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Gemünden
Wer wollte wen über den Tisch ziehen? Verfahren gegen Angeklagte nach vermeintlichem Taxibetrug eingestellt
Der Taxiunternehmer spricht von unbezahlten Fahrten. Die Angeklagte sagt hingegen, keine Quittungen bekommen zu haben.
(Symbolbild)
Foto: Christophe Gateau, dpa | (Symbolbild)
Herbert Hausmann
 |  aktualisiert: 16.02.2025 02:33 Uhr

Viermal soll eine 40 Jahre alte Frau, die damals ihren Wohnsitz im Raum Gemünden hatte, sich per Mietwagen von einem Taxiunternehmer fahren gelassen haben, ohne dafür zu bezahlen. So behauptete es dieser jedenfalls vor Gericht. Insgesamt sei ihm dabei ein Verlust in Höhe von 445 Euro entstanden.

"Betrug", lautete die Anklage für die Frau, die sich für ihre Taten vor dem Amtsgericht Gemünden verantworten musste. An ihrer Stelle gab zunächst ihr Pflichtverteidiger Erklärungen zum Tatvorwurf ab. Im Namen seiner Mandantin bestätigte der Jurist, dass seine Mandantin für diese vier Fahrten im vierten Quartal 2023 das Taxiunternehmen genutzt hat. Jedes Mal ging es um Einkäufe und darum, Geld vom Bankautomaten zu holen. Danach will die Angeklagte nach ihren Angaben die Fahrten bar bezahlt haben, jedoch von dem Fahrer keine entsprechende Quittung bekommen haben.

Geld war ausreichend auf dem Konto der Frau. So legte ihr Verteidiger dem Gericht Kontoauszüge aus der fraglichen Zeit vor. Diese belegten, dass wegen einer Erbschaft ein mittlerer fünfstelliger Betrag auf der Habenseite des Kontos stand. Damit war deutlich, dass die Angeklagte überhaupt keinen Grund hatte, den Fahrpreis schuldig zu bleiben. Nicht nachvollziehbar für den Verteidiger auch die Tatsache, dass der Taxiunternehmer noch drei weitere Fahrten durchgeführt hat, wenn schon angeblich die erste Tour nicht bezahlt wurde. "Man hat die Frau einfach gesagt, über den Tisch gezogen", vermutete der Verteidiger.

Taxiunternehmer erzählt ungefragt Geschichten 

Persönlich waren aber die vergangenen Jahre nicht leicht für die Frau auf der Anklagebank. Depressionen, Alkoholsucht und eine unheilbare Krankheit bestimmten ihren Tagesablauf. Bis zu zwei Flaschen Wodka hat die Frau, die auch schon einen Entzug durchgestanden hat, täglich gebraucht. Einmal war sie von der Polizei aufgegriffen worden. Der durchgeführte Atemalkoholtest ergab einen Wert von fünf Promille. Jetzt lebt die Frau wieder eigenständig in ihrem Haushalt und hat vom Gericht eine Betreuerin zugewiesen bekommen.

Kein gutes Haar an der Angeklagten ließ der als Zeuge geladene Taxiunternehmer. Der 80-jährige Mann hatte damals die vier Fahrten mit der Frau unternommen. Obwohl Strafrichterin Kristina Heiduck ihn mehrfach darauf hingewiesen hat, ihre Fragen zu beantworten, holte der Zeuge in seinen Aussagen weit aus und erzählte "Geschichten" aus der Vergangenheit der Angeklagten. War in seinem Redefluss kaum zu bremsen. Nur lobende Worte fand er allerdings für deren Bruder, der bei ihm als Fahrer angestellt ist, obwohl nie danach gefragt worden war.

So wunderte es keinen der Anwesenden, dass Richterin Heiduck auf Antrag der Staatsanwältin das Verfahren gegen die Angeklagte ohne Auflagen eingestellt hat.

 
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