Seit mehr als 390 Jahren feiert Lengfurt das Sebastiani-Fest, doch für vier junge Männer hat in diesem Jahr eine neue Zeitrechnung begonnen: David Völker (22) hat seinen Einstand bei den Trommlern, Jonas Greser (15), Moritz Otremba (16) und Michael Peter (25) sind neu in der Wachmannschaft. Das Fest geht in Lengfurt auf das Pestjahr 1632 zurück: Nach einer Fürbitte an den Heiligen Sebastian soll die Pest endlich vorübergegangen sein. Zum Dank gelobten die Lengfurter, jedes Jahr ein Fest für den Heiligen zu feiern. Der Ablauf des Festes ist seit dem 19. Jahrhundert festgelegt.
Bevor am Festsonntagmorgen irgendein "Kikeriki" im Ort zu hören ist, sind die vier jungen Leute schon wach. Die drei "Neuen" in der Wachmannschaft gehen zu Hause noch einmal das für ihren Dienst mehrfach Eingeübte im Kopf durch, der neue Trommler David Völker ist schon draußen aktiv. Er trifft sich um 6 Uhr mit seinen Kollegen und einem Trompeten-Quartett der Musikkapelle Lengfurt zur "Tagreveille" im Altort. Erstes Aufatmen: Es hat nicht – wie befürchtet – geschneit, die Straßen sind nicht rutschig.
Trommler wecken den Ort
Und: Der erste von 39 an diesem Tag abzufeuernden Böllerschüssen hat auch den Ort aufgeweckt (frz. réveiller). "Tagreveille" heißt auch die jetzt zu schlagende Trommel-Folge, wenn bei einem Gang durch den Ort Offiziere und Vorstandsmitglieder des Sebastiani–Vereins durch Trommelschläge und Fanfaren des Trompetenquartetts geweckt werden.
Es geht zügig weiter, denn für die gesamte Wehr ist kurz nach 8 Uhr erstes Antreten auf dem Marktplatz. Auch die drei neuen Mitglieder Moritz Otremba, Jonas Greser und Michael Peter sind ausgestattet: Schwarzer Gehrock, schwarze Hose, Hemd, Krawatte, Zylinder, dunkle Handschuhe und Schuhe, alles stimmt. Die Handhabung des Gewehrs ist genug geübt, alle Kommandos im Kopf, alle Bewegungen und das Marschieren sicher. Keine Zeit für Nervosität, die Vorfreude auf die Premiere in der Wehr überwiegt.
Die Alten wachen, die Jungen sammeln
Die Trommler haben sich jetzt in Kleinstgruppen auf die Gassen verteilt, wo sie mit zwei eigenen Trommel-Folgen die Meldung der Wehr durch Oberleutnant Thomas Baumann an Hauptmann Thomas Hahmann "einrahmen", bevor zur Pfarrkirche marschiert wird. Als kniffliger Teil des Marschierens gilt der Übergang von drei Sektionen auf zwei Reihen vor dem Einzug in die Kirche.
Die Aufnahme der neuen Mitglieder in die Wachmannschaft war kameradschaftlich herzlich, hilfreiche Tipps und gute Ratschläge gab es, falls nötig, auch. Dazu passt der Grundgedanke der Fest-Predigt von Pfarrer Matthias Wolpert, der satzungsgemäß Vorsitzender des Sebastiani-Vereins ist: Wichtig sei eine starke Gemeinschaft, wofür die Sebastiani-Wehr ganz im Sinne des Heiligen im Besonderen stehe.
Danach tritt die Wehr nach einem Marsch durch den Altort auf dem Marktplatz an, wo an der Dreifaltigkeitssäule die Fahne des Vereins vor der Statue des Heiligen angebracht und den ganzen Tag bewacht wird. Auf eine tragende Funktion als Wachdienst müssen die drei Neuen aber noch etwas warten, denn hier sind eher die Älteren der Wachmannschaft im Einsatz. Und die jungen? Sie gehen mit der Sammelbüchse von Haus zu Haus. Uniformen und Ausrüstungen müssen ja schließlich gut instandgehalten werden.
Erstes Sebastiani-Fest souverän gemeistert
Nach der Festandacht marschiert die Wehr zum Marktplatz zum traditionellen Fahnenschwenken. Fähnrich Rüdiger Schreck schwenkt zu "Über den Wellen" sieben Minuten die weißblaue Vereins-Fahne, die vier Neuen beobachteten dies mit Respekt. Mehrere Hundert Besucher säumen trotz Fröstel-Temperaturen den Marktplatz und applaudieren.
Beim Zapfenstreich am Samstag und Sonntag kam auch die vierte einzuübende Trommel-Sequenz, "Locke" genannt, zum Einsatz. "Alles souverän im Griff, das haben wir intensiv geübt", sagt David Völker. Und die drei "Neuen" der Wachmannschaft? Sie gehören nach dem Gelingen ihrer Sebastiani-Premiere und dem gemeinsamen internen Feiern im Wachlokal und am Festabend jetzt schon irgendwie zu den "Alten".