zurück
Adelsberg
Zahlreiche Pläne für großflächige Solarparks in Main-Spessart: Für und Wider
Das neueste Projekt: 17 Hektar bei Harrbach. Ein gutes Beispiel, um Gegner und Befürworter zu Wort kommen zu lassen und die Auswirkungen auf Flora und Fauna zu diskutieren.
Blick aus Adelsberg auf die Lichtung oberhalb von Harrbach, auf der ein Solarpark entstehen könnte.
Foto: Jennifer Weidle | Blick aus Adelsberg auf die Lichtung oberhalb von Harrbach, auf der ein Solarpark entstehen könnte.
Jennifer Weidle
Jennifer Weidle
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:14 Uhr

Solarparks, so genannte Freiflächenanlagen (FFA), sind wichtig für den Klimaschutz. In Harrbach soll eine neue Anlage auf 17 Hektar entstehen. Wie sich eine FFA auf Flora und Fauna direkt auswirkt, wird unterschiedlich diskutiert. Als Verlierer betrachtet sich die regionale Landwirtschaft. Klimaschützer sehen die Anlagen als unerlässlich an.  

Hübsch anzusehen sind sie nicht: Glänzende Solarpaneele, dicht an dicht gereiht und mit einem hohen Zaun umgeben. Oft wird von ihnen als Landschaftsverschandelung gesprochen. Sie vernichten, so klagen Landwirte, wertvollen Ackerboden, der für den Anbau dringend gebraucht würde. Elmar Konrad, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes in Würzburg und Main-Spessart, kritisiert den Flächenfraß der Solarparks. Vor allem entlang von Verkehrstrassen gingen Landwirtschaftsflächen verloren. Ein Ende sei nicht absehbar.

Bauern kritisieren den Verbrauch wertvoller Böden

"Aktuell werden auch zahlreiche wirklich großflächige FFA-Anlagen (je 20 bis 60 Hektar, Anm. d. Red.) im gesamten Landkreis Main-Spessart geplant und verwirklicht", macht Konrad deutlich. Der Bauernverband kritisiere den Flächenverbrauch von etwa 15 Hektar täglich in Bayern für Bebauungen. "Wir brauchen die Flächen, um hochwertige landwirtschaftliche Produkte zu erzeugen, und wir brauchen die Flächen auch, um die Artenvielfalt zu erhalten." Entgegen der verbreiteten Meinung seien zahlreiche Arten auf die Bewirtschaftung der Felder angewiesen. "Auch Landwirte können Artenschutz und beweisen dies täglich."

Ist ein Solarpark auf einer Wiese besser als ein Acker, der gedüngt und gespritzt wird? Dies kann Hartwig Brönner vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) in Lohr so direkt nicht bestätigen. FFA könnten positive Effekte auf die sie umgebende Natur haben, sagt er. Doch hier käme es ganz auf die Begleitplanung an. Brönner: "Man kann Blühstreifen integrieren oder Steinhaufen, damit Zauneidechsen sich ansiedeln können."

Vogelschützer ziehen Solarpark den Windkraftanlagen vor

Er zieht Solarparks in jedem Falle Windräder vor. Diese würden zwar auf der gegebenen Fläche mehr Energie liefern, seien aber nachgewiesene Todesfallen für Fledermäuse und Vögel. "Ich hatte erst wieder zwei Totfunde von Rotmilanen in Steinfeld und Thüngersheim. Vermutlich sind es in Wirklichkeit noch mehr Tiere, aber ich finde nicht alle. Der Fuchs isst auch mit."

"Es kommt im Grunde immer darauf an, welchen Lebensraum man durch den Bau eines Solarparks zerstört", so Brönner. Dafür seien artenschutzrechtliche Prüfungen nötig, um zu erschließen, welche Arten sich auf dem geplanten Gebiet aufhielten. "Ich vermute, dass es auf der Fläche in Harrbach Feldlerchen geben könnte. Dies gelte es zu prüfen." Hierfür gebe es zum Beispiel eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP).

Thomas Jungkunz, Projektentwickler der Firma Südwerk, welcher die Fläche in Harrbach für seine Photovoltaik-Anlage nutzen möchte, hat solche Bedenken im Blick. "Mögliche lokale ökologische negative Effekte sind durch die Schaffung von Ausgleichsmaßnahmen in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde auszugleichen. Das wird je nach örtlicher vorhandener Flora und Fauna projekt-individuell gestaltet."

