Um über die nächsten Schritte innerhalb der regionalen Tourismusentwicklung zu informieren, hatten die Bürgerinitiative pro Region Heilbronn-Franken, der Tourismusverband "Liebliches Taubertal", der Main-Tauber-Kreis und die AOK Heilbronn-Franken rund 60 "Entscheidungsträger" aus der Region Heilbronn-Franken eingeladen, gemeinsam ein Stück auf dem "5-Sterne-Radweg" im Lieblichen Taubertal von Lauda zum Kloster Bronnbach zu fahren.
Der Arbeitstitel lautet "Nördliches Baden-Württemberg", doch unter diesem Begriff könne man die künftigen Marketingmaßnahmen und Veranstaltungen der hiesigen Tourismuslandschaft nicht präsentieren. "Wir reden auf der einen Seite von 'Schmeck den Süden', wenn wir von Baden-Württemberg und seinen touristischen Angeboten sprechen, der Norden im Süden würde dann aber vollends verwirren", meinte Sven Dell, Bad Mergentheimer Kurdirektor und Geschäftsführer des Tourismusverbands "Liebliches Taubertal", "den Norden verbindet man schließlich mit der Küste."
Und das sei eines der wenigen landschaftlichen Merkmale, die man eben hier nicht vorweisen könne, so Dell augenzwinkernd. Wichtig sei, erklärte Christoph Schauder, Landrat des Main-Tauber-Kreises, dass die Zusammenarbeit innerhalb der Tourismusförderung sich nicht nach dem Namen richte, sondern die Vermarktung aus Sicht der gemeinsamen Bemühungen gedacht werde: "Am Namen darf es nicht scheitern." Derzeit sehe es gut aus, die Tourismusaktivitäten weiter so zu bündeln und in Themenfeldern wie "Rad und Wandern" oder "Wein und Genuss" zusammenzufassen, unabhängig davon, wo im Raum Heilbronn-Franken diese umgesetzt werden.
Zersplitterte Tourismuslandschaft
Nach der Ankunft stand eine Besichtigung des Klosters und der Klosterkirche durch Gästeführer Kurt Lindner an. Anschließend referierten die Organisatoren, wie Friedlinde Gurr-Hirsch, Vorsitzende der Bürgerinitiative pro Region Heilbronn-Franken. "Wir können mit Landschaft, Kunst und Kultur, Rad- und Wanderwegen, Wein und Genuss, Gärten, Burgen und Schlössern, pittoresken Städtchen und wirtschaftlicher Prosperität hervorragend punkten", zeigte sie sich zufrieden, "aber ich möchte auch etwas Wasser in den Wein gießen. Nach wie vor ist die Tourismuslandschaft in Heilbronn-Franken, aber auch in vielen Teilen von Baden-Württemberg sehr zersplittert. Doch Touristen aus Berlin, Hamburg, Europa oder gar aus China oder Übersee interessieren sich nicht für Landesgrenzen."
Interessierten sei egal, in welchem Kreis sie seien. Sie rief dazu auf, gemeinsam "ein paar Kirchtürme" einzureißen und eine vernünftige Vereinheitlichung zu schaffen, ein gemeinsames Dach zu errichten. "Das heißt nicht, dass die Teilraumschaften sich irgendwo unterordnen sollen. Es heißt nur, dass wir nach außen gemeinsam auftreten mit einer Marke, einem gemeinsamen Internetauftritt, Übernachtungsmanagement und so weiter."
Ein Name dafür müsse ihrer Meinung nach in erster Linie werbewirksam und griffig sein. Der stehe aber am Ende des Abstimmungsprozesses. Die gemeinsame Radtour und das Treffen im Kloster Bronnbach seien "ein schöner Start", um für Erfolg und Akzeptanz des Vorhabens zu sorgen und ein Wir-Gefühl zu erreichen, "so dass wir am Ende unsere Bemühungen auf eine vernünftige Organisation stellen können."
Bedeutung des Urlaubs im eigenen Land sei angestiegen
Andreas Braun von der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg ging in seinem Vortrag darauf ein, dass Tourismus vorrangig "Lebensraumbewirtschaftung" sei und alles, was Touristen zugänglich gemacht werde, schließlich auch der heimischen Bevölkerung Vorteile bringe. Er erklärte, dass "die Bedeutung des Urlaubs im eigenen Land" durch die Corona-Situation und Krisen wie den Ukrainekrieg angestiegen sei. Dabei hätten auch Freizeitbeschäftigungen wie Wandern und Radfahren den Weg aus der Nische herausgefunden und sie seien mittlerweile zu einem Massenthema geworden. Er erinnerte an Lieferengpässe bei den Fahrradhändlern bundesweit.
Die Voraussetzungen seien deshalb so gut wie nie, als Tourismusregion an einem Strang zu ziehen und mit einer einheitlichen Strategie erfolgreich zu sein. Man habe starke Profilthemen, wie eine vielfältige Landschaft, hervorragende Radregionen mit bestzertifizierten Wegen und ausgezeichnete Weine. Mit diesen Highlights könne man überzeugen.
Landrat Christoph Schauder merkte im Pressegespräch an, dass er die Region Tauberfranken nicht als abgehängt ansehe oder gar von Stuttgart vergessen. Mit Corona habe zudem ein Umdenken stattgefunden. Die Digitalisierung sei gepusht worden und der Breitbandausbau damit enorm wichtig. Hier sei die Region "mit ganz vorne platziert". Auf Nachfrage, wie man junge Menschen in der Region halten wolle und die Region überhaupt als Lebens- und Wohnort attraktiv mache, führte Schauder die Initiative "Karriere daheim" auf: "In Kooperation mit vielen Firmen sprechen wir hierdurch Schülerinnen und Schüler an."