
"In der letzten Sitzung des Arbeitskreises mussten wir uns schweren Herzens dazu durchringen: Wir können das Projekt Dorfladen leider nicht durchführen", verkündete Bürgermeister Volker Hemrich in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Hemrich gehört dem Arbeitskreis Dorfladen an und fungiert neben Wolfgang Künzl als Geschäftsführer der eigens gegründeten Unternehmergesellschaft. Hemrich berichtete, dass sich die anfallenden Kosten, um das Objekt im Gewerbegebiet Muttertal vom Lager in einen Laden umzubauen, aufgrund der Kostensteigerung der Gewerke inzwischen auf 100 000 Euro belaufen würden. Dazu kämen rund 30 000 Euro für die Ladeneinrichtung plus die Warenausstattung. Dies bedeute eine Deckungslücke von rund 50 000 Euro, bei der die Summe der Warenausstattung im Wert von etwa 45 000 Euro noch nicht beinhaltet ist.
Vor einem knappen Jahr hatte der seit rund zwei Jahren bestehende Arbeitskreis, dem aktuell neun Personen angehören, zahlreiche stille Gesellschafter mobilisiert. Diese hatten Einlagen in Höhe von 95 000 Euro zugesagt, welche die ursprünglich kalkulierte Summe von 85 000 Euro sogar übertraf. Dieser Betrag wäre nach den ersten Berechnungen des Businessplans von Volker Hahn, dem auf die Errichtung von Dorfläden spezialisierten Berater, nötig gewesen.
Höhere Kosten und weniger Förderung
Ursprünglich sei man davon ausgegangen, den Dorfladen an alter Stelle, also im Objekt des ehemaligen Lebensmittelladens von Carola Kasamas, zu betreiben. Dies zerschlug sich jedoch. Inzwischen wurde das Objekt im Muttertal ins Auge gefasst. Die vor zwei Jahren errechneten Umbaukosten sind nach Angaben Hemrichs mittlerweile deutlich gestiegen, wodurch sich die Deckungslücke von rund 50 000 Euro ergeben habe. "Wir sind von einer Förderung von 67 Prozent der Netto-Summe ausgegangen, die tatsächliche Förderung beträgt jetzt aber nur 40 Prozent", so Hemrich angesichts des inzwischen vorliegenden Bescheids.
Der Bürgermeister rechnete seinen Gemeinderäten vor, dass man ursprünglich von einem benötigten Umsatz von 47 424 Euro ausgegangen sei, inzwischen musste der Ansatz jedoch auf 62 600 Euro pro Monat angepasst werden. "Am Anfang stand die Summe von 85 000 Euro im Raum, wieso hat man jetzt das Doppelte an Kosten?", fragte Paul Nätscher aufgebracht nach. Hierauf erklärte der Bürgermeister, dass zum einen eine höhere Förderung suggeriert worden sei, zum anderen hätten die deutlich gestiegenen Baupreise das Projekt eingeholt.
Vertreter des Arbeitskreises wehrt sich gegen Vorwurf der Blauäugigkeit
Auf den Vorwurf Nätschers, die Vertreter des Arbeitskreises seien blauäugig gewesen, setzte sich Fabian Kuhn, ebenfalls Mitglied im Arbeitskreis, in der nun emotionalen Diskussion zur Wehr. "Blauäugig wäre es gewesen, wenn wir es durchgezogen hätten. Das war eine Entwicklung, die man anfangs nicht absehen konnte", betonte Kuhn und ergänzte, dass man das "beträchtliche Risiko nicht mit gutem Gewissen eingehen" könne. Denn bei einem späteren Scheitern wären nicht nur die gezahlten Einlagen der Gesellschafter weg gewesen, sondern es wären außerdem auch noch Kosten für den Rückbau der Immobilie angefallen.
Auch im Gespräch mit Vertretern des Arbeitskreises tags darauf wird deutlich, dass sich die ehrenamtlich Engagierten die Entscheidung, die einstimmig gefallen war, nicht leicht gemacht haben. Bis zum Schluss habe man gerechnet, doch schließlich habe sich herausgestellt, dass der Dorfladen so nicht wirtschaftlich zu betreiben gewesen wäre. Auch der glückliche Umstand, dass es im Ort noch einen Bäcker und Metzger gibt, bewirke weniger Umsatz für den Dorfladen.
Inzwischen wurden auch die stillen Gesellschafter mit einem Brief über die Entwicklung informiert. Demnach soll die Unternehmergesellschaft zunächst nicht aufgelöst werden, um bei positiven Veränderungen, sprich einer möglichen Immobilie, schnell reagieren zu können.