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Lauda-Königshofen
Nach Woche voller Ärger: Überraschende Einigung im Zirkus-Streit zwischen Circus Henry und der Stadt Lauda-Königshofen
Eine Woche voller Ärger liegt hinter der Stadt Lauda-Königshofen und Circus Henry. Wie beide Seiten trotz gegenseitiger Vorwürfe einig wurden – und was das für die Vorführungen bedeutet.
Atmet auf: Robin Frank vom Circus Henry, hier mit seinen Tieren in Königshofen. Nach einer Einigung mit der Stadt können die Aufführungen des Zirkus wie geplant stattfinden.
Foto: Silvia Gralla | Atmet auf: Robin Frank vom Circus Henry, hier mit seinen Tieren in Königshofen. Nach einer Einigung mit der Stadt können die Aufführungen des Zirkus wie geplant stattfinden.
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 08.05.2023 02:31 Uhr

Ein strittiger Pachtvertrag, gegenseitige Vorwürfe, das Einschalten des Verwaltungsgerichts: Zwischen der Stadt Lauda-Königshofen und dem traditionsreichen Circus Henry lag in den vergangenen Tagen einiges im Argen. Die Stadt hatte dem Zirkus vorgeworfen, sich unerlaubt auf einer Fläche neben der Tauber-Franken-Halle niedergelassen zu haben. Circus Henry wiederum sah sich im Recht und schaltete das Stuttgarter Verwaltungsgericht ein, das über den Fall entscheiden sollte. 

Bei Circus Henry, 1812 in Breslau von Familie Frank gegründet, zieht man für die Auftritte durch ganz Deutschland. Zuletzt war das knapp 20-köpfige Team mit seinen zirka 50 Tieren, darunter Pferde, Kamele, Dromedare und Alpakas, in Bad Mergentheim. Am Freitag, 21. April, ging es nach Lauda-Königshofen weiter, wo der Zirkus ab Freitag, 28. April, für zehn Tage gastieren wollte.

Einigung nach langem Hin- und Her: Circus Henry darf für die Dauer seines Gastspiels auf der Fläche neben der Tauber-Franken-Halle in Lauda Königshofen bleiben.
Foto: Silvia Gralla | Einigung nach langem Hin- und Her: Circus Henry darf für die Dauer seines Gastspiels auf der Fläche neben der Tauber-Franken-Halle in Lauda Königshofen bleiben.

Sein Lager hat der Zirkus neben der Tauber-Franken-Halle aufgeschlagen, einen Pachtvertrag darüber hatte Familie Frank nach eigenen Angaben mit einer Landwirtin aus Lauda geschlossen, die die betreffende Fläche angeboten hatte. "Als wir Anfang des Jahres bei der Stadt Lauda-Königshofen angerufen haben, um nach einem Platz für unseren Zirkus zu fragen, hieß es, es gäbe keine Fläche für einen Zirkus", erklärte Robin Frank vom Circus Henry auf Nachfrage dieser Redaktion. Es käme immer wieder vor, dass man als Zirkus auch mit Privatleuten Verträge über Liegeplätze abschließe, so dass man das Angebot der Landwirtin gern angenommen habe.

Doch bei der Ankunft des Zirkus kam es zu Problemen: Als Zirkusmitglieder für eine Plakatierungsgenehmigung das Ordnungsamt der Stadt aufsuchten, wurde ihnen mitgeteilt, dass der Zirkus nicht auf der geplanten Fläche stehen könne. Hintergründe hierzu nannte Bürgermeister Lukas Braun: Bei der Fläche gehe es um "ein Wiesengrundstück, das überwiegend in städtischem, zum Teil aber auch (einige wenige Flurstücke) im Eigentum von Privatpersonen ist". Damit handle es sich "nicht um eine öffentlich gewidmete Veranstaltungsfläche mit einer entsprechenden Nutzungssatzung, sondern um eine Privatfläche." Die Landwirtin sei nicht dazu berechtigt gewesen, die Fläche zu verpachten, so Braun: "Der Vater der Landwirtin hat lediglich einen Pflegevertrag mit der Stadt abgeschlossen, der ihm gestattet, dort Grünlandpflege zu betreiben und das Mähgut abzufahren."

