
Eher untypisch verlief eine Verhandlung am Amtsgericht Gemünden am Donnerstag, in welcher einer 55-jährigen Frau aus dem südlichen Teil des Landkreises Main-Spessart eine Ordnungswidrigkeit in Form eines Verstoßes gegen die vor gut einem Jahr geltenden Coronaregeln vorgeworfen wurde.
Untypisch, weil die Verhandlung mit knapp 15 Personen auf den Zuschauerplätzen auf relativ großes Interesse stieß. Untypisch, weil der Gerichtssaal minutenlang mit Sirenentönen des deutschlandweiten Probealarms beschallt wurde. Untypisch, weil die angeklagte Frau im Raum stehenblieb, statt wie üblich auf einem der für die Angeklagten vorgesehenen Stühle Platz zu nehmen. Untypisch, weil die stehende Frau behauptete, in Treuhandschaft für die Angeklagte als Begünstigte anwesend zu sein.
Bußgeldbescheid von 900 Euro erhalten
Laut Richterin Meike Richter soll die Angeklagte am 23. Januar 2022 in Frammersbach bei einer Demonstration gegen die von der Regierung verordneten Coronamaßnahmen gegen den damals geltenden Mindestabstand sowie gegen die Vorschrift, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, verstoßen haben.
Aufgrunddessen bekam die Angeklagte vor einiger Zeit einen Bußgeldbescheid über 900 Euro, gegen den sie jedoch Einspruch einlegte. Deshalb kam es nun zur Gerichtsverhandlung. Zur Sache machte die Vertreterin der Angeklagten keine Angaben und begründete dies damit, dass sie sich an nichts erinnern könne, da sie ja nur Begünstigte und im Auftrag der Angeklagten anwesend sei.
Gericht reduzierte Bußgeld
Ein als Zeuge geladener Polizist sagte aus, dass es im Anschluss an die Demonstration durch Frammersbach auf einem Parkplatz noch eine Kundgebung gegeben habe. Diese Kundgebung habe in einem abgesperrten Bereich stattgefunden, in dem die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung bestanden habe. Er habe die Angeklagte dort ohne Mund-Nase-Bedeckung gesehen. Ob sie beim Zug durch den Ort eine getragen habe, könne er nicht sagen.
Sie denke, dass er wisse, dass er nicht die Wahrheit sage, warf die Frau, die sich als Begünstigte der Angeklagten bezeichnete, dem Polizisten vor. In ihrem Urteil reduzierte Richterin Meike Richter das Bußgeld um 300 Euro. Statt laut Strafbefehl 900 Euro muss die Angeklagte nun 600 Euro zahlen. Gegen das Urteil können noch Rechtsmittel eingelegt werden.
Das Ganze erinnert mich an "Königlich bayerisches Amtsgericht".