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HOPFERSTADT/IPPESHEIM
Blick auf den Schwanberg zur Sonnenwende
Einblicke in die Vergangenheit: Das Archäologenteam in Hopferstadt auf der Grabungsfläche beziehungsweise dem Ackergelände, auf dem vor rund 6700 Jahren die bislang größte Kreisgrabenanlage Deutschlands stand. Von rechts: Grabungsleiter Markus Rehfeld, Forschungsleiter Professor Wolfram Schier (FU Berlin), Christina Michel, Dr. Kirsten Gebhard sowie drei Studenten, die an der mehrwöchigen Grabung teilnahmen.
Foto: Thomas Fritz | Einblicke in die Vergangenheit: Das Archäologenteam in Hopferstadt auf der Grabungsfläche beziehungsweise dem Ackergelände, auf dem vor rund 6700 Jahren die bislang größte Kreisgrabenanlage Deutschlands stand.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 05.10.2015 18:18 Uhr

Im September liefen in der Region gleichzeitig zwei universitäre archäologische Lehr- und Forschungsgrabungen. Die eine war in Hopferstadt, einem Ortsteil von Ochsenfurt (Lkr. Würzburg); die andere fand auf dem Bullenheimer Berg statt, dessen nördlicher Teil in Unterfranken auf dem Gebiet der Gemeinde Seinsheim (Lkr. Kitzingen), der südliche in Mittelfranken auf dem Gebiet von Ippesheim (Lkr. Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim) liegt. Nun sind beide Kampagnen zu Ende gegangen und haben neue Einblicke in die Vergangenheit eröffnet.

In Hopferstadt untersucht Grabungsleiter Markus Rehfeld mit Archäologiestudenten im Auftrag von Professor Wolfram Schier von der Freien Universität Berlin bereits seit einigen Jahren die größte Kreisgrabenanlage Deutschlands. Ein Magnetogramm, das Einblicke unter die Erdoberfläche ermöglicht, zeigt: Das etwa 6700 Jahre alte Rondell aus der mittleren Jungsteinzeit bestand aus zwei konzentrischen Gräben mit auffallend vielen Durchlässen sowie einem inneren Palisadengraben. Der Durchmesser des äußeren Rings betrug rund 150 Meter.

Das Phänomen Kreisgrabenanlage tauchte für etwa 200 bis 300 Jahre auf. Bislang sind etwa 120 Rondelle bekannt. Das Verbreitungsgebiet reicht von Westungarn bis nach Brandenburg. Neben der Anlage in Hopferstadt gab es in Franken noch eine weitere in Ippesheim am Fuße des Bullenheimer Bergs, die von Professor Schier bereits erforscht wurde. Zur bundesweit bekanntesten Anlage zählt Goseck in Sachsen-Anhalt. Sie gilt als Sonnenobservatorium.

Diese alleinige Funktion schließt Wolfram Schier für Hopferstadt und generell für Kreisgrabenanlagen aus. Sie sind seiner Meinung nach – und in aller Kürze zusammengefasst – „Orte, wo man Rituale begangen hat“. Zugleich hätten die Erbauer das Wissen über den Verlauf der Gestirne in den Raum, in Architektur, übersetzt, wohl mit dem Ziel die Zeit zu unterteilen. „Man hatte eine Idee, die man zu bestimmten Jahreszeiten inszenieren und dazu, falls vorhanden, landschaftliche Bezugspunkte herstellen wollte“, so die These des Wissenschaftlers.

Dazu passt die neueste Erkenntnis zu Hopferstadt: Von einer Grabenöffnung im Osten der Anlage gibt es nach Angaben der Archäologin Christina Michel „beim Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende eine direkte Peillinie zum Schwanberg“. Erstmals konnte diese Beziehung zwischen topografischen und astronomischen Sichtverbindungen von der Berliner Wissenschaftlerin für Hopferstadt nachgewiesen werden.

Rund 3500 Jahre nach dem Auftauchen und schnellen Verschwinden der Kreisgrabenanlagen in Mitteleuropa erlebte die bronzezeitliche Höhensiedlung auf dem Bullenheimer Berg ihren Höhepunkt. Professor Frank Falkenstein von der Universität Würzburg nennt als mögliche Vorbilder griechische Palastzentren der mykenischen Kultur des 14./13. Jahrhunderts vor Christus. Stammesgemeinschaften in hiesigen Gefilden erhielten vage Kenntnis davon und wollten sich vielleicht ähnlich repräsentative Machtzentren schaffen, so Falkenstein.

Sicher ist jedoch, dass es um 800 vor Christus in der späten Urnenfelderzeit zu einem plötzlichen Siedlungsabbruch gekommen ist – auf dem Bullenheimer Berg und auch bei anderen Höhensiedlungen im süddeutschen Raum. Als einen der Gründe vermutet Professor Falkenstein eine für diese Zeit nachgewiesene Klimaverschlechterung.

Seit 2010 setzt der Inhaber des Lehrstuhls für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie zusammen mit seiner Kollegin, Professor Heidi Peter-Röcher, die bereits in den 1980er Jahren begonnenen Forschungen auf dem Bergplateau fort. Die Grabungen finden unter Leitung von Privatdozent Markus Schußmann statt. Hierbei ist es gelungen, ein spätbronzezeitliches Wohnhaus auf einer künstlichen Terrassierung in vielen Details zu rekonstruieren. Ein Befestigungswall konnte als bronzezeitliche Bauruine entlarvt werden und ein in den Felsen eingeschlagener Fundamentgraben zeugt von einem mächtigen hölzernen Bauwerk.

Durch aktuelle Bohruntersuchungen ergaben sich auch Einblicke in jüngere Epochen des Bullenheimer Bergs. So wurde ein künstlich angelegter, rund 60 mal 30 Meter großer Teich näher untersucht. „Die Analysen der Sedimente in der verlandeten Viehtränke erlaubten es, die Landschaftsgeschichte des Bullenheimer Bergs über die vergangenen 2000 Jahre zu rekonstruieren“, so Falkenstein.

 
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