Einen Winter wie diesen, den hat es auch in Erinnerung von Marktheidenfelds Förster Matthias Huckle schon länger nicht mehr gegeben. Für den Wald hat das mehrere Auswirkungen, positive wie negative. Eine schöne Seite: Anhand der Spuren im Schnee kann der Förster direkt sehen, welches Tier sich im Wald wo getummelt hat. Besonders häufig zu sehen sind dabei die parallel zueinander verlaufenden, länglichen Abdrücke der Wildschweine. Ebenso wie ihre Wühlspuren. Huckle ist zuständig für die Waldgebiete in Hafenlohr, Rothenfels und Karbach. An diesem Tag ist er unterwegs im Hafenlohrer Waldabteil "Russenlücke".
Keine Sorgen machen müsse man sich wegen der tiefen Temperaturen: Zweistellige Minusgrade – das hielten Waldtiere locker aus, erklärt Matthias Huckle. Wildschweine setzten mehr Schwarte an, Rehe bilden ein längeres und dichteres Fell. Auch zu fressen finden die Tiere genug. Während die Wildschweine den Waldboden unter dem Schnee aufwühlen und dort Eicheln, Wurzeln oder auch kleine Insekten finden, ernähren sich Rehe überwiegend von Knospen. "Die sind sehr energiereich", erklärt Huckle. Gefüttert werden müssten die Wildtiere insofern im Winter nicht. Im Gegenteil: Das sei sogar verboten, so der Förster. Denn oft ist das Futter nicht tierspezifisch genug. Von Mais zum Beispiel bekämen Rehe Magenprobleme. Was erlaubt ist: Dass Jagdpächter mal eine Handvoll Mais zum Anlocken der Tiere hinstreuen. Schließlich sollen und dürfen Wildschweine das ganze Jahr über aufgrund der Afrikanischen Schweinepest gejagt werden.
Auch Luchs und Wildkatze verewigen ihre Pfotenabdrücke im Schnee
Mit viel Glück könnte der Schnee aber auch mal einen Luchs-Abdruck konservieren. Denn seit ein, zwei Jahren werden die Tiere wieder in der Region gesehen. Oder ihre Beute: Gerissene Rehe. "Der Luchs sucht sich gezielt Rehe aus, keine Nutztiere, und tötet sie mit einem Kehlbiss", erläutert Huckle. In den Nachbarrevieren sei das schon zweimal der Fall gewesen. Ebenso seltener zu Gesicht bekommt der Förster die Wildkatze oder deren Spuren. Doch auch diese ist in seinem Revier aktiv. "Charakteristisch für die Wildkatze ist der Schwanz mit seinen klar abgesetzten, schwarzen Streifen", so Huckle.
Mehr als der Nahrungsmangel machen den Tieren die vielen Menschen im Wald zu schaffen. Denn die haben schon seit Beginn der Corona-Pandemie zugenommen. Matthias Huckle findet das auch prinzipiell gut, "solange die Menschen den Wald mit Respekt behandeln". Problematisch wird es, wenn die Wanderer die Wege verlassen, die Absperrungen bei Waldarbeiten ignorierten oder ihre Hunde frei laufen ließen, die dann wiederum die Waldtiere jagten. Mit fatalen Folgen: Um ihre Energieressourcen zu sparen, bewegten sich die Tiere derzeit so wenig wie möglich und ruhten viel. Müssen sie dann aber für die Flucht panikartig fliehen, kann der hohe Energieverlust lebensbedrohliche Folgen haben und die Tiere verhungern schlichtweg.
Momentan ist Matthias Huckle jeden Tag draußen im Wald. Schließlich läuft von Oktober bis März auch der Haupt-Holzeinschlag. Täglich schaut er bei den Waldarbeitern vorbei, erfasst die gefällten Mengen oder markiert neue Bäume. Allerdings heißt nicht jede Markierung: bitte fällen. Sprüht der Förster eine grüne Wellenlinie, markiert er damit einen Biotopbaum. "Das sind beispielsweise Bäume mit Höhlen, Horsten oder mit größeren rindenfreien Stellen am Stamm", erklärt Huckle. In solchen Biotopbäumen leben unter anderem Eulen, Spechte, Hohltauben oder Hirschkäfer. "Das sind manchmal richtige Wohngemeinschaften", beschreibt der Förster.
Wald-Schädlingen macht die eisige Kälte nichts aus
Bedauerlich: Auch den Wald-Schädlingen macht die eisige Kälte nichts aus. Der Borkenkäfer zum Beispiel sei sehr kälteresistent, so Huckle. Denn er produziert sein körpereigenes Frostschutzmittel. So geschützt überwintert er unter der Rinde oder im Bodenbereich.
Aber es gibt auch Profiteure von Eis und Schnee im Wald: Allen voran der Waldboden. Friert dieser durch, drückt es das Wasser sozusagen in alle Poren. Der Effekt: Der Boden wird, wenn er wieder auffriert, krümeliger und kann mehr Wasser aufnehmen. "Zudem können die Bäume besser wurzeln", so Huckle. Ebenfalls gut: Die dicke Schneeschicht, die derzeit im Wald liegt. Schmilzt sie, sickert das Wasser langsam in den Boden ein und feuchtet ihn besser durch. Nach den vielen trockenen Jahren sei das eine gute Ausgangslage.