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Tauberbischofsheim
Charlotte Schneidewind-Hartnagel will wieder für die Grünen in den Bundestag
Charlotte Schneidewind-Hartnagel tritt erneut im Wahlkreis Odenwald-Tauber für Bündnis 90/Die Grünen an. Warum für die 67-Jährige die Klimakrise eine Gerechtigkeitsfrage ist.
Charlotte Schneidewind-Hartnagel ist die Direktkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen im Wahlkreis Odenwald-Tauber bei der Bundestagswahl am 26. September.
Foto: Bündnis 90/Die Grünen | Charlotte Schneidewind-Hartnagel ist die Direktkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen im Wahlkreis Odenwald-Tauber bei der Bundestagswahl am 26. September.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:10 Uhr

Zur Bundestagswahl am 26. September hat die Redaktion den Direktkandidatinnen und Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien jeweils sieben Fragen gestellt. Alle Kandidatinnen und Kandidaten erhielten dieselben Fragen und haben schriftlich geantwortet.

Die Beiträge erscheinen in loser Folge. Heute: Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Bündnis 90/Die Grünen)

Frage: Was ist für Sie aktuell das wichtigste bundespolitische Thema und warum?

Charlotte Schneidewind-Hartnagel: Generell halte ich das Wohl der Menschen und die verschiedenen Aspekte von Gerechtigkeit für die zentralen Themen von Politik in einer Demokratie. Natürlich ist das sehr breit gefasst und hat viele Facetten. Besondere Dringlichkeit hat derzeit unübersehbar die Bekämpfung des Klimawandels – diese dient letztlich dem Wohl des Menschen und ist eine Gerechtigkeitsfrage. Denn nur wenn wir unsere Lebensgrundlagen erhalten, können wir und vor allem die nachfolgenden Generationen ein gutes Leben führen. Von besonderer Aktualität ist derzeit zudem die Bekämpfung der Corona-Pandemie. Auch diese verfolgt am Ende den Zweck, das Wohl von so vielen Menschen wie möglich und größtmögliche Gerechtigkeit zu sichern. Das ist das übergeordnete Thema. Politik ist angewandte Liebe zum Leben, so hat es Hannah Arendt einmal ausgedrückt. Ich kann ihr da nur zustimmen.

Welchen Kurs verfolgen Sie in der Klimapolitik?

Schneidewind-Hartnagel: Klimaschutz ist Verantwortung für unseren Planeten. Wir heizen die Erde ungebremst auf. Das hat greifbare Folgen für uns, vor allem aber für unsere Kinder und alle folgenden Generationen. Um zu zeigen, wie Klimakrise und Umweltzerstörung sich bereits heute auf Kinder und Jugendliche auswirken, habe ich als Vorsitzende der Kinderkommission des Deutschen Bundestages dieses Thema als Schwerpunkt gesetzt. Erstmals in seiner Geschichte hat sich dieses Gremium den konkreten Gefahren, unter anderem durch Klimawandel, gewidmet. Das Ziel vernünftiger Klimapolitik kann nur heißen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und damit Schlimmeres zu verhindern. Damit auch unsere Kinder und Enkelkinder und deren Nachfahren ein gutes Leben auf diesem Planeten haben können. Das ist mein Kompass, der meinen Kurs in der Klimapolitik bestimmt.

Welche Strategie im Umgang der Corona-Pandemie verfolgen Sie im Hinblick auf steigende Infektionszahlen und mutierte Virusvarianten?

Schneidewind-Hartnagel: Es geht darum die Zahl der Ansteckungen – und damit die der schweren und tödlichen Verläufe sowie die der Belegungen in den Intensivstationen – so niedrig wie möglich zu halten. Gleichzeitig müssen wir die größtmögliche Zahl an Geimpften anstreben. Manche Menschen müssen wir von diesem Weg erst noch überzeugen. Ihnen müssen wir klarmachen, dass es darum geht, die Schwächeren zu schützen. Hier hat sich durch die Impfungen verschoben, welche Gruppen als vulnerabel gelten. Waren es anfangs eher ältere Menschen, sind es jetzt die Jüngeren, mitunter die Jüngsten. Alles zu unternehmen, um sie zu schützen, ist unsere gemeinsame Aufgabe. Gleichzeitig wollen wir so viele Freiheiten wie möglich zurückbekommen. Doch das erfordert Solidarität – und übrigens wie bei der Bekämpfung der Klimakrise auch eine globale Solidarität: Wenn wir nicht unseren Teil dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen weltweit geimpft werden, müssen wir uns auf mutierte Virusvarianten einstellen. Mit der Gefahr, dass diese irgendwann den Impfschutz aushebeln und alles wieder von vorne losgeht.

