"Nauf zum Kreuzberg" hieß es vergangene Woche für die Kreuzbruderschaft Karlstadt auf ihrer alljährlichen Wallfahrt. Zählt man die Tagespilger mit, kamen von Mariä Himmelfahrt am 15. August bis zum folgenden Sonntag, den 18. August, fast 200 Menschen zusammen, um gemeinsam zahlreiche Kilometer zu wandern, dabei regelmäßig zu beten und innezuhalten. Etwa 150 von ihnen legten innerhalb der vier Tage die gut 150 Kilometer lange Gesamtstrecke von der St. Andreas Kirche in Karlstadt zum Kreuzberg in der Rhön inklusive Rückweg zurück.
Für Wolfgang Netrval, Vorstand der Bruderschaft, war in diesem Jahr der Altersdurchschnitt in der Gruppe besonders erfreulich. "Wir haben uns verjüngt. Es waren auch Ministranten dabei, der eine war gerade zehn Jahre alt. Durch die vielen Erstpilger waren wir auch nicht weniger Leute als im Vorjahr", so Netrval.
Susanne Keller, Dritte Vorständin der Kreuzbruderschaft, war voll des Lobes für den begleitenden Pfarrer Michael Kühn. Er setzte mit "Ecce Homo" (Sehet den Menschen) nicht nur das diesjährige Motto der Reise, sondern zog daran orientiert auch einen roten Faden durch seine Ansprachen und das gesamte Auftreten im Laufe der Wallfahrt.
Regelmäßiger Austausch der Wallfahrenden untereinander
"Wir haben uns selbst dieses Jahr auch inhaltlich und liturgisch mit eingebracht, im Vorfeld Stimmen der Teilnehmenden gesammelt, die ich zusammengeschrieben und von den Leuten hab vortragen lassen", erklärt Keller. Im Fokus standen dabei Fragen wie: "Was macht den Leuten Angst?" oder "Was macht ihnen Hoffnung?" Keller: "Auf diese Weise konnten wir uns über die Dinge austauschen, die den Wallfahrer tatsächlich bewegen."
Die Wallfahrt wie gewohnt ab: Nach der frühmorgendlichen Pilgermesse und dem Auswallen um kurz nach 5 Uhr, ging es am Donnerstag mit musikalischer Begleitung von etwa 15 Gambacher Musikanten über Hundsbach und Hammelburg nach Oberthulba (Lkr. Bad Kissingen), wo der Großteil der Pilgernden privat bei Familien unterkommen konnte. "Ich bin dort seit 30 Jahren bei der gleichen Familie, habe meinen eigenen Schlüssel, und mein eigenes Zimmer", sagt Keller, die im Alter von 12 Jahren ihre erste Wallfahrt mit der Bruderschaft mitmachte.
Regenschauer pünktlich zum Rosenkranz
Die zweite Etappe führte nach jeweils einer Rast in Burkardroth (Lkr. Bad Kissingen) und Waldberg (Lkr. Rhön-Grabfeld) bis auf den Kreuzberg. Im dortigen Kloster sind inzwischen deutlich weniger Betten verfügbar als früher. "Um die Verteilung der Zimmer möglichst einfach zu regeln, haben wir ein neues Anmeldesystem auf unserer Internetseite platziert. So konnten wir die Pilgernden schnell auf ihre Zimmer verteilen und haben vor Ort Zeit gewonnen", erklärt Netrval.
Nach der Übernachtung auf dem Kreuzberg wurde die Wallfahrt über zwei weitere Tage auf dem identischen Rückweg fortgesetzt. Bis zum vierten Tag erlebte die Gruppe ausnahmslos Sonnenschein. An Tag vier gab es den ersten Schauer, erzählt Netrval – der nächste folgte im Lager Hammelburg.
Susanne Keller hat eine Vermutung, woher der plötzliche Niederschlag in Hammelburg kam: "Wir beten dort den schmerzhaften Rosenkranz für die Anliegen, die die Wallfahrer mitbringen. Wir hatten gerade mit dem Rosenkranz begonnen, da hat sich der Himmel über uns zusammengebraut", sagt sie. Pünktlich zum intensiven und 20 Minuten andauernden Gebet kam also auch eine intensive Wetterlage auf. Wolfgang Netrval merkt aber an, dass die Frische am vierten Tag nach dreieinhalb Tagen Sonne auch gutgetan habe. Er sei froh, dass es trotz der langen Strecke bis auf vereinzelte Erschöpfungserscheinungen keine größeren Verletzungen oder sonstige Notfälle gab.
Teilnehmerzahl erholt sich nach Corona
"Glück hatten wir auch mit den Tagen, an denen wir diesmal unterwegs waren", sagt er. An den Feiertag schloss sich ein Brückentag mit dem angrenzenden Wochenende an, was die Verkehrssituation auf der zu 90 Prozent geteerten Strecke erleichterte. "Die wenigen Leute, denen wir begegnet sind, haben aber auch positiv reagiert. Diese Aggressivität, die wir schonmal eine Zeit lang gespürt haben, habe ich dieses Jahr nicht wahrgenommen", ergänzt Keller.
Pilgerten im Jahr 2008 noch 450 und im Jahr 2018 noch 300 Menschen auf den Kreuzberg, waren es diesmal nur noch weniger als 200. Zur Reduzierung der Gruppe haben auch die Coronajahre beigetragen. "Es wurde von der Diözese damals verboten, zu wallen, weshalb wir viel einbüßen mussten. Seit 2022 ist die Tendenz aber wieder steigend" weiß Netrval. Die neuen, jungen Gesichter und eine übersichtlichere Gruppengröße schaffen seiner Ansicht nach eine sehr familiäre Atmosphäre.