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OBERNDORF
Tag der Astronomie: Eine Sternwarte Marke Eigenbau
Jürgen Väth am Spiegelteleskop in seiner Privatsternwarte in Bischbrunn. Hier kann man die Faszination der Astronomie selbst erleben.
Foto: Ralf Thees | Jürgen Väth am Spiegelteleskop in seiner Privatsternwarte in Bischbrunn. Hier kann man die Faszination der Astronomie selbst erleben.
Ralf Thees, Redakteur, Main-Post, Redaktion Marktheidenfeld.
Ralf Thees
 |  aktualisiert: 27.04.2023 03:33 Uhr

Mit wenigen Handgriffen löst Jürgen Väth zwei Verriegelungen in der Holzhütte auf seiner Veranda und schiebt das gesamte Dach gut einen Meter nach hinten. Und voilà – aus dem augenscheinlichen Gartenhaus ist die Privatsternwarte Bischbrunn geworden, das Teleskop hat durch das Öffnen des Dachs freien Blick auf den Himmel über der Gemeinde im Landkreis Main-Spessart. Hier können Besucher unter anderem am 25. März, dem Tag der Astronomie, die Faszination der Himmelsbeobachtung erleben.

Väth selbst hat noch gar nicht so lange mit Astronomie zu tun. Der 55-jährige Familienvater und Vertriebsmitarbeiter neigt nicht dazu, beim Anblick des Himmels große philosophische oder wissenschaftliche Fragen zu stellen. Er geht die Himmelsbeobachtung sehr pragmatisch an – und teilt sein Wissen und seine technischen Möglichkeiten mit den vielen Besucher seiner selbst gebauten Privatsternwarte.

400 Jahre nach Galilei

Wohl seit Anbeginn richteten Menschen den Blick hoch zum Himmel über ihnen. Ohne genau zu verstehen, welche Gesetzmäßigkeiten dort herrschen, beobachteten sie den Lauf der Sterne und Planeten. Die Menschen erkannten gewisse Regelmäßigkeiten am Himmel. Sie ließen den Lauf der Gestirne in den Aufbau ihrer Siedlungen einfließen, wie Archäologen bei der Untersuchung der etwa 6700 Jahre alten Kreisgrabenanlage bei Hopferstadt (Lkr. Würzburg) feststellten. Im Jahr 1610 benutzte Galileo Galilei als einer der ersten Wissenschaftler ein Teleskop für die Beobachtung des Himmels und entdeckte – nur kurz vor dem fränkischen Astronomen Simon Marius – vier Monde, die den Planeten Jupiter umkreisten. Das war nicht nur der Beginn eines neuen Weltbilds, in dem nicht mehr die Erde im Mittelpunkt stand, sondern auch der Beginn der systematischen Untersuchung des Weltalls mit Teleskopen.

Jupiter mit den vier galileischen Monden, aufgenommen mit dem Spiegelteleskop der Privatsternwarte in Bischbrunn.
Foto: Jürgen Väth | Jupiter mit den vier galileischen Monden, aufgenommen mit dem Spiegelteleskop der Privatsternwarte in Bischbrunn.

Knapp 400 Jahre nach Galilei fing Jürgen Väth mit der Beobachtung der Sterne und Planeten an. Der heute 55-Jährige war vor etwa elf Jahren für längere Zeit beruflich in Schweden und seine Frau schenkte ihm ein Teleskop, damit er sich dort die Zeit vertreiben konnte. „Und so fing das Ganze an“, sagt Väth. Er begann sich in das Thema Himmelsbeobachtung einzulesen. Zurück in Deutschland wollte er mit seinem Hobby weitermachen. Doch dafür musste er das ziemlich große Teleskop immer nach draußen tragen und auf der Terrasse aufbauen. „Das war mir irgendwann zu mühsam“, erklärt Väth. Er suchte nach einer Lösung. „Und wenn ich etwas mache, dann auch richtig!“

Kuppel auf Schubkarrenreifen

Also begann er, für sich eine erste kleine Sternwarte mit drehbarer Kuppel zu bauen. Ganz alleine. „Ich habe die Pläne gemacht, habe selbst geschweißt und gehämmert“, erzählt der Hobby-Astronom. Mit relativ einfachen Mitteln – die Kuppel rollte auf Schubkarrenreifen in einer runden Metallschiene – hatte er nach mehreren Wochen Arbeit seine Sternwarte fertiggestellt. Gedacht war die eigentlich nur für ihn selbst. Doch schnell sprach sich herum, dass es im Bischbrunner Ortsteil Oberndorf einen Platz gibt, an dem man die Sterne anschauen kann.

