
Im Corona-Winter 2021 waren die Straßen zeitweise leer. Niemand durfte ohne triftigen Grund das Haus verlassen. Viele arbeiteten von zu Hause aus. Eine Folge waren weniger Unfälle. Für eine auf Verkehrsrecht spezialisierte Anwaltskanzlei aus Marktheidenfeld bedeuteten die Corona-Beschränkungen einen kräftigen Umsatzeinbruch. Die Kanzlei, die nun ihre anfänglich gewährten Überbrückungshilfen zurückzahlen sollte, klagte gegen den Ablehnungsbescheid. Eine erste Einschätzung des Würzburger Verwaltungsgerichts ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass sie das Geld zurückzuzahlen hat.
Nach kurzem Überlegen zog Kanzleichef, Rechtsanwalt Armin Richartz, die Klage zurück. "Er habe Wichtigeres zu tun", erklärte er, ergänzte aber an die aus dem Süden angereisten Rechtsvertreter der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK) gerichtet: "Es riecht ein Stück nach Willkür, da stellen wir einen Bezug zur Pandemie her, da nicht". Der ablehnende Bescheid habe seinen Eindruck noch verstärkt.
35 Prozent weniger Unfälle abgerechnet
Die Kanzlei, die einen Schwerpunkt auf der Abwicklung von Verkehrsunfällen hat, hatte im Juli 2021 bei der IHK den Antrag für eine Überbrückungshilfe des bayerischen Wirtschaftsministeriums gestellt und 9400 Euro unter Vorbehalt bewilligt bekommen. Die Hilfe bezog sich auf den Zeitraum Januar 2021 bis Juni 2021, als die Maßnahmen wieder aufgehoben wurden. Im Jahr 2021 habe die Kanzlei insbesondere im ersten Halbjahr 35 Prozent weniger Unfälle abgerechnet als in den Vorjahren.
Der Zusammenhang zur Pandemie und den vom Freistaat erlassenen Beschränkungen sei klar: "Es gab weniger Verkehr, weil es einen Lockdown gab." Die entfallenen Einnahmen seien zudem nicht nachholbar, sondern gänzlich entfallen. Auch im Bereich Zivilrecht seien die Umsätze rückläufig gewesen. Im Jahr 2022 hätten sich die Umsätze dann wieder dem Niveau vor Corona genähert.
Die rechtlichen Vertreter der IHK sehen dies anders und verteidigten die Ablehnung der Überbrückungshilfe. Die Kanzlei hätte den Antrag nicht stellen dürfen, da nicht von einem Umsatzeinbruch infolge der Infektionsschutzmaßnahmen auszugehen sei. Sie verwiesen auf das unternehmerische Geschäftsrisiko. Die Menschen hätten ihr Verhalten nur als Fernwirkung der Pandemie geändert und seien weniger Auto gefahren. Das Autofahren sei aber nicht verboten gewesen. Es sei demnach nicht von einem unmittelbaren Bezug zu den Maßnahmen auszugehen.
Zusammenhang mit Umsatzrückgang sollte erkennbar sein
Die IHK-Vertreter erläuterten anhand von Beispielen, wann die Hilfe dennoch gewährt wurde. Als Beispiel nannte er einen Bratwurststand auf einer Messe, die damals generell untersagt waren oder ein Taxi-Unternehmen, das vor allem Fahrgäste zur Messe transportiert: "Die Greifbarmachung des Umsatzrückgangs infolge der Beschränkungen ist die Voraussetzung für die Förderfähigkeit." Auch das Würzburger Verwaltungsgericht hatte kürzlich einen zu der Anwaltskanzlei ähnlich gelagerten Fall zu Ungunsten des Klägers entschieden.
Ganz so klar ist die Verwaltungspraxis dennoch nicht: In einem Nebensatz erwähnte der Rechtsanwalt der IHK, dass es sich bei den Entscheidungen über eine Hilfe, um ein "Massenverfahren" gehandelt habe, das auf eine unkomplizierte Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel ausgelegt gewesen sei. Es habe daher auch passieren können, dass die Entscheidung in einigen vergleichbaren Fällen anders ausfiel.