
Bei Ölmühle denkt man leicht an ein großes, steinernes Mühlrad. Das sei jedoch eher etwas für Oliven, so Christian Schmitt. Der 48-Jährige steht an der Ölmühle im Nebenraum seiner Garage in Retzstadt. Fünf Quadratmeter, weiße Fliesen, eine Vitrine für die fertigen Ölflaschen. Mehr braucht er nicht, um sein Öl in kleinen Mengen zu erzeugen.
Gerade schüttet er Leindottersamen in den Einfülltrichter der Schneckenpresse. "Die funktioniert nach dem Prinzip eines Fleischwolfs", erklärt er. Langsam beginnt das Öl zu fliesen, tropft durch ein Sieb in den Kanister. An der anderen Seite spuckt die Maschine die festen Bestandteile der Saaten, den Presskuchen, aus. Später wird Schmitt das Öl in Flaschen füllen und dann an Dorf- und Hofläden ausliefern.
Von der Idee zur eigenen Mühle
Dass er einmal Ölproduzent wird, war nicht geplant. Der gelernte Zerspanungsmechaniker, der heute als Vertriebler arbeitet, ist auch Landwirt im Nebenerwerb. Durch seinen ehemaligen Chef, der aus dem Mittelfränkischen stammt, kam er auf den Geschmack von Leindotteröl – dort ein gängiges Lebensmittel.
"Ich habe dann einen halben Hektar mit Leindotter bepflanzt", erzählt er. Eine Presse gab es im Bekanntenkreis; vom Raps zum Treibstoff für den Bulldog. Dort habe er das mit dem Leindotteröl dann ausprobiert. Nachdem er die ersten paar Chargen dort pressen lies, einigte man sich schnell, dass Schmitt die Ölmühle zu sich nach Hause holt, um weiter zu experimentieren.
Der Anbau – beim Hanf etwas komplizierter
Die Saaten baut er inzwischen auf rund sechs Hektar an. Für die Ernte reichen ihm die gängigen Erntemaschinen; außer beim Hanf. Durch die harten Stängel werde dabei ein besonderer Mähdrescher benötigt. Diese Arbeit übernimmt ein Bekannter mit seinem Gerät.
Beim Hanf, meint Schmitt, sei sowieso alles etwas komplizierter: "Den Anbau muss man zuerst genehmigen lassen", so der Retzstädter. Doch selbst dann kann es noch Probleme geben, wie er selbst erfuhr. "Die Lebensmittelkontrolle hat das Öl untersucht und zu viel THC gemessen." Und das, obwohl er die in Europa meist empfohlene Sorte Finola verwendet. Die Hanfkörner, erklärt Schmitt, enthielten selbst zwar kein THC, jedoch klebe der Blütenstaub der weiblichen Blüten an den Körnern. Die Substanz THC ist für die berauschende Wirkung von Cannabis verantwortlich.
Seitdem fährt Schmitt seine Hanfsamen vor dem Pressen nach Rheinland-Pfalz zum Bürsten. In einer speziellen Maschine wird der Blütenstaub mechanisch entfernt. Doch den Aufwand ist es ihm wert, denn das Öl sei gut und gefragt.

Von der Mühle in die Flasche
Fünf Sorten bietet er aktuell an. Er presst Samen von Sonnenblumen, Hanf, Leindotter, Schwarzkümmel und seit Kurzem auch Saflor. Die Färberdistel sei vor allem in der Blüte schön anzuschauen und bei Floristinnen und Floristen beliebt.
Das fertige Öl füllt Schmitt in seiner Küche in Flaschen ab. Auch diese sei durch die Lebensmittelkontrolle des Landratsamtes Main-Spessart abgenommen worden. Sind die Hürden nicht immens hoch, wenn man in den eigenen vier Wänden Lebensmittel produziert? Schmitt: "Ich war positiv überrascht." Die Hürden der Bürokratie für kleine Erzeugerinnen und Erzeugern seien zwar hoch, "doch man kann das stemmen."
Verwertung der Reste
Die Reste, den Presskuchen, wirft er nicht weg. Was als Nebenprodukt in Form von Pellets aus der Schneckenpresse kommt, wird gerne von Tierhalterinnen und -haltern als Futter genommen. Und manche Kundschaft esse die Pellets sogar selbst: zum Knabbern oder im Müsli.