Ein wegen Betrugs an der eigenen Kirche angeklagter katholischer Priester hat vor Gericht sein schwieriges Verhältnis zu Geld geschildert. "Ich kann nicht mit Geld umgehen", sagte der ehemalige Pfarrer aus Lahr am Dienstag vor dem Landgericht Mannheim. Trotz eines Bruttoeinkommens von 8000 Euro bis 15 000 Euro im Monat aus seinem Gehalt als Geistlicher und Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Unternehmensberater sei ihm das Geld durch die Finger geflossen. Diese Beratertätigkeit sei ihm jedoch zwischenzeitlich von einem kirchlichen Vorgesetzten in Tauberbischofsheim untersagt worden.
Er sei auch nach mehr als zehn Jahren aus dem Jesuitenorden ausgetreten, da dessen Gelübde, in Armut zu leben, nicht zu ihm passe. Ein Taschengeld von 120 Euro monatlich sei für ihn irgendwann nicht mehr akzeptabel gewesen.
Der 54-Jährige muss sich nicht nur wegen des Betrugsvorwurfs, sondern auch wegen des Verdachtes der Untreue und Urkundenfälschung in zahlreichen Fällen vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer verantworten (Az.: 17 KLs 618 Js 37542/17).
Betrug und Untreue in 89 Fällen
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Betrug und Untreue in 89 Fällen zu Lasten des Caritasverbandes Lahr vor. Schadenssumme: 195 000 Euro. Der Angeklagte leitete den als Kontrollgremium gedachten Rat des Verbandes. Trotz dieser ehrenamtlichen Position habe er in die sonst von einem - damals aber nicht existierenden - Geschäftsführer verantwortete Personalentwicklung ohne Auftrag eingegriffen. Rechnungen stellte er für seine eigene Tätigkeit über eine estnische Firma aus, an der er und ein Freund je die Hälfte besaßen. Die Rechnungen versah er - ohne Befugnis - mit Handzeichen für sachliche Richtigkeit. Der Freundschaftspreis für den Verband belief sich auf 1200 Euro pro Arbeitstag.
Aus Sicht des Gerichts war das Konstrukt eine ungute Lösung. Der Vorsitzende Richter Oliver Ratzel sagte: "Da liegt ein Interessenkonflikt auf der Hand." Der Kleriker gab zu: "Das stimmt." Aber die Leitungskräfte im Caritasverband hätten das stillschweigend geduldet - eine Darstellung, die das Gericht bezweifelte. Die dazu vernommenen Zeugen hätten keine Ahnung davon gehabt, sagte Richter Ratzel.
Auch Pfarramt und Ursulinenkonvent unter Geschädigten
Neben dem Caritasverband sind laut Anklage das Pfarramt Lahr und das Ursulinenkonvent in Mannheim weitere Geschädigte. Der Kirchenmann hatte 2004 das Pfarreramt in Lahr mit zuletzt neun Pfarrgemeinden übernommen. Er habe das nur unter der Bedingung gemacht, dass er weiter als Unternehmensberater tätig sein könne. Der damalige Personalreferent der Erzdiözese Freiburg und spätere Erzbischof Robert Zollitsch habe ihm das zugestanden. Eine schriftliche, vor Gericht vorgelesene Einlassung von Zollitsch stellte aber klar, dass er dem Theologen nur erlaubt habe, bestehende Projekte weiterzuführen und abzuschließen.
Oberstaatsanwalt Uwe Siegrist rief den Angeklagten auf, zu Unrecht erworbene Mittel von mehr als 210 000 Euro zurückzugeben. Der Gesamtschaden beläuft sich laut Anklage auf 228 000 Euro. Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft.
Der auch zeitweise als Religionslehrer tätige Mann konnte kaum angeben, wofür er die unter Vorspiegelungen und falschen Angaben erhaltenen Summen ausgegeben habe. "Ich habe nicht drauf geachtet." Richter Ratzel hielt ihm eine Aufstellung von Ausgaben in Höhe von mehr als einer Million Euro in den Jahren 2013 bis 2017 vor - darunter Kosten für Reisen, Computer und Auto, aber keine Investitionen oder Rücklagen.
Pfarrer sei "gut katholisch"
Überdies schilderte der Angeklagte, wie er Bekannte in Geldnöten unterstützt habe. Fast ungläubig über das eigene Verhalten sagte er: "Trotzdem habe ich mein Konto überzogen." Auch derzeit sei er in den Miesen. So stünden Rückforderungen des Finanzamtes in Höhe von 70 000 Euro aus. Sich selbst bescheinigte er aber, "gut katholisch" zu sein.