Bürgermeister Braun: "Der Zirkus hat die Fläche einfach besetzt"

Der Bürgermeister zeigte sich verärgert, dass man bei der Stadt erst kurz vor der Ankunft des Zirkus von den Plänen eines Gastspiels in Königshofen erfahren habe. Nachdem man Circus Henry mitgeteilt habe, dass die Nutzung der Fläche für den Zirkusbetrieb nicht zulässig sei, sei Braun am Sonntagmittag informiert worden, dass der Zirkus "die Fläche einfach besetzt hat".

"Als ich dort ankam, liefen Kamele frei und nah an der B290 herum, und es wurden Metallanker für das Zirkuszelt maschinell an Stellen im Boden versenkt, wo Wasserleitungen verlaufen", so Braun. Zudem seien öffentliche Wege zugeparkt worden, darunter der Gemeindeverbindungsweg in Richtung Marbach.

Robin Frank: Schwierige Kommunikation erschwert Lösungsfindung

Gemeinsam mit dem Fachbereichsleiter für öffentliche Ordnung und der Polizei habe er selbst am Sonntag noch während der Aufbauarbeiten auf die Missstände und Beschädigungsrisiken hingewiesen. Die Angehörigen des Zirkus hätten daraufhin ihre Arbeit kurz unterbrochen, dann aber mitgeteilt, "dass die Zirkusleitung erst am Dienstag zu erwarten sei und man bis dahin deren Anweisung befolge, weiter aufzubauen", so Braun.

Um zu erwirken, dass die Stadt Lauda-Königshofen dem Zirkus die Fläche zur Verfügung stellt, habe der Circus Henry beim Verwaltungsgericht Stuttgart einen Antrag nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung eingereicht, berichtete Braun. Robin Frank bestätigte dies und beschrieb die Kommunikation mit der Stadt als schwierig. Ein Vertreter des Ordnungsamtes hätte seinen Informationen nach am Sonntag beim Besuch auf dem Platz gefragt, ob der Zirkus auch auf eine Ausweichfläche umziehen würde. Es sei versprochen worden, dies abzuklären, so Frank, doch danach habe man nichts mehr vom Ordnungsamt gehört. Auch mehrere Versuche, mit dem Bürgermeister in Kontakt zu treten, sowohl von Seiten der Familie Frank, als auch von Unterstützern des Zirkus, seien erfolglos verlaufen.

Stadt gewährt Zirkus zunächst keinen Zugang zu Wasser

Neben der Frage, ob der Zirkus auf der strittigen Fläche bleiben darf, stand noch ein anderes Thema im Raum: Wie Robin Frank berichtete, wurde dem Zirkus von der Stadt der Zugang zu Wasser verwehrt. Dies sei damit begründet worden, dass "wir illegal auf dem Platz sind", so Frank. Man habe daher mit großen Behältern zu den Landwirten in der Umgebung fahren müssen, um diesen Wasser für die Versorgung der Tiere abzukaufen. Normalerweise zahle man den Städten oder Gemeinden, in der man auftrete, für die Wassernutzung, indem man eine Kaution hinterlege, von der dann die Kosten für den tatsächlichen Wasserverbrauch abgezogen würden.

Bürgermeister Braun führte verschiedene Gründe für das Handeln der Stadt an: Zum einen handle es sich bei den Hydranten auf besagter Fläche um Brauchwasserhydranten. "Um hier Trinkwasserqualität gewährleisten zu können, braucht es spezielle Aufsätze und regelmäßige Beprobungen der Wasserqualität, um Keimfreiheit nachzuweisen. Dafür sind normalerweise mehrere Tage Vorlauf erforderlich", so Braun.

