
Auf den ersten Blick sieht Jürgen Leppigs Haus in Marktheidenfeld wie ein ganz normaler Neubau aus. Erst auf den zweiten Blick zeigt sich: Da steckt einiges mehr drin. Und zwar hauptsächlich in einem kleinen Abstellraum im Keller. Dort steht eine Wärmepumpe, daneben eine Wohnungslüftung und ganz hinten in der Ecke eine Grauwasseranlage. Leppig hatte sich als Umweltbeiratsvorsitzender schon vor Jahren für die Förderung der Regenwassernutzung in Marktheidenfeld eingesetzt. Durch Zufall habe der Energieberater auf einem Kongress bemerkt: "Hei, da gibt es etwas, das noch einen draufsetzt: Grauwassernutzung."
In seinem neuen Haus hat er gleich so eine Grauwasseranlage eingebaut. Eingezogen ist er mit seiner Frau kurz vor dem ersten Corona-Lockdown. Das Gebäude ist für ihn gleichzeitig Wohnraum, Büro und Studienobjekt: "Für mich ist es auch Anspruch, zu lernen, was überflüssig ist", sagt der Energieberater und erklärt: "Ich berate immer nur das, was ich aus eigener Erfahrung kenne." Über seine Grauwasseranlage sagt er nach eineinhalb Jahren: "Ich kann es mit ruhigem Gewissen jedem empfehlen."
Wie funktioniert eine Grauwasseranlage?
Durch ein Rohr läuft das Abwasser aus den Duschen, den Handwaschbecken und der Badewanne in einen Tank. Schon befindet es sich im Inneren der Grauwasseranlage. Dort ist nicht viel zu sehen –aber tatsächlich ist hier eine Mini-Kläranlage versteckt. Zunächst wird das Wasser gefiltert: Schwebstoffe sowie Fette setzen sich ab, ein Filter befreit das Wasser von Haaren und anderen Feststoffen. Auch Viren und Bakterien werden laut Leppig von einer Biomembran gefiltert. Reinigen kann man die Anlage selbst; Leppig rät etwa einmal pro Jahr.

Zur Anlage gehört auch eine Belüftung. Alle halbe Stunde ziehe die Anlage Luft aus dem Raum in den Tank, erklärt Leppig. "Damit die Bakterien im Tank nicht kaputt gehen – dass das Wasser nicht umkippt." Extra zusetzen müsse man dafür nichts, die Bakterien bilden sich von selbst. Bis das Wasser geklärt sei, dauere es ein bisschen. Leppig weiß: Laut Hersteller seien danach 99 Prozent aller unerwünschten Inhaltsstoffe weg. Eine kleine Pumpe zieht zum Schluss das geklärte Wasser durch einen Filter.
Dann geht das Grauwasser in die Toilettenspülung und wird für den Garten genutzt – zum Waschen könnte man es auch benutzen, aber damit hat Leppig noch keine Erfahrung. "Das Wasser kommt ziemlich klar raus. Es riecht noch ein bisschen nach Haarshampoo, ganz leicht", sagt Leppig. Das störe ihn und seine Familie aber überhaupt nicht. Durch einen Notüberlauf kämen Grauwasser und Trinkwasser niemals zusammen.
Was sind Unterschiede zu Regenwasserzisternen?
Eine Regenwasserzisterne hat Leppig ebenfalls. Er erklärt, worin die Unterschiede liegen: "Bei einer Zisterne nutze ich das Regenwasser so wie es ist, ohne aufzubereiten", sagt Leppig. Grauwasser ist "durch Körperhygiene verschmutztes Wasser", das im Nachgang aufbereitet wird, also geklärt. Reicht das geklärte Grauwasser für die Toilettenspülung nicht aus, nutzt er zusätzlich Regenwasser. Die Anschaffungskosten seien bei Grauwasseranlage und Regenwasserzisterne ähnlich. Auch die Sauberkeit des Wassers sei seiner Meinung nach gleich.
Also: Grau- oder Regenwasseranlage? "Das können Sie sich aussuchen", findet Leppig. "Ich bin der Meinung, man sollte auf jeden Fall eines von beidem machen." Betrachtet werden müsse der Einzelfall: Im Mehrfamilienhaus mit kleiner Dachfläche und hohem Wasserverbrauch ergebe eine Grauwasseranlage mehr Sinn. Dort sei mehr Grauwasser als Regenwasser vorhanden – und das kontinuierlich. Im Einfamilienhaus seien die Unterschiede gering.
Lohnt sich die Investition?
"Zwischen 30 und 40 Prozent Einsparung von Trinkwasser, sagt der Hersteller", erläutert Leppig. Für seinen Haushalt habe er vorher 100 Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr gebraucht, jetzt seien es nur noch 36 Kubikmeter, der Rest stamme aus Grauwasseranlage und Zisterne. Eine Normgröße seien die Zahlen allerdings nicht und bei jedem Verbraucher anders. Für Leppig ist die Einsparung auf jeden Fall sinnvoll: "Warum? Ich sag es jetzt mal fränkisch: Wir müssen doch nicht unsere Fäkalien mit Trinkwasser wegspülen."
Allerdings kann nicht jeder ganz einfach und schnell eine solche Anlage in sein Haus integrieren. Nur bei einem Neubau oder einer grundlegenden Sanierung mache eine Grauwasseranlage Sinn. Allein wegen der getrennten Leitungen, die dafür nötig sind, erklärt Leppig. 4500 Euro koste eine Grauwasseranlage in etwa, plus Installationskosten.
In seinem Haushalt spare er mit Grauwasser circa 150 Euro im Jahr: "Da muss die Anlage lange in Betrieb sein, damit sich das rechnet. Sagen wir: Unter ökologischen Gesichtspunkten ist es eine ziemlich günstige Investition." Etwa um die geplante Fernwasserleitung kleiner bauen zu können und der Wasserknappheit entgegen zu wirken. "Wasser ist immer noch zu billig", findet Leppig im Hinblick auf die nachhaltige Nutzung.
Heizungsbauer, Architekten und Energieberater hätten laut Leppig das Thema Grauwassernutzung noch nicht auf dem Schirm. Deshalb sei es ihm wichtig, dass Hausbesitzer oder Bauherren davon erfahren. Die Technologie gibt es zwar schon länger, sie komme aber eher in größeren Gebäuden wie Altenheimen oder der Industrie zum Einsatz. "Da macht man sich Gedanken darüber, den hohen Trinkwasserverbrauch zu verringern. Nur im Einfamilienhaus ist es ein absolutes Randthema", so Leppig. Sein Ziel wäre eine staatliche Förderung solcher Anlagen: "Nicht immer nur CO2, weil Wasser wird zunehmend ein Thema."
Mich würde aber auch interessieren ob es sich für die Umwelt lohnt. Man spart zwar Wasser, aber für die Anlage werden ja auch viele Ressourcen verbraucht. So eine Anlage braucht ja zusätzlich viele Meter Leitungen, Behälter aus Metall/Kunststoff, Isolation, man braucht Umbauten-Raum zum aufstellen.
Wenn man das alles bedenkt, ist so eine Anlage dann noch sinnvoll?
Das ist keine Kritik, sondern Interesse.