Der Mann, der in Bobstadt (Main-Tauber-Kreis) am Mittwochmorgen mutmaßlich auf Polizisten geschossen hat, gehört möglicherweise der rechtsextremen Reichsbürger-Szene an. Hinweise aus der Bevölkerung würden diesen Verdacht nahelegen, sagte der Heilbronner Polizeipräsident Hans Becker nach dem Einsatz zu den Hintergründen.
Gesucht wurde eine Schusswaffe
Dem Facebook-Profil des Verdächtigen lasse sich jedenfalls entnehmen, dass er das politische System in Deutschland mit demokratischen Parteien ablehne, sagte ein Polizeisprecher. Am Mittwochmorgen sollte bei dem 55-Jährigen in seinem Haus im Boxberger Stadtteil Bobstadt eine Schusswaffe beschlagnahmt werden, für deren Besitz er die Erlaubnis verloren hatte.
Doch dazu sei es nicht gekommen, sagte Polizeipräsident Becker: "Die Einsatzkräfte wurden plötzlich beschossen." Ein Polizist erlitt eine Schussverletzung am Bein, sei aber nicht lebensgefährlich verletzt worden, hieß es von Polizeiseite.
Notruf aus dem brennenden Haus und Verhandlung mit Einsatzkräften
Das Anwesen war wenig später in Brand geraten. Laut Polizei hatte sich der Mann per Notruf aus dem Gebäude gemeldet, woraufhin die Einsatzkräfte mit ihm verhandelten. Schließlich habe der Bewohner mit einer weiteren Person das Gebäude verlassen. Alle sieben Menschen, die auf dem Gelände am Ortsrand leben, seien festgenommen worden, teilte die Polizei am Mittwochnachmittag mit.
Das Haus wurde von Entschärfern gesichert. Es bestand der Verdacht, dass dort Munition oder Ähnliches gelagert wird. Reporter vor Ort berichteten noch Stunden später von vereinzelten Explosionen. Später brach erneut ein Feuer aus.
Der Ortsvorsteher von Bobstadt, Alwin Deissler, sagte gegenüber dem SWR, dass sich die Familie mit zwei Kindern immer mehr zurückgezogen habe, wohl weil sie große Hunde hält. In Zusammenhang mit Waffen sei ihm aber nie etwas bekannt gewesen.
Polizeigewerkschaft warnt vor "zunehmender Gefahr für den Rechtsstaat"
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sieht in den sogenannten Reichsbürgern eine "zunehmende Gefahr für den Rechtsstaat und die Innere Sicherheit", teilte sie in einer Pressemeldung am Mittwochnachmittag mit. In ihrer Einschätzung nannte die Gewerkschaft auch unmittelbar den Großeinsatz in Boxberg-Bobstadt, wohin man aktuell mit "großer Sorge" blicke.
"Wenn - wie offensichtlich hier - Täter auf die Polizei schießen, ist das die schreckliche Realität und zeigt, mit welcher Brutalität und Skrupellosigkeit die Täter vorgehen" sagte Ralf Kusterer, DPolG Landesvorsitzender in Baden-Württemberg. "Das zeigt auch, dass Reichsbürger vor nichts zurückschrecken."