
Seit 20 Jahren engagiert sich das Friedrich-List-Gymnasium in Gemünden im Netzwerk "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage". "Es ist ein besonderes Jahr für die Schule", sagte Jürgen Endres auf einer gymnasialen Veranstaltung am vergangenen Montag. Er leitet die Schüler-AG "KRASS" – ausgeschrieben der "Klub Rassismus ablehnender Schülerschaft". Die Gruppe agiert aktiv gegen Fremdenhass und Unterdrückung von Mitmenschen und möchte zu mehr Zivilcourage ermutigen. Um diese Ziele verwirklichen zu können, veranstaltet die Gruppe jährlich Themenwochen, oft auch in Zusammenarbeit mit überregionalen und lokalen Institutionen.
Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe am vergangenen Montag versammelten sich manche der elften und zwölften Klassen des FLG zur Lesung des Buches "Stauffenberg. Mein Großvater war kein Attentäter", geschrieben von Sophie von Bechtolsheim. Stauffenberg? Sicher hat der ein oder andere seinen Namen schonmal im Kontext der deutschen Geschichte gehört. Er unternahm am 20. Juli 1944 gemeinsam mit Adjutanten Werner von Haeften den Versuch, Adolf Hitler im Führerhauptquartier "Wolfsschanze" mit einem Sprengsatz zu töten. Im Quartier befanden sich insgesamt 24 Personen. Hitler befand sich nach der Explosion des Sprengsatzes unter den 20 Überlebenden. Später wurden Stauffenberg und Mitwissende erschossen.
Bernd Rützel, der nicht nur für die SPD im Bundestag sitzt, sondern auch Vorsitzender des Schulvereins ist, lobte die Mitwirkenden des FLG und sprach ihnen gut zu: "Es genügt eben nicht, ein Schild aufzuhängen. Es erfordert auch Mut." Am FLG werden regelmäßig Klassenfahrten nach Osteuropa oder nach Berlin sowie Vorträge durch Referenten aus Wirtschaft, Politik oder von Hochschulen zu verschiedensten Themen angeboten. Die Schülerinnen und Schüler haben dadurch regelmäßig die Möglichkeit, sich für gesellschaftliche und politische Themen zu engagieren. Ohne dieses Engagement wäre sowohl das Jubiläum als auch bisher Geleistetes nicht zustande gekommen.

Was ist Widerstand und wann ist Widerstand gut?
Ungefähr 80 Schülerinnen und Schüler saßen im Klassenzimmer, manche von ihnen mit migrantischem Hintergrund. Sie alle lauschten der Lesung von Sophie von Bechtolsheim. Wie mit dem Inhalt der Erzählung umgegangen wird, weiß von Stauffenbergs Enkelin nicht. "Macht nicht den Fehler, den wir gemacht haben", zitiert sie ihre Großmutter. Das Gelesene scheint bei den Gymnasiasten einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Von Bechtolsheim erzählt auch von Kindheitserinnerungen. "Wie hättest du dich damals verhalten?", fragt sie, die Frage laut an sich selbst gerichtet. Die Stimmung im Klassenzimmer ist angespannt. Ab und an wird sie aufgelockert von der ein oder anderen Anekdote aus der Kindheit der Autorin. Ab welchem Alter kann man versuchen, sich in eine andere Perspektive hineinversetzen? Die Erfahrungen, die Sophie von Bechtolsheim schildert, sind für uns fremd. Anhand der Lesung kann aber versucht werden, ihre Bedeutung nachzuvollziehen.
Wie sie erzählt, gab es neben Stauffenberg zahlreiche weitere Personen, die in der NS-Zeit Widerstand geleistet und mit ihrem Leben bezahlt haben. "Demokratie braucht Demokraten", bezieht sich Bernd Rützel auf Friedrich Ebert und appelliert damit an den menschlichen Mut. Die KRASS-AG erhielt bereits im Jahr 2018 den Würzburger Friedenspreis für ihr Engagement.
Abgesehen von dieser Veranstaltung, hat das FLG drei weitere Programmpunkte auf dem Plan stehen, die für den 13., 18., und 20. März geplant sind. Bis zum 31. März kann zudem werktags die Ausstellung "Was konnten sie tun? Widerstand im Nationalsozialismus 1939-1945" auf dem Flur des FLG betrachtet werden.