Kindergartengruppen kamen zu Besuch, interessierte Sterngucker schauten vorbei. Mit der Zeit war die „Privatsternwarte Bischbrunn“ in der Region und darüber hinaus bekannt.

Hohe Erwartungen durch Weltraumteleskop

Die „Säulen der Schöpfung“, eine Struktur im etwa 6500 Lichtjahre entfernten Adlernebel, aufgenommen vom Hubble-Weltraumteleskop.
Foto: NASA, ESA Und The Hubble Heritage Team | Die „Säulen der Schöpfung“, eine Struktur im etwa 6500 Lichtjahre entfernten Adlernebel, aufgenommen vom Hubble-Weltraumteleskop.

Als Jürgen Väth mit der Himmelsbeobachtung begann, wurden die Menschen bereits seit etwa 15 Jahren mit hochauflösenden Bildern aus den Tiefen des Weltalls überschüttet. Das Hubble-Weltraumteleskop umkreist seit 1990 die Erde und lieferte seitdem mehrere hunderttausend Aufnahmen von Galaxien, Nebeln und anderen kosmischen Objekten. Wie kaum ein anderes wissenschaftliches Instrument prägte es damit auch unser Bild vom Universum.

Das führte allerdings auch zu falschen Erwartungen, was die astronomische Beobachtung auf der Erde angeht. „Manche Leute sind enttäuscht, wenn sie durch mein Teleskop blicken und keine riesengroßen Sterne oder Galaxien sehen können“, erzählt Väth. Er richtet das Spiegelteleskop geübt mit einer Fernsteuerung auf das Sternbild des Orion, das auch mit freiem Auge gut am Himmel über Bischbrunn zu sehen ist. Ein Blick durch das Okular zeigt: Die Sterne – abgesehen von der Sonne – bleiben auch im Teleskop nur winzig kleine Lichtpunkte, sie sind einfach viel zu weit entfernt.

Venus mit Hintergrundbeleuchtung

Anders ist das bei den Planeten. Wieder drückt Väth die Tasten der Fernsteuerung, die Elektromotoren des Instruments mit 25 Zentimetern Durchmesser und einer Brennweite von 2000 Millimetern summen und drehen das Teleskop auf einen Lichtpunkt knapp über dem Horizont: die Venus. Ruhig peilt Jürgen Väth mit einem LED-Sucher den auch als Abend- oder Morgenstern bezeichneten Erdnachbarn an, der im Okular nun als kleine Scheibe zu sehen ist. Besser gesagt: als ein Teil einer Scheibe. „Die Venus wird gerade nur von schräg hinten von der Sonne beleuchtet, darum ist ein Teil dunkel“, erklärt der Hobby-Astronom.

30 Veranstaltungen im Jahr

Die Privatsternwarte in Bischbrunn. Hier kann man die Faszination der Astronomie selbst erleben.
Foto: Jürgen Väth | Die Privatsternwarte in Bischbrunn. Hier kann man die Faszination der Astronomie selbst erleben.

Das Erklären nimmt mittlerweile einen großen Teil der Zeit in Anspruch, die der 55-Jährige in seiner Sternwarte verbringt. Vor drei Jahren hat er ein neues Gebäude für die Himmelsbeobachtung gebaut. In der an ein Gartenhaus erinnernden Holzhütte ist mehr Platz für größere Besuchergruppen. Dazu hat er in seiner Garage einen kleinen Schulungsraum für beispielsweise Astronomiekurse der vhs-Marktheidenfeld eingerichtet. „Etwa 30 Veranstaltungen finden hier im Jahr statt“, sagt Väth.

Das geht von kleinen Führungen mit nur zwei Besuchern bis zu großen Veranstaltungen wie dem „Türöffner-Tag“ der „Sendung mit der Maus“ oder eben dem Tag der Astronomie, an dem zwischen 100 und 200 Besucher zur Privatsternwarte nach Bischbrunn kommen.

