Ein tödlicher Radunfall in Gemünden, ein Mountainbiker im Flowtrail am Kreuzberg schwer verletzt, drastische Zunahme der Unfallzahlen mit dem Rad vor zwei Jahren im Landkreis Bad Kissingen: Das eigentlich gesundheitsfördernde Radeln birgt auch Gefahren. Andi Rohe, 54-jähriger Fahrtechnik-Trainer und Mountainbike-Guide aus der Rhön, gibt Tipps für sicheres Fahren, die für alle Räder und Touren gelten.
1. Ganz wichtig: Umsichtig und vorausschauend fahren
"Grundsätzlich sind Radfahrende die schwächeren Verkehrsteilnehmer. Deshalb müssen sie auf Straßen, Radwegen oder im Gelände umsichtig und vorausschauend fahren", so der lizensierte Fahrtechnik-Trainer Andi Rohe. Er hat die Erfahrung gemacht, dass Autofahrer in ländlichen Regionen mehr Abstand halten als in Städten. "Nichtsdestotrotz müssen wir mit dem Rad auch auf Landstraßen immer den Verkehr im Auge behalten. Das gilt besonders für Rennradlerinnen und -radler sowie für die Fahrt mit dem Trekkingbike."
2. Nicht nur im Frühjahr: Das Rad vor jeder Tour checken
Eine Unfallursache sind schlecht gewartete Fahrräder. "Bremsen, Reifen, Felgen, Speichen und der Steuersatz am Lenker sollten nicht nur im Frühjahr intensiv geprüft werden, besser vor jeder Fahrt", sagt Rohe. Seine Schnell-Checkup-Tipps: Zur Speichen-Prüfung Vorder- und Hinterrad anheben und drehen. Mit einem Kuli an den Speichen sollte der Ton gleich klingen. Ist ein Unterschied zu hören – ab in die Werkstatt. Bei den Bremsen: Hebel ziehen und das Rad nach vorne schieben. Blockieren die Räder ist alles gut, laufen sie durch – Beläge wechseln.
Haben die Radachsen "Spiel", kann man das mit Schnellspanner oder Inbus einfach regulieren. Beim Steuersatz am Lenker ist das nicht so einfach. Legt man den Zeigefinger um den Steuersatz, zieht die Bremse und bemerkt beim Bewegen ein Ruckeln, muss der Steuersatz nachjustiert werden. Zudem sollten die Gänge einmal durchgeschaltet sowie Sattel und die Lenkergriffe auf festen Sitz geprüft werden. "Wichtig ist, dass die Lenker ordentlich festgezogen sind, wenn sie beim Transport im Auto oder auf Radträgern eingeklappt waren", so Rohe.
3. Eine gute Ausrüstung schützt und gibt Sicherheit
Sowohl für Rennrad, Trekking oder Mountainbike (MTB) gilt gleichermaßen: Helm auf bei jeder Fahrt! Rohe empfiehlt zudem Brille gegen Steinchen und Mücken und Langfinger-Handschuhe. "Bei einem Sturz zieht man die Hände reflexartig nach vorne. Mit langen Handschuhen sind Finger und Handballen besser geschützt."
Für MTB-Trails sind Knie- und Ellenbogen-Schützer unerlässlich. Für alle Radelnden gilt: Leuchtende Farben bei Trikot oder Helm erwirken mehr Aufmerksamkeit bei anderen Verkehrsteilnehmern als dunkle Teile.
4. Selbsteinschätzung: Wie fit bin ich? Wie sicher fahre ich?
Wenn Gelegenheits-Biker auf Tour gehen, geht das oft an die Substanz. "Körperliche und geistige Fitness kann man auf dem Rad gut trainieren", weiß der Rhöner Guide. Wer einmal im Monat aufs Rad steigt, gilt für ihn als unerfahren.
"Für das Training braucht es aber einige Kilometer auf einfacher Strecke oder einen Fahrsicherheitskurs", so Rohe. Die gebe es bei verschiedenen Anbietern von der Volkshochschule bis zur Polizei.
Vom Sturz-Training in seiner MTB-Schule "Rhöntrail" ist er abgekommen. "Wir setzen eher mit Schutzkleidung auf Prävention. Bei einem Sturz gilt generell: 'Sich schnell vom Rad lösen'". Wichtig ist ihm, dass sich jeder oder jede in Sachen Kondition und Koordination klar selbst einschätzen kann.
5. Beim E-Bike ein Gespür fürs Bremsen und den Akku entwickeln
Wer denkt, dass die Kondition beim E-Bike keine gewichtige Rolle spielt, liegt falsch. Auch beim motorunterstützten Radeln muss Kraft und Beweglichkeit vorhanden sein. "Das E-Bike ist schwerer, es reagiert in Kurven anders als normale Räder. Auch das dosierte Bremsen muss man erfahren haben, wenn man sicher unterwegs sein will." Auch hier gilt: Am besten einen Kurs belegen. Danach hat man ein sicheres Gespür für Bremsen und Akku-Ladung auf unterschiedlichem Terrain.
6. Was zu einer guten Tour-Planung gehört
Wer aufs Rad steigt, ob für eine kurze Ausfahrt oder für eine längere Tour, sollte immer das Wetter im Blick haben. Aber nicht nur das. Bei Fahrten durch Wald und Wiesen müssen die speziellen Gefahren, die dort lauern, genau bedacht werden: Äste, Steine, die urplötzlich als Hindernisse herumliegen. Sein Tipp: Geschwindigkeit an Straße oder Gelände anpassen, so dass man jederzeit gefahrfrei bremsen kann. Und: Immer genügend Wasser und Früchteriegel dabei haben.
7. Was braucht man dringend im Reparatur-Set
Pannen passieren. Rohe rät, immer ein Multi-Werkzeug, einen passenden Schlauch, eine Luftpumpe und ein Erste-Hilfe-Set dabei zu haben. "Aber nicht am Lenker oder sonst am Rad befestigen. Das gehört alles in den Rucksack", gibt er vor. Wenn er mit Gruppen auf längeren Touren unterwegs ist, dann packt er noch Kettenschlösser, Ersatz-Schaltauge, -Speichen und -Bremsbeläge in seinen Rucksack.
8. Was rät der Rhöner Tourenguide noch?
Wenn man mit dem Rad ausfährt, sollte man immer zu zweit sein. "Für das MTB mit seinen speziellen Gefahren in unwegsamem Gelände gilt das grundsätzlich. Wer mit dem Rennrad alleine fährt, sollte einen Sturzsensor an seiner Uhr haben, um schnell Hilfe zu holen." Überdies sollte man in seinem Handy Notfallnummern von Hilfsdiensten oder Angehörigen gespeichert haben. Und: Auch nach den größten Anstrengungen sollte genügend Aufmerksamkeit für eine sichere Heimfahrt vorhanden sein. "Die Statistik unserer Schule sagt, dass Unfälle nicht unbedingt auf Abfahrten oder in Trails passieren, sondern auf Radwegen, wenn man nebeneinander herfährt und nicht mehr richtig aufpasst."