
Siegfried Stürzel, Vorsitzender des Angelportvereins Aubstadt, ist sichtlich verärgert. Immerhin hat das Einleiten von 150.000 Litern Abwasser aus einer Biogasanlage im thüringischen Simmershausen hunderten von Fischen das Leben gekostet. Gerettete konnten zwar wieder eingesetzt werden, aber weitere Fische in die Milz zu setzen sei momentan nicht möglich. Der Grund ist die fehlende Nahrung, durch Kleinlebewesen und Mikroorganismen. "Es wird wohl einige Jahre dauern, bis sich die Milz von dieser Schädigung erholt hat", sagt Stürzel. "Trotzdem sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen."
Ganz anders auf thüringischer Seite. "Dort ist der Fluss auf einer Länge von acht Kilometern tot, es gibt keine Lebewesen mehr", erfährt man von Patrick Supp. Er ist der Vorsitzende im Angelverein Milz in Thüringen. Tote Aale, armdick von bis zu 90 Zentimeter Länge wurden ebenso gefunden wie zahlreiche Bachforellen, Barsche oder auch Karpfen. Hinzu kommen kleineren Fischarten, die den größeren Fischen als Futter dienen, aber auch Flusskrebse, Muscheln, Larven und weitere kleinere Wassertiere.

Wie viel Kilogramm an toten Fischen das sind, kann zurzeit nicht beziffert werden. Zwischen drei und fünf Jahre wird es dauern, bis sich die Milz erholt hat und wieder Leben einkehrt. Bis dahin können auch keine Fische eingesetzt werden. Ein Verlust für die Angelvereine entlang der thüringischen Milz, der sich zwischen 15.000 und 20.000 Euro einpendeln dürfte.
Ermittlungen der Kripo Suhl und der Unteren Wasserbehörde
"Wenn wir es genau wissen wollten, müsste ein Gutachten erstellt werden, das aber kostet an die 6000 Euro." Geld, dass die Vereine nicht aufbringen können. Wichtig sei die Beweissicherung gewesen. Patrick Supp erklärt, dass man am Jahresende mit Neubesatz und Ertrag immer Null für Null herausgekommen ist. Bei einer kürzlichen Begehung konnte man feststellen, dass einige Fische in einem Seitenarm überlebten haben und jetzt nach und nach wieder in die Milz wechseln. Allerdings sei teils noch die Gülle festzustellen, die die Tiere gefährdet.
Mittlerweile gab es auch schon Kontakte zum Betreiber der Biogasanlage. Auf jeden Fall sei es grob-fahrlässig gewesen, was da geschehen ist. Die weiteren Ermittlungen haben nun die Kripo Suhl und die Untere Wasserbehörde übernommen, sagt Ordnungsamtsleiter Stefan Laube von der Stadt Römhild.
Bei den Angelsportvereinen entlang der Milz hat Siegfried Stürzel vom Angelsportverein Aubstadt Buch geführt und aufgelistet, welche toten Fische er und seine Anglerkollegen zwischen Irmelshausen und Waltershausen bisher herausgefischt haben. Dazu hatte Stürzel im Bereich der Milz kleinere Sperren mit Ästen und Reisig errichtet. Dort verfingen sich dann die kleinere, toten Fische. Dabei geht er davon aus, dass weitere Tiere noch auf dem Grund liegen und irgendwann nach oben geschwemmt werden.
Angelsportvereine entlang der Milz betroffen
Auf der sechs Kilometer langen Strecke von Waltershausen bis zum ehemaligen Milz-Wehr bei Irmelshausen wurden Bachforellen, Zander, Esche, Rotfeder, Schleien und Ahle getötet. Gefunden wurden tote Bachmuscheln, Krebse und Schnecken. Ebenso kleinere Fischarten wie Elritze, Gründling, Nasen, Rotaugen und Döbel. Betroffen sind die verschiedenen Angelsportvereine entlang der Milz von der Landesgrenze Thüringen bis Aubstadt, Waltershausen und Saal an der Saale.

Birgit Imhof, Leiterin am Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen sagt, dass die biologischen Untersuchungen ergaben, dass vor allem auch die Kleinstlebewesen und Mikroorganismen betroffen sind. Auch sie sagt, dass es wohl einige Jahre dauern werde, bis das Wasser der Milz wieder für den Fischbesatz nutzbar ist. Für Bernd Reininger (Hohenroth), Vorsitzender der Hegefischereigenossenschaft Obere Saale und Milz, ist es vor allem unverantwortlich, dass von Thüringer Seite keine Information über die Gewässerverunreinigung rechtzeitig an die Hegefischereigenossenschaften und Anglervereine gegangen ist. Dann hätte man reagieren können. Unverständlich ist es ihm auch, dass an der Biogasanlage wohl keine der eigentlich vorgegebene Sicherheitsmaßnahmen vorhanden seien. "Solche Biogasanlagen haben einen hohen Risikostandard."
Bernd Reininger spricht von einem nachhaltigen Schaden, der aktuell noch immer nicht zu beziffern ist. "Es geht ja nicht nur um die Fische, sondern auch die Kleinstlebewesen und Mikroorganismen im Wasser." Sie bilden die Nahrung für die Fische. Wenn alle Daten vorliegen und der Schaden feststeht, werden über den Rechtsschutz Schadensforderungen an den Betreiber der Anlage gestellt. Reininger erinnert sich in diesem Zusammenhang an DDR-Zeiten, als es derartige Vorkommnisse in der Milz oftmals ein bis zweimal im Jahr gab. "Damals stand dafür ein innerdeutscher Ausgleichsfond zur Verfügung." Den gibt es nun nicht mehr.
Dieser Artikel wurde aktualisiert. Ursprünglich war von 150.000 Kubikmetern Gülle, die in die Milz geflossen sind, die Rede. Es handelt sich dabei jedoch um Liter. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.