Licht sammeln statt vergrößern

„Wenn ich mir nur Sterne am Bildschirm anschauen will, kann ich auch eine DVD reinschieben.“
Jürgen Väth, Hobby-Astronom

Bei diesen Führungen kann man auch selbst mit dem Teleskop arbeiten. Durch die Konstruktion des Instruments ist das Ausrichten im ersten Moment etwas ungewohnt, doch man gewöhnt sich relativ schnell daran, das man bei den Richtungen eher in Bögen als in Linien denken muss. Als Peilhilfe dient eine LED-Optik mit Kreisen, deren Helligkeit man verringern kann, um auch dunkle Objekte im Fadenkreuz noch erkennen zu können. Sehr leicht findet man natürlich den Mond, wobei man einen Augenblick braucht, um sich an die enorme Helligkeit zu gewöhnen, die man dabei im Okular wahrnimmt. „Man muss vor allem verstehen, dass ein Spiegelteleskop nicht zum Vergrößern gedacht ist, sondern zum Sammeln von Licht“, sagt Väth.

Selbst wenn man den Erdtrabanten oft mit bloßem Auge gesehen hat – im Teleskop entdeckt man ihn neu. Am Rand der Mondscheibe tauchen Kraterstrukturen auf, deutlich kann man Berge und Täler erkennen, die sich vom dunkeln Himmel abheben. Glücklich ist Jürgen Väth an diesem Abend aber nicht über den beinahe vollen Mond. „Der Himmel wird dadurch wahnsinnig hell, bei Vollmond kann man in diesem Bereich dann kaum Sterne beobachten.“

Im Sternenmeer

'Es ist voller Sterne' ... Die Aufnahme 'Hubble Extreme Deep Field' des Hubble-Weltraumteleskops aus dem Jahr 2012.
Foto: NASA; ESA; G. Illingworth, D. Magee, and P. Oesch, University of California, Santa Cruz; R. Bouwens, Leiden University; and the HUDF09 Team | "Es ist voller Sterne" ... Die Aufnahme "Hubble Extreme Deep Field" des Hubble-Weltraumteleskops aus dem Jahr 2012.

Wie gut so ein großes Spiegelteleskop Licht sammeln kann, demonstriert Väth, indem er das Instrument auf eine scheinbar sternenleere Stelle am dunklen Himmel richtet. Ein Blick durch das Okular lässt dort aber plötzlich viele Sterne erscheinen, die für das bloße Auge zu lichtschwach sind. Väth schließt nun an das Teleskop eine Spiegelreflexkamera an und lässt sie von dieser Stelle eine Aufnahme mit fünf Sekunden Belichtungszeit machen. Die Zahl der Sterne auf dem Bild hat nun noch mal zugenommen – wir befinden uns in einem Sternenmeer.

Mit dem Hubble-Weltraumteleskop wurde dieses Prinzip auf die Spitze getrieben. 1995 wurde das Instrument auf einen scheinbar sternenarmen und winzigen Bereich am Himmel ausgerichtet und das Bild bis zu 40 Stunden belichtet. Über 3000 Galaxien waren auf der sogenannten „Hubble Deep Field“-Aufnahme zu sehen. 2012 wurde mit dem „Hubble Ultra Deep Field“ so eine Aufnahme wiederholt, mit einer Gesamtbelichtungszeit von 11,3 Tagen und im gleichen Jahr als „Hubble Extreme Deep Field“ mit 50 Tagen Belichtungszeit.

Aufnahmen mit der Kamera macht Väth nicht allzu oft. Obwohl er sein Teleskops auch mit dem Bildschirm des Computers in der Sternwarte verbinden könnte, schaut er sich den Himmel lieber direkt durch das Okular an. „Wenn ich mir Sterne am Bildschirm anschauen wollte, könnte ich auch eine DVD mit Astronomiebildern reinschieben“, sagt er. Und ja – es ist schon etwas anderes, den Himmel direkt ohne digitale Hilfsmittel zu entdecken. Und dabei Objekte zu sehen, die man sonst überhaupt nicht sehen kann.

Unsichtbares sichtbar machen

Der Orionnebel, aufgenommen mit dem Spiegelteleskop der Privatsternwarte in Bischbrunn.
Foto: Jürgen Väth | Der Orionnebel, aufgenommen mit dem Spiegelteleskop der Privatsternwarte in Bischbrunn.

