Banksy ist sein großes Vorbild. Jamie Paul Scanlon aus Hausen, kurz JPS, nennt ihn gar seinen Lebensretter - weil ihn der britische Streetart-Künstler zu eigenen Graffiti inspiriert und ihm damit vor Jahren den Weg aus dem Drogensumpf gewiesen hat.
In seiner Heimatstadt Weston-super-Mare im Südwesten Englands hat JPS eine ganze Reihe von Graffiti hinterlassen. Sie sind so einfallsreich und gut gesprüht, dass sich er sich damit einen Namen gemacht hat. Mehr noch: Dort wurde sogar eine Stadtkarte aufgelegt, in der eine Route zu seinen Werken eingezeichnet ist.
Doch nun erfährt der 41-jährige Künstler, der vor zweieinhalb Jahren der Liebe wegen nach Hausen gezogen ist und im September seine Freundin Stefanie Höfling geheiratet hat, eine ganz besondere Würdigung: Als dieser Tage ein Krankenhaus in der Nachbarstadt Bristol abgerissen wurde, an dessen Mauer er ein Mädchen mit Tiger-Hund an der Leine gesprüht hatte, wurde dieses Graffito aus der Wand ausgeschnitten und gerettet. "Und das, obwohl bekannt war, dass es von mir stammt und nicht von Bansky", jubelt JPS auf seinem Facebook-Profil.
Der ominöse Banksy
Lange Zeit nämlich habe man angenommen, dies sei ein Werk jenes ominösen Banksy, der seinen bürgerlichen Namen und seine wahre Identität weitgehend geheim hält; jenes Banksy, der erst im Oktober 2018 für Aufsehen sorgte, als er sein Bild "Girl With Balloon" zur Hälfte in Streifen schredderte, unmittelbar nachdem es bei einer Sotheby's-Auktion in London für umgerechnet 1,18 Millionen Euro ersteigert worden war.
Stefanie Scanlon, die damals noch Höfling hieß, war dabei, als ihr jetziger Ehemann 2016 das Mädchen mit Tiger-Hund sprühte. Sie hatte seine künstlerische Karriere schon jahrelang verfolgt, als sie ihn erstmals in seiner Heimat besuchte. Ganz legal habe er die Wand des damals schon leer stehenden Gebäudes besprüht, erzählt die 30-Jährige.
Tags darauf dann die erste große Überraschung: Das Graffito war mit Holz zugestellt worden. Warum, das stellte sich wenig später heraus: Das frische Graffito wurde umgehend mit einer dicken Plexiglas-Platte vor Beschädigungen geschützt.
Säge-Aktion in England dokumentiert
Dieser Tage nun schickten Freunde aus England aktuelle Fotos an die Scanlons. Sie zeigen, dass inzwischen auch die Schutzplatte mit Schriftzügen anderer Sprüher verunstaltet wurde, wie das Mauerstück mit beiderseitigen Platten geklammert wurden, wie ein Arbeiter sich daran macht, es aus der Wand herauszuschneiden und wie ein Radlader das geklammerte Mauerstück abtransportiert.
Wer das veranlasst hat, wussten die Scanlons zunächst noch nicht. Auch nicht, wo das etwa einen Quadratmeter große Werk hingebracht wurde. "Ich hab keine Ahnung", schrieb Jamie Paul Scanlon, "aber es fühlt sich so an, als wäre ich in die Premier League aufgestiegen, wenn sie jetzt anfangen, Wände wegzuschaffen." - "Champions League", toppt ihn einer der rund 40 Fans, die seine Freude teilen und seinen Post auf Facebook kommentiert haben. Knapp 400 haben das Zeichen "Daumen hoch" geklickt als Zeichen der Anerkennung.
Mittlerweile wissen sie mehr: "Der Besitzer und der Architekt des Gebäudes, das da entstehen soll, fanden das Kunstwerk so gut, dass sie die Wand in das neue Gebäude integrieren wollen", gibt Stefanie Scanlon die jüngste Nachricht weiter.
JPS nutzt - wie sein Vorbild Banksy - Schablonen für seine Graffiti. Auch im Raum Lohr hat er schon seine Spuren hinterlassen: das kürzlich verunstaltete Schneewittchen mit den sieben Zwergen am Kaibach, einen Skater in Partenstein, diverse, nur Handteller-große Kunstwerke an Bäumen im Gemeindewald und die Kläranlage in Steinfeld. Er dürstet regelrecht nach freien Flächen, die er mit seinen kleinen oder auch überdimensionalen Darstellungen besprühen darf.