Zwei Frauen waren am 1. Juni auf dem Wanderweg K1 von Karlstadt nach Gambach unterwegs. Nach rund einem Kilometer Fußweg wurden sie von einem Knall überrascht und von Steinen, die in ihre Richtung flogen, erschreckt. "Die meisten wurden vom Buschwerk aufgehalten, aber einer landete rund eineinhalb Meter von meiner Frau entfernt", schreibt ihr Ehemann in einer E-Mail an die Redaktion. Der Mann schreibt von "Todesgefahr" und dass weder Warnsignale zu hören, noch Hinweisschilder zu sehen waren. Was sagen die Polizei, das Landratsamt, die Kommunen und das Betonwerk Benkert, das den Steinbruch betreibt, zu dem Vorfall?
"Der Steinbruch ist nach meiner Kenntnis nicht mehr in Betrieb", schreibt der Ehemann ebenfalls in seiner E-Mail. Damit liegt er falsch. "Dort finden regelmäßig Sprengungen statt", erklärt Sebastian Heun, Geschäftsleiter der Gemeinde Eußenheim. Das Gelände gehöre zum Teil zur Stadt Karlstadt, zum Teil zur Gemarkung Eußenheims. "Der Teil, in dem Sprengungen stattfinden, liegt in Eußenheim", so Heun.
Karlstadter Anwohner beschweren sich über Sprengungen
Da er selbst in der Nähe wohne, nehme er ab und zu "ein leichtes Rumpeln" wahr. Von einer Lärmbelästigung könne seiner Meinung nach nicht die Rede sein, da die Sprengungen tagsüber stattfänden. Näher dran wohnen einige Karlstadter. "Wir bekommen durchaus von Anwohnern zu hören, die sich über die Sprengungen beschweren", sagt Uli Heck, geschäftsleitender Beamter in Karlstadt. "Manche Bürger vermuten, dass die eingesetzten Sprengmittel über das genehmigte Maß hinausgehen." Die Stadt habe jedoch kaum Möglichkeit zur Einflussnahme.
Für Sprengungen im Steinbruch gibt es genaue Sicherheitsvorschriften, die eingehalten werden müssen, erklärt das Landratsamt Main-Spessart auf Nachfrage dieser Redaktion. Der "Sprengbereich", zu dem auch ein Teil des Wanderwegs K1 gehört, müsste zum Beispiel lückenlos mit Absperrposten gesichert sein. Nach Aussagen der beiden Spaziergängerinnen war er das nicht. Ebenso darf nur bei Tageslicht und bei guten Sichtverhältnissen gesprengt werden; Zufahrtswege zum Sprengbereich müssen mit Warntafeln gekennzeichnet werden. Die Tafeln müssen alle Informationen über Sprengzeiten, den Sprengbereich und die Bedeutung der Sprengsignale enthalten. Dass Steine über den abgesperrten Sicherheitsbereich hinausgeschleudert werden, muss mit Sicherheit ausgeschlossen sein, teilt das Landratsamt ausdrücklich mit.
Der Karlstadter Polizei und auch verschiedenen Anliegern rund um den Steinbruch sind keine weiteren Fälle bekannt, in denen Gestein auf den Wanderweg geflogen wäre. Die Anlieger kritisieren im Gespräch mit der Redaktion, dass im Steinbruch ohne jede Vorwarnung gesprengt werde. Dass der Wanderweg für Sprengungen gesperrt wird, ist den Anliegern nicht bekannt.
Das Baustoff-Unternehmen Benkert, das den Steinbruch betreibt, wollte zu den Vorwürfen gegenüber dieser Redaktion nicht Stellung nehmen.
Die beiden Spaziergängerinnen hat der plötzliche Steinschlag "ziemlich geschockt", wie sie in der Mail an die Redaktion schildern. Sie haben bei der Staatsanwaltschaft Würzburg Anzeige erstattet und den Vorfall auch dem Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von Unterfranken gemeldet. Dort laufen nun die Ermittlungen. "Berichte und Unterlagen" müssen noch abgewartet und ausgewertet werden, teilt Regierungssprecher Johannes Hardenacke auf Anfrage mit. Eine Einschätzung, ob die Sprengung fahrlässig war, möchte das Amt daher noch nicht abgeben.
Die Spaziergängerinnen bzw. der Ehehmann scheinen Auswärtige zu sein, wenn sie nicht mal wissen, daß dieser Steinbruch noch in Betrieb ist.
Und dann gleich bei der Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten und beim Gewerbeaufsichtsamt Meldung zu machen, paßt genau zum mittlerweile allgegenwärtigen Denunziantentum.
Wenn man etwas "abklären" will, geht das auch anders.