
Es ist selten, dass ein Bauvorhaben im Eußenheimer Gemeinderat derart kontrovers diskutiert wird. Vor über drei Jahren war die Schaffung von neuem Baurecht in der Hofriedgasse in Eußenheim erstmals Thema, einen Beschluss gibt es auch heute noch nicht. "Ich lehne dieses Vorhaben strikt ab", verdeutlichte Gemeinderat Daniel Lambrecht, weitere pflichteten ihm bei. Warum ist der Neubau von zwei Wohnhäusern in der Hofriedgasse so umstritten?
Das hat mehrere Gründe. Bei der allerersten Diskussion über die zwei betroffenen Grundstücke im August 2021 schien vor allem die Nähe zum Bauernhof Wolf ein Problem darstellen zu können. Die Sorge einer zu großen Geruchs- und Lärmbelastung stand im Raum. Die zwei Bauinteressenten, beide aus Eußenheim, beauftragten daraufhin ein Schall- und Geruchsgutachten. Das Ergebnis lag Mitte Juli 2022 schließlich vor: Eine zu starke Geruchs- und Lärmbelastung vom anliegenden Bauernhof ist unwahrscheinlich.
Juristische Risiken beim Schaffung von Baurecht?
Warum geht das Streitthema im Eußenheimer Gemeinderat dann weiter? Sind sich die zwei Grundstückseigentümer über mögliche Nachteile beim Wohnen in dieser Lage doch bewusst? Die Schaffung von Baurecht in der Pufferzone zwischen dem Eußenheimer Ortskern und dem Aussiedlerhof Wolf würde nicht nur finanzielle und arbeitsaufwändige Folgen haben, sondern auch juristische Risiken mit sich bringen. Ob es das alles wert sei, bezweifelten einige Gemeinderäte öffentlich. Thomas Obert hingegen verwies auf die zwei positiven Gutachten, die "schon ihre Richtigkeit" hätten.
Probleme sahen einige Ratsmitglieder darüber hinaus in der Reaktion des Landratsamts: Bei einer Besprechung im Februar diesen Jahres wurde "keine Notwendigkeit" der Schaffung weiteren Baurechts festgestellt, schließlich gebe es aktuell in Hundsbach und Obersfeld schon sieben Bauplätze auf Gemeindegebiet. "Diese Einschätzung finde ich unpassend", statierte Bürgermeister Achim Höfling. Sie benachteilige Ortschaften, sie sich vor 50 Jahren zu Gemeinden zusammengeschlossen hatten, wie beispielsweise Eußenheim.
Landratsamt will Bauwillige nicht bremsen
Nichtsdestotrotz kündigte die Landrätin in einer weiteren Besprechung einige Monate später an, das Vorhaben der zwei Eußenheimer Bauwilligen nicht bremsen zu wollen und schlug der Gemeinde ein juristisches Schlupfloch vor: Das Landratsamt werde während der Bearbeitungsfrist von vier Wochen nicht auf den eingereichten Änderungsantrag zur Flächennutzung der beiden Grundstücke reagieren, sodass automatisch eine Genehmigungsfiktion eintritt. Eine Genehmigungsfiktion ist ursprünglich als Schutz für Antragsteller gedacht, sodass diese nicht ewig auf eine Entscheidung warten müssen. Das Nicht-Entscheiden bedeute hierbei im juristischen Sinne die Annahme des Vorhabens.
"Ich finde es schwierig, wie sich das Landratsamt so der Verantwortung entzieht. Das macht uns als Gemeinde angreifbar", schätzte Gemeinderat Nico Harde. Einige Weitere nahmen den Vorschlag, eine Genehmigungsfiktion schon im Vorhinein zu vereinbaren, skeptisch auf. Bürgermeister Höfling schlug dennoch vor, diesen Weg zu gehen und daraufhin im nächsten Schritt die Reaktionen der Träger öffentlicher Belange abzuwarten. Erst durch deren möglichen Einwände unter Berücksichtigung des Konfliktbewältigungsgebotes sollte abgewogen werden, so Höfling.
In weiteren Schritten soll auf Kosten der Grundstücksbesitzer ein Planungsbüro Entwürfe erstellen, die dem Gemeinderat vorgestellt werden. Anschließend kommt es zum ersten Beteiligungsverfahren der Öffentlichkeit. "Dann kann immer noch die Handbremse gezogen werden", so der Bürgermeister.