Circus Henry zieht Eilantrag zurück

Zum anderen sei nicht einzusehen, warum die Stadt Lauda-Königshofen Personen, die die Fläche widerrechtlich besetzten, Wasser- und Stromanschlüsse bereitstellen solle – zumal Robin Frank gegenüber der Stadtverwaltung betont habe, dass der Zirkus für Strom und Wasser dank mitgeführter Generatoren und Wassertanks selbst sorgen könne. "Es steht dem Zirkus frei, anderweitig Trinkwasser zu beschaffen", so Braun.

Beim Circus Henry hatte man sich in der Zwischenzeit darauf verständigt, den Eilantrag beim Verwaltungsgericht zurückzuziehen: Zu groß war die Angst vor einer Ablehnung und den damit verbundenen finanziellen Folgen für den Zirkus. Zudem wolle man sich "im Guten einigen und Ärger vermeiden", so Frank: "Ich will gastieren, auch, weil ich darauf angewiesen bin, um die Kosten für Platzmiete, Werbung, Futter, Benzin und unseren Lebensunterhalt zu bezahlen."

Circus Henry wurde 1812 in Breslau von Familie Frank gegründet und besteht mittlerweile in der achten Generation. Aktuell treten drei Generationen der Artisten-Familie in den Shows auf.
Foto: Michael von Aichberger | Circus Henry wurde 1812 in Breslau von Familie Frank gegründet und besteht mittlerweile in der achten Generation. Aktuell treten drei Generationen der Artisten-Familie in den Shows auf.

Am Freitag kam es schließlich zum Gespräch zwischen Zirkus und Bürgermeister. Eine Pressemitteilung der Stadt gibt das Ergebnis wieder: In einer gemeinsamen Vereinbarung erklärt Circus Henry demnach unter anderem, dass er die Flächen an der Halle rechtswidrig belegt hat. Der Zirkus räumt laut Pressemitteilung ein, bereits vor Abschluss des Vertrages mit der Landwirtin gewusst zu haben, dass diese nicht berechtigt war, ihm die Fläche zur Nutzung zu überlassen.

Neben der Verpflichtung des Zirkus, die Fläche künftig nicht mehr zu belegen, habe sich Circus Henry bereit erklärt, 500 Euro Spendengeld an die Bürgerstiftung Lauda-Königshofen zu zahlen, heißt es in der Mitteilung weiter. Im Gegenzug werde die Stadt keine Räumungsklage einreichen. Zudem könne der Zirkus nun bei den Stadtwerken Lauda-Königshofen Trinkwasser gegen Entgelt in seine eigenen Fässer abfüllen.

Zirkus als Teil des immateriellen Kulturerbes anerkannt

Robin Frank zeigte sich erleichtert, dass die Gastspiele seines Zirkus in Lauda-Königshofen stattfinden können. Gleichzeitig ist ihm eine Botschaft wichtig: "Zirkusse sind seit Anfang dieses Jahres als Teil des immateriellen Kulturerbes in Deutschland anerkannt", so Frank. Zirkus gilt seitdem auch offiziell als eigenständige Form der Darstellenden Kunst. Nicht zuletzt deshalb seien Städte und Gemeinden aufgefordert, diese Form der kulturellen Veranstaltung zu unterstützen. Er selbst hatte sich in den vergangenen Tagen mit seinem Zirkus äußerst unwillkommen und teils "diskriminiert" gefühlt. "Wir sind ein Betrieb, der seine Platzmiete bezahlt und Kaution hinterlegt. Wir sind ein Zirkus, der einfach seinen Beruf ausüben will", sagt Frank.

Circus Henry gastiert von Freitag, 28. April, bis einschließlich Montag, 8. Mai, in Lauda-Königshofen. Aufführungen finden täglich um 16 Uhr statt (Ausnahme: sonntags um 11 Uhr). Am Donnerstag, 4. Mai, findet keine Vorführung statt.

 
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