
Über die Gründung der Stadt Karlstadt hat der Historiker Theodor Ruf ein Buch geschrieben. Im Frühmittelalter war das benachbarte Karlburg ein bedeutendes Zentrum. "Mich interessiert daher die Frage: Was war der Grund, auf der gegenüberliegenden Mainseite mit Karlstadt eine neue Stadt zu gründen?", erklärt der Historiker seine Motivation für das Buch.
Als Stadtgründer von Karlstadt gilt Konrad von Querfurt. Er war ab 1198 Bischof von Würzburg und wurde 1202 hinter dem Würzburger Dom ermordet. Die Gründung der Stadt Karlstadt erfolgte durch den Bischof um 1200. Doch was heißt das, fragt Ruf. War da vorher eine grüne Wiese? Haben Menschen dort schon gewohnt? Warum ausgerechnet dort? Wie war das Verhältnis zwischen Karlburg und Karlstadt und woher kamen die Siedlerinnen und Siedler nach Karlstadt?
Ruf gilt als Experte für die frühmittelalterliche Geschichte Main-Spessarts
Auf diese Fragen geht Ruf in seinem Buch ein und gibt Antworten. Er stützte sich bei seinen Recherchen auf das Studium von Quellen. Diese vermitteln allerdings oft kein vollständiges Bild, da die Quellenlage dünn ist. Manches muss im Ungewissen bleiben. Aber der Historiker darf Thesen aufstellen, wie es wahrscheinlich gewesen sein könnte. Dazu muss er sich gedanklich in die Zeit versetzen und die Gesamtgeschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg mit einbeziehen –insbesondere die Person des Bischofs Konrad von Querfurt.

Ruf nimmt für sich in Anspruch, dass er dies wie kein anderer kann. Der gebürtige Lohrer ist Kreisheimatpfleger für den Altlandkreis Lohr und gilt als Experte für die frühmittelalterliche Geschichte in Main-Spessart. Seine Doktorarbeit hat er über die Grafen von Rieneck verfasst. Studiert hat er Geschichte an der Universität Würzburg. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2016 hat Ruf als Lehrer an einem Gymnasium in Aschaffenburg gearbeitet.
Ruf greift auch einen spannenden Kriminalfall aus dem Mittelalter auf
Eine der Thesen, die Ruf in seinem Buch vertritt, ist, dass Karlstadt nicht in Konkurrenz zu Karlburg gegründet wurde, sondern in Kooperation. "Karlburg war nicht mehr anbaubar, es war alt und lang", meint Ruf, "und es wuchs aufgrund eines stetigen Bevölkerungszuwachses der Wunsch, eine neue, moderne Stadt zu planen, die auf Handel angelegt ist". Mit einer neuen Stadt habe Bischof Konrad von Querfurt die Möglichkeit gesehen, den Machtbereich des Bistums zu vergrößern. Daher war es auch nachvollziehbar, dass er einen Platz dafür wählte, der auf der gleichen Mainseite wie Würzburg liegt.
Die Gründung der Stadt Karlstadt um 1200 ist der Schwerpunkt des Buches von Ruf. Er erklärt aber auch die Hintergründe, die politischen Verhältnisse in Mainfranken ab 700, die Gründung des Bistums Würzburg im Jahre 742 und die Bedeutung der Karlsburg im Laufe des Frühmittelalters. Auch dem Bischof Konrad von Querfurt und dessen ungeklärtem Mord widmet Ruf einen großen Teil seines 300 Seiten starken Buches. Eine Arbeit, die der des Lösens eines Kriminalfalles ähnelt.
Wer sich an den Kosten des Buches beteiligt hat – und wer nicht
Das Buch erscheint in einer Auflage von 500 Stück, an den Druckkosten beteiligten sich unter anderem der Landkreis Main-Spessart, die Diözese Würzburg, der Geschichts- und Museumsverein Lohr, nicht aber die Stadt Karlstadt und der Historische Verein Karlstadt.
Der Historische Verein sei nicht in der Lage, Rufs Buch zu unterstützen, teilt die Vorsitzende Beatrix van Venrooy auf Anfrage mit. "Wir verfügen nicht über die entsprechende finanzielle Ausstattung für ein solches Projekt und können das nicht über unsere wenigen Mitgliedsbeiträge abdecken." Bereits die Erstellung der Chronik "50 Jahre Historischer Verein Karlstadt e.V." vor zwei Jahren sei für den kleinen Geschichtsverein ein Kraftakt gewesen.
Federführend für stadtgeschichtliche Themen zuständig sei der Historische Verein, teilt Uli Heck, geschäftsführender Beamter der Stadt Karlstadt mit. "Nach Einschätzung des Vereins wurden von Herrn Ruf keine neuen Gesichtspunkte zur Stadtgeschichte bearbeitet." Die Stadt habe sich aber bereiterklärt, eine gewisse Anzahl an Büchern abzunehmen. Wie viele, werde noch geklärt.
Das Buch "Konrad von Querfurt, Bischof von Würzburg (1198 – 1202), und die Anfänge der Stadt Karlstadt am Main" von Theodor Ruf (Königshausen & Neumann, 2024, 312 Seiten) kostet 45 Euro und ist in Buchhandlungen in der Region erhältlich. Am 12. Dezember wird das Buch um 15 Uhr in der Uhrenstube des Historischen Rathauses in Karlstadt vorgestellt.