Väth deutet mit seinem Laserpointer auf das Sternbild Orion. Mit etwas Konzentration kann man mit bloßem Auge unterhalb der drei Sterne, die den Gürtel des Orion bilden, ganz schwach einen kleinen verwaschen Fleck sehen. Diesen lichtschwachen Punkt mit dem Teleskop anzupeilen, ist nicht einfach, mithilfe von Jürgen Väth taucht der optische Leckerbissen auf: der Orionnebel. Obwohl etwa 1350 Lichtjahre entfernt, ist die 24 Lichtjahre durchmessende kosmische Gaswolke, rötlich und bläulich leuchtend, gut zu erkennen. Solche Himmelsobjekte sind die Klassiker der Führungen, die Väth in der Sternwarte anbietet.

Verein Privatsternwarte Bischbrunn

Im Frühjahr 2014 gründete er mit acht anderen Mitglieder den Verein „Privatsternwarte Bischbrunn“. Der Verein legte auch einen gut sechs Kilometer langen Planetenwanderweg an, auf dem man maßstabsgerecht die Entfernungen zwischen den Planteten des Sonnensystems ablaufen kann. „Die Mitglieder, da sind auch einige Familienmitglieder dabei, helfen vor allem bei den größeren Veranstaltungen mit“, sagt Väth.

Als wissenschaftlicher Astronom sieht er sich nicht. „Da fehlt mir einfach die Zeit, mich näher mit zu beschäftigen.“ Er ist ein pragmatischer Beobachter des Himmels, auch wenn er nur noch wenig Zeit findet, sich nur für sich an sein Teleskop zu setzen. „Meine Familie unterstützt mich immer bei der Arbeit für die Sternwarte, aber irgendwann möchte ich auch Zeit für sie haben.“ Und so konzentriert er sich auf die Führungen und Workshops, die er – auch auf Anfrage – veranstaltet. Aber immer mit einem faszinierten Blick zum Himmel.

Mehr im Internet über


Wo man am 25. März noch von Franken und Umgebung aus ins Weltall blicken kann

Der Tag der Astronomie wird seit dem Jahr 2003 in Deutschland von der Vereinigung der Sternfreunde organisiert, das Datum wird in jedem Jahr neu festgelegt. Das Motto in diesem Jahr lautet „Sehenswertes an der Sonnenbahn“. In Unterfranken und der näheren Umgebung finden am 25. März folgende Veranstaltungen statt:

• Die Privatsternwarte Bischbrunn im Ortsteil Oberdorf, Grundstraße 7a, ist ab 15 Uhr geöffnet. Bis 21 Uhr wird es Führungen und Vorträge geben, bei gutem Wetter auch noch länger. Mehr Informationen unter www.privatsternwarte-bischbrunn.de

• In Würzburg ist die Volkssternwarte im Pausenhof der Johannes-Kepler-Schule in der Keesburg, Johannes-Kepler-Str., von 13 bis 16 Uhr und von 18 bis 22 Uhr geöffnet; www.sternwarte-wuerzburg.de

• In Kitzingen sind ab 15 Uhr Mitglieder des Forum Stellarum mit Teleskopen an der Alten Mainbrücke anzutreffen; www.forum-stellarum.de

• Der TSV Münnerstadt bietet ab 15 Uhr am Kleinfeldlein Sonnenbeobachtung mit einem H-Alpha-Teleskop an, ab 19 Uhr dann Himmelsbeobachtung und ein Vortrag.

• Der kunstSCHÄTZEverlag mit Winfried Berberich lädt bei gutem Wetter ab 16 Uhr in Gerchsheim oberhalb des Renzenbergweges zu einem Blick durch etwa zehn Teleskope in den Sternenhimmel ein.

• Die Johann-Kern-Sternwarte in Wertheim oberhalb des Ortsteils Reicholzheim ist nächsten Samstag von 15 bis 17 Uhr und von 19 bis 22 Uhr geöffnet; www.sternwarte-wertheim.de

• Die Hans-Nüchter-Sternwarte in Fulda, Domänenweg 2, ist von 18.30 bis 22 Uhr geöffnet. Bei schlechtem Wetter wird es einen Bild-Vortrag zum Motto des Astronomietags geben; www.hans-nuechter-sternwarte.de

• Die Nürnberger Astronomische Arbeitsgemeinschaft bietet bei gutem Wetter ab 20 Uhr Himmelsführungen in der Regiomontanus-Sternwarte in Nürnberg, Regiomontanusweg 1, an; www.sternwarte-nuernberg.de

Mehr zum Hubble-Weltraumteleskop:
 
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