Zunächst ist nur ein sonores "blubb, blubb, blubb" zu hören. Und dann biegt Oliver Ritter mit dem Herzstück seiner Oldtimer-Sammlung auf den Hof seiner Werkstatt in Billingshausen ein: einem schwarzen 1957ger Chevrolet "Bel Air" mit weißem Dach, V8-Motor mit 5,7 Litern und 300 PS. Ganz schön anstrengend sei es, so einen Oldtimer zu fahren, schmunzelt Oliver Ritter und schaut stolz auf das Prachtstück. Der Motor hat zwar viel Kraft, doch der Fahrer muss ebenfalls Muskeln haben. Das 1-Kreis-Bremssystem ohne Bremskraftverstärker erfordert ebenso Muskelkraft wie das Steuern ohne Servolenkung.
Siebzehn Jahre war der "Bel Air" in einer Scheune in der Schweiz gestanden, bevor er beim Hausverkauf zufällig wieder entdeckt wurde. Völlig eingestaubt und mit platten Reifen konnte Ritter den Schatz vor fünfzehn Jahren erwerben, um ihn liebevoll wieder herzurichten. "Der ist nicht verkäuflich", sagt Ritter. Im Gegensatz zu den neun Oldtimern, die er sonst aktuell noch in Besitz hat.
Mit dem Mofa fing das Hobby an
Ritter, gelernter Einzelhandelskaufmann im Zoofachhandel, hat schon als Fünfzehnjähriger am Motor seines Mofas herumgeschraubt. Was waren die auch langsam! Eines Nachts wurde er auf dem Rückweg von Lengfurt nach Marktheidenfeld von der Polizei kontrolliert, weil er für ein Mofa deutlich zu schnell unterwegs war. Die Strafe folgte auf dem Fuß, er musste sein Mofa den ganzen restlichen Heimweg schieben – mit Polizeibegleitung. Die Begeisterung für Motoren ist trotzdem geblieben. Zunächst mit Schrauben als Hobby in der Freizeit und Geld verdienen im Einzelhandel.
Inzwischen betreibt Ritter einen KFZ-Handel im Nebengewerbe. Der Schwerpunkt liegt aktuell auf amerikanischen Oldtimern, sogenannten US-Cars, und dabei bevorzugt auf Chevrolets. Im Internet macht er amerikanische Händler ausfindig, verhandelt, kauft und importiert Autos und Ersatzteile. Auf die Frage, warum er diese Leidenschaft nicht zum Beruf mache, antwortet Ritter: "Hauptberuflich muss ich Autos verkaufen, im Nebenberuf kann ich Autos verkaufen". Das heißt, er hat beliebig Zeit für die Restaurierung, kann sich die Kunden aussuchen und verdient seinen Lebensunterhalt mit regelmäßiger Arbeit.
Kunden finden über Facebook und Ebay zu ihm
Ritters Verständnis bei der Restaurierung ist, Oldtimer gebrauchstüchtig herzurichten. Diese dürfen Gebrauchsspuren zeigen, dürfen auch mal ein Ersatzteil haben, das kein Original ist. Doch der Charakter soll erhalten bleiben. Hochglanzpolierte Oldtimer im Neuwagenzustand hat er nicht im Angebot. Ein hellblauer Chevrolet "Impala", Baujahr 1960, ist bis auf die gebogene Frontscheibe fertig. Im Gegensatz zum "Bel Air" hat dieser nur einen V6-Motor. "Der klingt eher wie ein Opel Admiral", lacht Ritter. "Dafür hat er wunderschöne Kotflügel". Ein Ford F Monstertruck mit 7,5 Litern Hubraum und 350 PS zum Beispiel ist mit TÜV und H-Kennzeichen fertig zum Verkauf.
Seine Kunden findet Ritter über Facebook oder Ebay, teilweise auch bei Oldtimer-Treffen. Sind die Oldtimer beim Import meist ohne Zulassung, werden sie von Ritter zu 99 Prozent mit Zulassung verkauft. Und sollte später etwas kaputtgehen, bietet Ritter als Kundenservice auch die Beschaffung von Ersatzteilen an.
Ritters Oldtimer sind zunächst mit einem "07-er-Kennzeichen", auch Sammler-Kennzeichen genannt, versehen. Dies ist eine rote Nummer, auf der mehrere Fahrzeuge gleichzeitig angemeldet werden können, gedacht für Probefahrten oder für die Überführung. Ein gewerblicher Einsatz, zum Beispiel die Vermietung als "Hochzeits-Kutsche", ist somit leider nicht möglich.