verkauften Eintrittskarten und Getränken bei einer Veranstaltung wie "Feel the Summer". In diesem Jahr, so die Hoffnung von Stephanie Philipp-Schirmer und Cristiano Santos, ausgelassen, ohne Ärger und mit einem am Ende vielleicht noch größeren Plus in der Kasse. 

 
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  • O. S.
    Es gab in Herschfeld schon immer bei Veranstaltung Menschen die sich gestört gefühlt haben. Früher war der SVH mitten im Dorf und trotzdem war es möglich. Heute ist er am Dorfrand und es wird sich noch mehr beschwert. Auf der anderen Seite wir sich beschwert wenn nichts gemacht wird. Man wird es niemanden Recht machen können. In anderen Gemeinden geht es aber und dort gibt es größer Veranstaltungen. Dieses Jahr wird ja der Lärm gemessen und zwar bei den die die Polizei rufen. Die Messungen werden nach der Lärmschutzverordnung vorgenommen. Ich bin wirklich gespannt was da rauskommt.
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  • W. W.
    Ich verstehe das Problem nicht wirklich. Wenn eine solche Veranstaltung angemeldet ist, gibt es doch eine Art Genehmigung, wie lange und wie laut die Musik laufen darf. 2 Uhr oder so. Wenn man sich an diese Vorgaben hält, kann auch die Polizei nichts machen, wenn Anwohner anrufen. Wenn aber der Veranstalter wie erwähnt die Musik selbst lauter dreht und gegen die Auflagen verstößt, braucht er sich nicht wundern…
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  • K. E.
    Die Genehmigung wird immer mit Einschränkungen bezüglich der Lärmschutzverordnung (die im Bundes-Immisionssgesetz verankert ist) erteilt. Und diese ist zu beachten. Bis Mitternacht dürfen 70 Dezibel erreicht werden , nach Mitternacht 55. Dies auch nur wenn die Veranstaltung dem Gemeinwohl gilt oder nur einmal im Jahr statt findet. (Hier ist ein Tag gemeint). Die angegebenen Werte sind eigentlich verdammt niedrig wenn man von einer Musikanlage ausgeht. Ich halte es für viel viel wichtiger ein Miteinander mit den Nachbarn zu finden. Diese vielleicht mal auf ein Bier und ne Bratwurst beim Fußball einladen damit diese sehen für was die Gewinne denn verwendet werden. Meistens klappt das und jeder hat Verständnis. Mit gegenseitigen Vorwürfen heizt man die Stimmung nur an und Eskalation droht. Das muss nicht sein.
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    Ich habe Verständnis für die Anwohner. Mag sein, dass es Orte gibt, wo man nur einmal im Jahr beschallt wird, bei uns ist das mehrmals. Und jedes Mal geht mir ein Wochenende verloren, eines von nur 52 im Jahr.
    Ich verstehe, dass 22 Uhr etwas früh ist, aber um Mitternacht kann Schluss sein. Zumal es nach Musik- und Ausschankende ja oft auch noch stundenlang Lärm gibt von grölenden, besoffenen „Heimgänger*innen“, die im besten Fall einfach vorbeitorkeln, im schlechtesten Fall den Anwohnern noch an die Häuser kotzen und pissen. Alles schon mehrfach erlebt. Der Spruch „Leben und leben lassen“ gilt halt nicht nur in eine Richtung.
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  • K. E.
    Interessant das solche Feste zum Überleben gebraucht werden, ohne vorher zu wissen ob nicht sogar ein minus entsteht. Da beißt sich die Katze in den eigenen Schwanz. Außerdem muss man , denke ich, auch die Lage zum nahen Klinikum bedenken von deren Seite auch Beschwerden kamen. Und das man mit diesen Festen Ehrenamtler gefunden werden wage ich zu bezweifeln. Es gelingt vielleicht jemanden zur Hilfe beim Fest selbst zu gewinnen (und da auch nur bei den beliebten Positionen wie Bar und Ausschank, Griller findet man schlecht), dass man dadurch aber jemanden findet der Verantwortung in der Vereinsführung übernimmt halte ich für weit hergeholt. Dennoch will ich diese Feste nicht verteufeln. Mit der notwendigen Rücksicht aufeinander sollte dies möglich sein und für die Feierwütigen genauso viel Spaß machen wie auch für die Anwohner Ruhestörung ausbleiben kann. Zudem sollte man ehrlich bleiben und einfach sagen das man eben ein Fest veranstalten möchte.
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  • J. Z.
    Die Leute werden immer schlimmer! Jeder klagt über Vereins -oder Wirtschaftssterben. Wird dann was unternommen, um etwas Geld in die Vereinskassen zu bekommen, beschwert sich jeder wenns mal zu laut ist. Die die sich beschweren wissen wahrscheinlich gar nicht, welche Stein von den Ämtern in den Weg gelegt werden um so eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen!
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  • R. A.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln (unbelegte Behauptungen) auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • M. D.
    Was ich nie verstehen werde... da macht ein Verein ein Fest um überleben zu können und es sind 3 Tage wo es laut wird... 362 Tage im Jahr ist Ruhe... wo ist das Problem?? Aber es gibt ja genug Nörgler. Als ich noch Musik spielte und wir um 22.03 Uhr noch das letzte Lied spielten stand 10 Minuten später die Polizei vor uns weil sich irgendeiner beschwert hatte... armes Deutschland... im Ausland geht da die Post ab und keiner meckert
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  • G. G.
    Bei solchen Feiern steigt der Lärmpegel analog zum Alkoholpegel. Wenn ein paar Leute am Reglerpult nüchtern bleiben und Verantwortung übernehmen, dann läuft das Fest ohne Besuch von der Polizei durch. Ich sehe auch die Argumentation der Herrschfelder problematisch, dass sie finanziell auf das Fest angewiesen sind, es aber zulassen, dass mit zunehmender Stunde die Lautstärke aufgedreht wird. Liebe Herrschfelder, übernehmt Verantwortung und ein bisschen Rücksicht auf die Anwohner, dann ist beiden Seiten geholfen.
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