Welchen steuerpolitischen Ansatz verfolgen Sie?

Schneidewind-Hartnagel: Ich will eine gerechte, nachhaltige und solide Steuerpolitik, die Ungleichheiten ausgleicht, Umwelt und Klima schützt und etwa durch die Abschaffung des Ehegatten-Splittings zu mehr Gleichberechtigung beiträgt. Wir Grüne wollen durch steuerliche und finanzielle Anreize klima- und umweltfreundliche Lösungen ermöglichen und belohnen und klimaschädliche Subventionen abbauen. Wir wollen das Steuerrecht so ausgestalten, dass es die notwendigen Investitionen in die ökologische und digitale Modernisierung fördert. Damit machen wir auch die Wirtschaft zukunftsfest. 'Gerechtes Steuersystem' heißt für uns, dass wir den Kampf gegen Steuerbetrug und aggressive Steuergestaltung aufnehmen. Wir entlasten außerdem kleine und mittlere Einkommen durch einen höheren steuerlichen Grundfreibetrag. Familien mit Kindern stellt unsere Kindergrundsicherung deutlich besser.

Was für ein Konzept verfolgen Sie beim Thema Rente und Alterssicherung?

Schneidewind-Hartnagel: Alle Menschen sollen im Alter ein gutes und selbstbestimmtes Leben führen können. Ihre Rentenbeiträge sollen sich auszahlen. Priorität hat die dauerhafte Stabilisierung des gesetzlichen Rentenniveaus. Unser Ziel ist eine Bürgerversicherung. Auf dem Weg dorthin werden anderweitig nicht abgesicherte Selbständige in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen. Die Riester-Rente ersetzen wir durch einen öffentlich verwalteten Bürgerfonds. Wir stärken auch die private und betriebliche Altersvorsorge. Wir schützen Menschen vor Altersarmut– das betrifft insbesondere Frauen. An der Rente mit 67 halten wir fest. Wir erleichtern es den Beschäftigten aber, selbst zu entscheiden, wann sie in Rente gehen wollen.

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, unter welchen Belastungen das Gesundheitssystem und die Pflege stehen: Wie sieht ihrer Meinung nach eine zukunftsfähige Gesundheitspolitik aus?

Schneidewind-Hartnagel: Alle Menschen müssen Zugang zu einer qualitativ hochwertigen und bedarfsgerechten Versorgung haben. Das gilt auch bei uns im ländlichen Raum. Dafür müssen die Belange der Patienten und Patientinnen Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben. Unser gesundheitspolitisches Leitprinzip heißt: Vorsorge. Mehr Menschen sollen möglichst lange gesund bleiben. Dazu braucht es auch Armutsbekämpfung, Verbraucherschutz, bessere Lebensbedingungen und eine wirksame Umweltpolitik. Und wir wollen die Arbeitsbedingungen von Therapeuten und Therapeutinnen, Hebammen, Ärzten und Ärztinnen und Pflegekräften attraktiver und familienfreundlicher gestalten. Gesundheitsschutz und Pflege brauchen einen größeren Stellenwert. Eine gerechte und solidarische Finanzierung durch eine Bürgerversicherung ist für uns die Voraussetzung dafür.

Schiene oder Straße? Für welche Verkehrspolitik setzen Sie sich ein?

Schneidewind-Hartnagel: Die verkehrspolitischen Konzepte der Zukunft setzen auf ein Zusammenspiel von Schiene und Straße. Unser Ziel ist eine saubere, bezahlbare und bequeme Mobilität. Mit den Grünen wird Verkehr klimafreundlich, sicher und sozial gerecht – in der Stadt und auf dem Land. Leisere Straßen und saubere Luft dienen besonders jenen, die nicht einfach wegziehen können. Mehr Angebote an umweltfreundlichen Verkehrsmitteln ermöglichen mehr Flexibilität, mindern individuelle Kosten und fördern ein gutes Leben. Der Verkehr muss seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten, mit klimafreundlichen Autos, attraktiven ÖPNV und hochwertigen Radwegen. Mit der Festlegung, ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos neu zuzulassen, bieten wir Verlässlichkeit und geben Autoindustrie und Verbraucherinnen und Verbrauchern Planungs- und Investitionssicherheit.

Steckbrief

Name: Charlotte Schneidewind-Hartnagel
Alter: 67
Beruf: Bundestagsabgeordnete
Familienstand: verheiratet, eine Tochter
Wohnort: Eberbach am Neckar
Hobby: Erfreuliches Entdecken
Quelle: Charlotte Schneidewind-Hartnagel
 
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