
Quelle ist das Evangelium nach Matthäus, Kapitel 2. In den Versen 1 und 2 heißt es: „Da Jesus geboren war zu Bethlehem im jüdischen Lande, zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen die Weisen vom Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.“ Der Text wurde fast ein Jahrhundert nach der Geburt Jesu niedergeschrieben. Die Geschichte existierte aber möglicherweise schon zuvor als eine Art märchenhafter, mündlich weitergegebener Erzählung.
Matthäus nennt keine Namen, keine Zahl. Es geht nicht um Könige. Luther schreibt in seiner Bibelübersetzung von „Weisen“. Im griechischen Urtext – die vier gebräuchlichen Evangelien, also auch das des Matthäus', sind in Griechisch verfasst – steht das Wort „Magoi“, Magier. Das bezeichnete auch damals einen vermeintlich Zauberkundigen, aber ebenso die Mitglieder einer Priesterkaste in Persien, die Astrologie betrieben und Träume deuteten.
Kirchenschriftsteller im 3. Jahrhundert machten die Magier zu Königen – vielleicht, weil es der sich langsam organisierenden christlichen Kirche nicht passend erschien, dass Zauberer dem Jesuskind ihre Aufwartung machten. Und auch, um die noch junge Religion von anderen Religionen bewusst abzugrenzen. Die Zahl der Magier war indes noch nicht festgelegt. Auf frühchristlichen Darstellungen versammeln sich zwischen zwei und acht Verehrer um das Kind.
Weil Matthäus in Vers 11 des zweiten Kapitels die Gaben der Besucher aus dem Morgenland aufzählt, wurde die Zahl sehr schnell auf drei festgelegt. Sie schenken Gold, Weihrauch und Myrrhe – da klingt nur logisch, dass jeder König eine Gabe im Gepäck hatte.
Die Evangelien sind generell nicht als Geschichtsschreibung zu verstehen, sondern als Zeugnisse des Glaubens, als Mittel, um Andersgläubige zu bekehren. Die Magier oder Könige und ihre Geschenke sind Symbole. Quasi indirekt sagen sie etwas über die Sichtweise der frühen Christen auf Jesus aus. „Gold, Weihrauch und Myrrhe: Das sind Geschenke für einen Gott“, erklärt Irma Wehgartner. Die Würzburger Archäologin hat im Martin-von-Wagner-Museum im Südflügel der Residenz eine kleine Ausstellung zum Thema zusammengestellt (siehe „Im Blickpunkt“).
Gold, erklärt die Wissenschaftlerin, habe den Menschen in der Antike mehr bedeutet als heute. Der Mensch des 21. Jahrhunderts hat vor allem den Wert des Edelmetalls vor Augen. Die Alten verbanden auch nicht-materielle Werte mit dem schimmernden Element: „Es galt als Symbol für Ewigkeit und Unsterblichkeit“, sagt Irma Wehgartner. Gold sei nahezu unzerstörbar, es oxidiert nicht, es behält im Gegensatz zum Silber seine Farbe. Deshalb wurden auch Totenmasken ägyptischer Pharaonen aus Gold gefertigt – berühmtestes Beispiel ist die Maske des Tutanchamun. Der Pharao war Gott. Und er war unsterblich.
„Weihrauch“, so Wehgartner, Konservatorin des Museums, „war der Duft des Himmels und der Duft der Götter.“ Er war eines der begehrtesten Handelsprodukte der Antike und sehr wertvoll. 327 Gramm Weihrauch – das war bei den alten Römern ein Pfund – kostete zu Lebzeiten Jesu in Rom sechs Denare. Das entsprach zwei Wochenlöhnen eines Arbeiters. Es gab allerdings minderwertigeren Weihrauch, den sich auch der Bürger leisten konnte. Weihrauch wurde vor allem bei Opfern verbrannt, die Reichen nutzten ihn auch, um bei Gastmählern für angenehmen Duft zu sorgen.
Noch teurer als Weihrauch war Myrrhe, jedenfalls schreibt das der Historiker Plinius der Ältere (um 23 bis 79 nach Christus). Das Harz des Myrrhebaums wurde zum Räuchern und als Duftstoff verwendet. Myrrhe-Öl machte Salben wohlriechend. In der Medizin wurde Myrrhe als Wundheilmittel und Narkotikum eingesetzt.
Ein weiter Horizont an Bedeutungen öffnet sich bei der Erzählung um die Magier und ihre Gaben. In der Kirchengeschichte wurde die Vielzahl der Bedeutungen konkretisiert: Gold steht für den König, Weihrauch für den Sohn Gottes und Myrrhe für den Menschen.
In der christlichen Literatur wurden auch die Personen der Magier immer mehr konkretisiert: Seit dem 6. Jahrhundert heißen sie meist Caspar, Melchior und Balthasar, es existierten aber auch Namen wie Larvanand, Hormisdas und Gushnasaph. Im frühen 8. Jahrhundert entstand die Vorstellung, es handle sich bei dem Trio um einen Greis mit weißem Bart (Melchior), einen bartlosen Jüngling (Caspar) und einen Mann mit dunklem Vollbart (Balthasar). Im Mittelalter wurden die drei Könige als Symbole für die drei damals bekannten Erdteile gesehen. Der Mann mit dem dunklen Bart wurde zum Symbol für Afrika – und letztlich zum Mohren. Wobei immer wieder auch Caspar oder Melchior als Schwarze dargestellt wurden.
Ob es die drei Magier, deren Gebeine angeblich im Kölner Dom liegen, wirklich gegeben hat – es lässt sich nicht sagen. Es lässt sich nicht einmal mit historischer Gewissheit sagen, ob Jesus in Bethlehem geboren wurde. Die Geschichte von Gold, Weihrauch und Myrrhe und den geheimnisvollen Männern aus dem Osten ist aber die wunderbare Umsetzung einer Glaubens-Aussage: Dieses Kind ist kein Kind wie jedes andere. Es ist ein Gott.
Ausstellung im Würzburger Martin-von-Wagner-Museum
Das Würzburger Martin-von-Wagner-Museum zeigt eine kleine Sonderausstellung zum Thema „Gold, Weihrauch, Myrrhe“. Anhand von Ausstellungsstücken – Originalen aus den Beständen des Museums – und mithilfe von Schautafeln wird die Bedeutung der Gaben der biblischen Heiligen Drei Könige durch die Zeit beleuchtet. Das Universitäts-eigene Museum befindet sich im Südflügel der Residenz (Durchgang links neben der Hofkirche). Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag: 13.30–17 Uhr sowie an folgenden Sonn- und Feiertagen von 10–13.30 Uhr: 4., 6. und 18. Januar, 1. und 15. Februar. Am 31. Dezember und am 1. Januar ist das Museum geschlossen. Die Sonderausstellung dauert bis 15. Februar.