
Senger Tierpuppen aus Obersinn sind eine Institution im gehobenen Spielwarenhandel. Sie wurden schon mit Preisen ausgezeichnet und in Museen ausgestellt. Aber halt, warum steht auf den Etiketten neuer Kuscheltiere von Senger nicht mehr Obersinn, sondern Mücke, ein Ort in Hessen? Sabine und Volker Senger, die 1985 mit den Tierfiguren angefangen haben, klären auf: 2017 haben sie die Marke an eine Firma mit Sitz in Mücke verkauft und die Fertigung in Obersinn eingestellt.
Sie hätten keine Mitarbeiter mehr gefunden, nicht im Sinngrund und auch sonst nicht. Jetzt sind beide 69, ohne Nachfolger und Mitarbeiter hätten sie irgendwann aufhören müssen. So aber geht es für sie und die Kuscheltiere weiter, denn nach wie vor stammen alle neuen Designs von den Sengers.
Die ganzen Näh- und Schneidemaschinen im ehemaligen Produktionsraum in Obersinn wirken verwaist, aber der Eindruck täuscht zumindest teilweise. Volker Senger braucht sie ab und zu noch. Nach wie vor stellt er an diesen Maschinen die Messeexemplare der neuen Kollektion, sechs bis zehn Entwürfe jährlich, selbst her.
Keine zusätzlichen Kapazitäten bei Senger für Manufactum
"Unser Problem war, wir hatten nur 14 Leute hier", sagt ihr Mann Volker. "Wir hatten allerdings sehr viele Aufträge, wir haben ja weltweit verkauft." Manufactum, ein Händler für hochwertige Manufakturprodukte, wollte jahrelang Senger Tierpuppen in sein Sortiment aufnehmen und habe jedes Jahr angefragt. "Wir mussten jedes Mal sagen: Nein, tut uns leid." Die hätten sich gewundert: "Jeder möchte zu Manufactum, warum Sie nicht?" Gewollt hätten sie schon, gekonnt aber nicht. Sonst hätten sie jahrzehntelang treue Kunden nicht mehr beliefern können.
Senger war immer am Limit. "Das war mit ein Grund, jemanden zu finden, der das genauso weitermacht wie bisher." Darüber, dass es geklappt hat, sind sie sehr froh. "Wir hatten zur Bedingung gemacht, dass alles so bleibt, wie es ist." So kämen sämtliche Materialien weiter aus Deutschland, wie zuvor sei alles bio, ihre Weberei in Oberfranken stelle weiterhin die Stoffe her.
Senger Naturwelt ist jetzt wie Käthe Kurse ein Teil von Toynamics Europe
Jetzt gehören die Senger-Produkte zu Toynamics Europe, das auch den Puppenhersteller Käthe Kruse kaufte, und firmieren unter Senger Naturwelt. Käthe Kruse habe eine Werkstatt mit 150 Angestellten, dort werden nun auch die Tierpuppen von Senger genäht. "Die konnten alle Bedürfnisse, die wir hatten, befriedigen." Nun gibt es die Senger-Tiere auch bei Manufactum.

Volker Senger ist in der kleinen Kleiderfabrik seiner Mutter aufgewachsen, hat auch eine Schneiderlehre gemacht und kurz eine Modefachschule besucht. Aber die Kleidungsproduktion wurde immer stärker nach Osten verlagert, erinnert er sich. "Ich wollte nichts mit Mode machen." Er ging nach Berlin, studierte Psychologie und lernte dort Sabine kennen, die damals eine Kinderbuchabteilung leitete. Sie ließ sich von Sengers Mutter, die die Fabrik schon geschlossen hatte, das Nähen beibringen.
Als die Sengers mit ersten Kollektionen anfingen, habe es kein aufrecht stehendes Tier gegeben, das angezogen war, außer Mecki von Steiff aus den 50ern. "Wir haben den Markt sozusagen angestoßen mit Tierpuppen in dem Sinne", sagt Volker Senger.
Los ging es bei Senger mit Tierpuppenfamilien
Anfangs machten sie hauptsächlich Tierpuppenfamilien. Die kamen auch bei Sammlern gut an. Aber dann hätten sie gemerkt, dass es immer weniger Puppensammler gibt. Deshalb stellten sie mehr auf Sachen für Babys und kleinere Kinder um. 1993 fingen sie mit Greiftieren für Babys aus farbig wachsender Biobaumwolle an. Durch Zufall waren sie in Kontakt mit einem Ethnologen gekommen, der wilde farbige Baumwollsorten entdeckt hatte. In Peru haben sie damit ein Ausbildungsprojekt unterstützt und in Mexiko ein Projekt für Frauen und Mädchen ins Leben gerufen, bei dem diese Stoffe verarbeitet wurden.
Die Senger-Tiere verkaufen sich weltweit, viele nach Japan, in die USA und nach Skandinavien. Deutschen seien die Bio-Sachen anfangs zu teuer gewesen, was sich erst nach und nach gegeben habe. An Kaufhäuser verkauften sie generell nicht, weil die Restbestände mit bis zu 50 Prozent verramschen würden, was ihren Stammhändlern das Geschäft vermiesen hätte können.
"Wir hatten fantastische Mitarbeiter hier", sagt Sabine Senger. Die älteste war 2017 aber schon über 70, habe schon in der Kleiderfabrik von Volker Sengers Mutter gearbeitet, die anderen waren etwa im Alter der Sengers. "Die haben sich auch ins Zeug gelegt, wenn mal Druck war." Früher hätten oft Kinder der Angestellten in der Firma Hausaufgaben gemacht.
Sigikid schaute, was Senger machte
Auf der Spielwarenmesse in Nürnberg habe ihm der Chef des viel größeren Kuscheltierherstellers Sigikid einmal gesagt: "Kompliment, Herr Senger!" Der habe sich mit Angestellten auf der Messe immer ihre neuen Tierpuppen angeschaut – und mitunter nachgemacht. Es ging so weit, dass die Sengers von Leuten zu hören bekamen, sie würden bei Sigikid klauen.
Auf der Spielwarenmesse dieses Jahr waren die Senger-Neuheiten etwa Schildkröten in verschiedenen Größen, Kissen in Tierform mit Zirbenholzspänen als Füllung und auch ein 1,10 Meter langer Wal. So große Tiere wurden in Obersinn nie gefertigt. "Jetzt können wir das machen, was uns Spaß macht: Design", sagt Sabine Senger.