
Umhänge, Kutten und Kronen, mit denen sich Kinder und Jugendliche traditionell am 6. Januar als die Heiligen Drei Könige verkleiden und durch die Straßen ziehen, kommen in vielen Orten nur an diesem Tag zum Einsatz. Sie sind oft aus robustem Stoff genäht und werden viele Jahre aufgetragen. Doch Weihrauchduft und Brandflecken, Schnee und Tomatensaucen-Flecken vom gemeinsamen Mittagessen setzen den Kostümen zu.
In Tiefenthal war es nach 25 Jahren Zeit für neue Kleidungsstücke, fanden die Oberministranten, Daniel und Annika Obermayer sowie Linus Liebler. "Die bisherigen Gewänder waren aus verschiedenen Vorhangstoffen bunt zusammengewürfelt", erklärt Monika Obermayer, die Mutter der beiden Geschwister.
Brokat- und Samtstoffe aus alten Vorhängen
Die Jugendlichen haben beim Aussuchen der Stoffe geholfen und gemeinsam an den Kleidungsstücken geschneidert. "Wir wollten eigentlich fertige Gewänder kaufen", erzählt der 17-jährige Daniel. Doch bei der Recherche im Internet bei Händlern, die Kirchenbedarf verkaufen, hätten sie schnell gemerkt, dass das zu teuer wird.

Nach einem Aufruf im Ort mit der Bitte um Stoffspenden kamen einige ausgemusterte Vorhänge zusammen. Doch Brokat und Samt sind zum einen schwer zu vernähen, zum anderen sind sie schwer – zu schwer, um damit einen ganzen Tag lang herumzuspazieren. "Und wir wollten einheitliche Gewänder", sagt Daniel. Doch dafür hatten sie nicht genug Stoff bekommen.
Neue Gewänder sind aus glänzendem Pannesamt und Polyester
Sie beschlossen, dass sie selbst neue Gewänder nähen wollten und kalkulierten großzügig mit 800 Euro Kosten. "Das hätten wir uns auch nicht leisten können", sagt der 17-Jährige. Monika Obermayer holte sich Rat bei einer Schneiderin: "Sie hat mir erklärt, wie man die Stoffe platzsparend zuschneiden kann."
Zusammen mit Tochter Annika (15) hat sie im Oktober in Stoffläden in Marktheidenfeld und Weyersfeld insgesamt knapp 45 Quadratmeter glänzenden Pannesamt und Polyester gekauft. Letztlich hat sie das weniger als 250 Euro gekostet, wovon mehr als die Hälfte die Kirchenstiftung, den Rest die Ministrantenkasse übernommen hat.
Jugendlicher arbeitete zuvor noch nie an einer Nähmaschine
Monika Obermayer hat die Stoffe zugeschnitten, jeweils vier Gewänder für Caspar, Melchior und Balthasar in verschiedenen Größen. Zu jeder Gruppe gehört ein Kind mit dem Stern, dem die Weisen aus dem Morgenland der Erzählung nach bis zur Krippe in Bethlehem gefolgt sind. Zu dem Kostüm des Sternträgers gehört ein Umhang, auf den Sterne aufgedruckt sind.
An einem Samstag im November trafen sich sechs Ministrantinnen und Ministranten zum gemeinsamen Nähen. Linus habe zuvor noch nie eine Nähmaschine benutzt, erzählt Daniel; er selbst zuletzt vor sieben Jahren in der Schule. Seine Schwester hingegen näht öfters mal zu Hause, etwa Kissenbezüge oder kleine Taschen. An diesem Tag haben sie vor allem die Kanten der Umhänge versäubert, einen Tunnelzug genäht, die Kordeln zum Zubinden eingezogen und Schmuckbordüren angenäht. "Das haben alle richtig gut gemacht", sagt Monika Obermayer.
Manches sei den Jugendlichen leicht gefallen, bei anderen Handarbeiten hatten sie zu kämpfen: "Der Pannesamt ist schwer zu vernähen, der verdreht sich schnell." Bei einem zweiten Treffen hatten sie Unterstützung von erfahrenen Näherinnen aus Tiefenthal. Einige nahmen die restlichen zu nähenden Kutten mit nach Hause, um sie dort fertigzustellen. Mittlerweile liegen sie bereit, fein säuberlich nach Farben sortiert, und warten auf ihren ersten Einsatz am Dreikönigstag.