Wenn keine Abhilfe geschaffen wird, könnte es passieren, dass die Tafelläden in Main-Spessart bald keine neuen Bedürftigen mehr mit Lebensmitteln versorgen können. Dabei wächst der Bedarf stetig.
Wem es am Nötigsten, nämlich an Lebensmitteln, fehlt, der kann zu den Tafelläden kommen. Die Einrichtungen sind für diejenigen da, die am Existenzminimum leben. Sie versorgen sie mit gespendeten Lebensmitteln, die noch verzehrfähig sind.
In Main-Spessart gibt es in Karlstadt, Lohr, Marktheidenfeld und Gemünden Tafelläden. Die Zahl der Kundinnen und Kunden steigt rasant an. In alle Einrichtungen kommen seit dem Frühjahr etwa doppelt so viele Menschen, um Lebensmittel abzuholen. Unter ihnen sind viele Menschen, die vorher nahe des Existenzminiums lebten und sich jetzt aufgrund steigender Preise Lebensmittel nicht mehr leisten können. Der andere große Teil der Bedürftigen sind Geflüchtete aus der Ukraine.
Geflüchtete sind auf Unterstützung durch die Tafeln angewiesen
"Der Staat macht es sich sehr leicht", klagt Armin Stichel vom Bayerischen Roten Kreuz in Gemünden. Er leitet den dortigen Tafelladen. Michael Donath, Projektleiter der Tafel Lohr unter dem Dach der Diakonie, bemängelt, dass diejenigen Geflüchteten, die aus den Gemeinschaftsunterkünften in privat vermietete Wohnungen umziehen, auf sich alleine gestellt sind. Bis sie finanzielle Unterstützung bekommen, könne es eine Weile dauern.
Donath appelliert an das Landratsamt Main-Spessart, die Tafeln nicht alleine zu lassen, sondern bei der Ausgabe von Lebensmitteln an die Geflüchteten zu unterstützen. Die Kapazitäten der Tafeln würden jetzt schon ihre Grenzen erreichen.
Wird es einen Aufnahmestopp bei der Tafel in Gemünden geben?
In Gemünden befürchtet Armin Stichel, dass man einen Aufnahmestopp für neue Bedürftige verhängen müsse, sollte sich die Situation weiter zuspitzen. Das könnte auch auf die Tafel in Lohr zukommen. Doch Donath ist zuversichtlich: "Wir schaffen es noch ganz gut."
Während die Anzahl der Abholerinnen und Abholer immer mehr werden, nehmen die gespendeten Lebensmittel, die der Tafel in Gemünden zur Verfügung stehen, immer weiter ab. Gründe gibt es mehrere: Zum einen kalkulieren die Supermärkte genauer. Es bleibt weniger übrig. Manche Produkte, die kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum sind, werden günstiger verkauft statt gespendet. Zum anderen würden Privatspenden rapide abnehmen, so Stichel.
Privatspenden von Lebensmitteln
Die anderen Tafelläden im Landkreis bekommen ausreichend Waren zur Verfügung gestellt. Doch sie sind dankbar über jede weitere Sachspenden, fasst Carmen Wiesmann vom Vorstand der Marktheidenfelder Tafel zusammen. Die Lohrer Tafel hat dafür gesorgt, dass die Lager mit haltbaren Lebensmitteln gefüllt sind. "Die gespendete verderbliche Ware reicht nicht immer für den Bedarf der Bedürftigen", so Donath. Obst und Gemüse, Käse und Wurst müssten manchmal nachgekauft werden; Brot und Brötchen würden ausreichend gespendet werden. Toll findet er die Unterstützung durch die Bevölkerung. Viele Menschen würden Privatspenden abgeben.
"Es kommt selten vor, dass alle Waren ausgegeben werden, doch am Samstag war das der Fall", sagt Armin Stichel über Gemünden. Wer also kurz vor Schließung am Samstagnachmittag kommt, muss nehmen, was übrig ist. Das sorgte in jüngster Zeit immer mal wieder für Spannungen unter den Abholern.
Polizeieinsatz wegen Konflikten zwischen Bedürftigen
Vor einigen Wochen habe es auch in Marktheidenfeld Konflikte zwischen Geflüchteten aus der Ukraine und anderen Asylsuchenden gegeben, so Carmen Wiesmann. Einmal musste sogar eine Polizeistreife anrücken. Jetzt komme ein Dolmetscher zu den Ausgabeterminen, seitdem habe sich die Lage verbessert.
Bei der Tafel in Karlstadt wurde kürzlich ein zusätzlicher Ausgabetag nur für Ukrainerinnen und Ukrainer eingerichtet. Hierfür werden neue Helferinnen und Helfer benötigt. Auf einen öffentlichen Aufruf hin hätten sich vier Ehrenamtliche gemeldet, berichtet die stellvertretende Vorsitzende Ilse Krämer. Doch das seien zu wenige.
Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer gesucht
Das Problem ist bei allen Tafeln bekannt: Sie finden immer weniger Ehrenamtliche, die helfen möchten, Waren abzuholen, zu sortieren, Regale einzuräumen oder Lebensmittel auszugeben. Carmen Wiesmann von der Marktheidenfelder Tafel sagt, dass viele Helferinnen und Helfer im Rentenalter seien. "Die Menschen sind an ihren Belastungsgrenzen angekommen", beobachtet Donath.
Sie alle hoffen auf Entlastung, so dass die Arbeit auf mehr Schultern verteilt werden kann. "Bei uns ist man nur alle drei Wochen für ein paar Stunden im Einsatz", wirbt Stichel für die Tafel in Gemünden. In Marktheidenfeld, Lohr und Karlstadt arbeiten die Helferinnen und Helfer im Wechsel und können selbstständig planen, wie oft und wann sie sich bei der Tafel engagieren möchten.
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