Projektentwickler verweist auf Grünland-Rahmenfläche

In Harrbach ist dies vorerst so geplant: Der Zaun hat einen Bodenabstand von 15 Zentimetern. So können kleine Tiere die Fläche weiterhin nutzen. Jungkunz gibt weiter an: Außen um die Anlage soll ein "etwa 30 Meter breiter, nicht eingezäunter Bereich" sein. Dieser würde als extensives Grünland genutzt und sei für alle Lebewesen zugänglich.

Ein Augenschmaus wird es auf der idyllischen Lichtung bei Harrbach nicht werden. Die liegt den Bewohnern vom Gemündener Ortsteil Adelsberg genau im Blick, wenn sie nach Süden schauen.

Klimaschutzbeauftragter in Main-Spessart Michael Kohlbrecher: Wir brauchen die Freiflächenanlagen
Foto: Jennifer Weidle | Klimaschutzbeauftragter in Main-Spessart Michael Kohlbrecher: Wir brauchen die Freiflächenanlagen

Michael Kohlbrecher, Klimaschutzbeauftragter für Main-Spessart, ist trotz aller Einwände überzeugt, dass der Bau von FFA nötig ist. Ohne sie gäbe es keinen Weg in eine sauberere und somit bessere Zukunft. Für die Energiewende und die Klimaziele des Landkreises Main-Spessart sei es dringend erforderlich, solche Anlagen zu bauen. Zusätzlich zu solchen auf Hausdächern.

Kohlbrecher: Man braucht sowohl FFA als auch Anlagen auf den Hausdächern

Dass es eine Alternative ist, die noch zur Genüge zur Verfügung stehenden Hausdächer zu nutzen statt der FFA, glaubt er nicht. Man brauche beides, aber "bei einer Anlage wie in Harrbach geht schnell und auf einen Schlag eine große Energiemenge am Netz". Außerdem müssten bei den Photovoltaikanlagen auf Hausdächern erstmal die Hauseigentümer mitspielen. "Viele schrecken vor der mit einer PV-Anlage verbundenen Bürokratie zurück," bedauert er.

"Am besten ist die Energie, die nicht gebraucht wird", sagt der 38-Jährige, "aber selbst einschränken will sich niemand." Da müsse man in den sauren Apfel beißen und das blaue Meer aus Solarpaneelen akzeptieren. Und die Flächen mit anderen Augen betrachten. Kohlbrecher: "Schönheit ist subjektiv. Sie können sich die Anlage anschauen und einen Schandfleck sehen. Oder Sie sehen, dass dies ihren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Zukunft ermöglichen wird. Darin liegt auch Schönheit."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Adelsberg
Harrbach
Jennifer Weidle
Artenschutz
Artenvielfalt
Bayerischer Bauernverband
Klimaschutz
Landwirte und Bauern
Landwirtschaft
Landwirtschaftliche Produkte
Naturschutzbehörden
Vogelschutz
Vogelschützer
Windkraftwerke
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • F. H.
    Der Grund an der Misere ist doch der elektrische Strom. Man sollte ihn ganz weglassen. Dann würden weder wertvolle Flächen für den Kohleabbau zerstört, noch für Photovoltaikanlagen missbraucht. Und Vögel schreddernden Windräder wären auch nicht nötig. Klar, es gäbe ein paar Einschränkungen, aber die Leute kannten früher auch nur Kerzenlicht oder Petroleumlampen und haben trotzdem gelebt - und die Familien waren sogar kinderreicher als heute! Es gäbe ja noch die Alternative Atomstrom: Für die heutige Generation im Grunde umweltfreundlich mit relativ wenig Flächenverbrauch. Das Know-How ist da und ein neu entwickeltes „Regional-Kernkraftwerk“ auf der Adelsberger Höhe, an der Grenze zu Karsbach, wäre eine wegweisende Investition. Bunt angestrichen ein Hingucker! Es brächte die Region nach vorne, die Adelsberger hätten weiter ihre ungetrübte Aussicht auf die Fläche zwischen den Schnellbahn-Tunnels in Herrbach und der Strom käme weiter aus der Steckdose.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. W.
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten