Der Landkreis Main-Spessart steckt in einer verzwickten Lage. Denn er wird in der touristischen Marketingarbeit zu circa einem Drittel dem Tourismusverband „Fränkisches Weinland“ und zu etwa zwei Dritteln dem „Spessart-Mainland“ zugeordnet. Kennzahlen zum Tourismus, die beide Verbände getrennt erheben, können deswegen nicht einfach auf den Landkreis insgesamt übertragen werden. In der Wirtschaftsausschusssitzung im Landratsamt Karlstadt fiel deswegen Ende Januar die Entscheidung, das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr (dwif) zu beauftragen, um den Tourismus im Landkreis näher zu untersuchen. Karlstadt hat die Ergebnisse einer ähnlichen Untersuchung ebenfalls vor kurzem vorgestellt.
Laut Institut haben 2017 rund 870 000 Menschen im Landkreis Main-Spessart übernachtet. Amtliche Statistiken gehen von etwa 500 000 Übernachtungen aus. Die Differenz ergebe sich, da das Institut auch Übernachtungen in Betrieben mit weniger als zehn Betten untersuche. Diese werden bei amtlichen Statistiken jedoch nicht erfasst. Ein großer Teil entfalle auf Camping-Touristen (39,8 Prozent). Mit 1,4 Prozent bilden Ferienwohnungen und -häuser das statistische Schlusslicht.
Sehr viele Tagestouristen
Doch ähnlich wie Karlstadt profitiere auch der Landkreis von einer ganz anderen Art von Touristen, die offizielle Statistiken ebenfalls nicht einberechnen würden – den Tagestouristen. 5,4 Millionen Tagesreisen gab es laut Institut im Jahr 2017 im Landkreis. Anlass für einen Tagesaufenthalt sind oftmals die Besichtigung von Sehenswürdigkeiten, der Besuch von Veranstaltungen oder lediglich ein Aufenthalt zum Shoppen oder Essen in der Stadt, wie dwif-Geschäftsführer Manfred Zeiner erklärte. „Leute fahren natürlich nur dorthin, wo auch etwas los ist“, sagte er.
Um diese Zahlen zu erheben, greift das Institut auf Marktdaten zurück, die es jährlich erhebt. Beispielsweise durch Interviews mit Deutschen zwischen 14 und 75 Jahren. Zusätzlich nutzt es weitere regionalspezifische und amtliche Daten, zum Beispiel zum Steueraufkommen und der Bevölkerungsstruktur.
Gastgewerbe profitiert am meisten
Und Touristen lassen in der Regel Geld in der Stadt – mit unterschiedlichen Tagesausgaben je Touristenart (siehe Grafik). Den Gesamtumsatz aus dem Tourismus schätzt das Institut auf 206,6 Millionen Euro. Rund zwei Drittel der Umsätze kommen aus den Taschen der Tagestouristen, so das Institut. Doch wer profitiert davon? Ein großer Teil fließe ins Gastgewerbe (91,3 Millionen Euro) und den Einzelhandel (81 Millionen Euro). Die restlichen 34,4 Millionen Euro kommen dem Dienstleistungsbereich zu Gute, rechnete das Institut aus. „Es gibt aber auch die heimlichen Profiteure“, erklärte Zeiner vom dwif. Dies seien Betriebe, die es anderen Betrieben erst möglich machen würden, vom Tourismus zu leben. Zum Beispiel Handwerker-Betriebe, die Hotels renovieren oder Brauereien, die Gaststätten mit Bier beliefern. „Oftmals die, die sagen würden, sie hätten mit dem Tourismus gar nichts zu tun“, fügte er hinzu.
Das Institut rechnete ebenfalls aus, was der Landkreis von diesem Umsatz hat. So blieben von den 206,6 Millionen Euro Gesamtumsatz etwa 93,2 Millionen Euro an touristischem Einkommensbeitrag übrig. Das bedeute, dass etwa 3410 Menschen im Landkreis ihr Haupteinkommen durch den Tourismus beziehen könnten.
Kritik: Keine Vergleichszahlen
Gerhard Kraft (Grüne) interessierte vor allem, wie der Landkreis auf Grundlage dieser Zahlen perspektivisch handeln sollte und welche Investitionen sinnvoll wären. Dazu könne er keine Angaben machen, da dies nicht Teil der Untersuchung gewesen sei, sagte Manfred Zeiner vom dwif.
Auch ein Vergleich mit Landkreisen sei nicht möglich, den Rudolf Hock (CSU) wünschenswert gefunden hätte. Die Zahlen gibt es laut dwif zwar, jedoch seien Schlussfolgerungen im Vergleich mit anderen Landkreisen mit Vorsicht zu genießen, da jeder Landkreis individuelle Angebote für Touristen habe. Die unterschiedlichen Strukturen würden einen Vergleich schwierig machen.