Es stand eigentlich nie zur Debatte, dass es kein Holzhaus wird. Warum auch, ist es doch der Baustoff, mit dem sich Axel Reichert seit Jahrzehnten beruflich beschäftigt. Er ist Förster. "Ich wollte auch ein wenig Werbung für Holz machen", gesteht er mit einem Schmunzeln. Was er und seine Frau Karin aber nicht sind und auch nicht waren, als sie vor über 20 Jahren ihr Haus gebaut haben: Architekten. Trotzdem haben sie ihr Haus weitestgehend im Alleingang entworfen, erzählen sie bei einem Kaffee auf ihrer Terrasse. Das Wissen über Holz war ja schon da, den Rest haben sie sich über Jahre angelesen. Ein Onkel habe alles nur noch in einen Bauplan zeichnen müssen, den sie auf der Gemeinde brauchten.
Dieses Haus hat nun einen Preis gewonnen: die grüne Hausnummer. Das ist eine Auszeichnung des Landkreises Main-Spessart (und vieler weiterer Landkreise) für besonders umwelt- und klimaschonendes Bauen und Wohnen. "Ein bisschen Lohn für unsere Arbeit ist es schon", sagt Axel über den Preis. "Wir hatten vorher auch einfach keine ordentliche Hausnummer", sagt Karin und lacht.
Jedes Detail hat seinen Grund
Schon beim Betreten des Hauses ist offensichtlich, wie viel Liebe zum Detail das Ehepaar Reichert hier hineingesteckt hat – all das gemischt mit einer gesunden Prise Pragmatik. Der Farbton der Fensterkreuze, neben den Rankgewächsen die einzigen Farbakzente an der Fassade, findet sich zum Beispiel in der Einrichtung wieder. Couch, Sitzkissen, Kaffeetasse. Hat die Farbe Blau eine Bedeutung für die beiden? "Eigentlich nicht. Grün und Rot haben uns einfach nicht so gut gefallen."
Die selbe Mischung spiegelt sich auch in der Konstruktion des Hauses wieder. Getragen wird es von gerade mal vier Holzsäulen, die vom Fundament bis zum Dach ragen. Die wenigsten Wände sind tragend, es gibt generell sehr wenige. Vor allem im Erdgeschoss, wo es einen großen Küchen-, Ess- und Wohnbereich gibt. In dessen Mitte führt eine Wendeltreppe in den 1. Stock, die sich um eine Heizung windet. Abgesehen davon, dass die Reicherts den Trend zu offenen Wohnräumen anscheinend schon zehn Jahre vor dem Mainstream entdeckt haben, sparen sie sich dadurch, viele kleine Räume einzeln heizen zu müssen. Dafür war es so lange die Kinder noch im Haus wohnten, nicht einfach einen Rückzugsraum zu finden, wenden sie selbst ein und lachen.
- Weitere Infos zu Vergabekriterien und Hintergründen: Landratsamt-Main-Spessart
Das Haus selbst hat einen quadratischen Grundriss. Auch hier folgt die Form der Funktion, denn: Je weniger Außenfläche, desto weniger Wärme kann durch die mit Hanf und Zellulose gedämmte Holzwand dringen. Für den Rest haben die Reicherts eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und einen Specksteinofen für die Gemütlichkeit.
Ach ja, die Wärme. Die kommt aus dem Nebengebäude, einer Mischung aus Garage, Werkstatt, Galerie und Heizungsraum. Die Reicherts füttern die Heizung ihres Holzhauses mit Holz – Solarenergie gibt es noch zusätzlich. Selbst im Winter reicht es da, einmal am Tag den Ofen anzuschüren. Ein Pufferspeicher speichert dann die Wärme, die über ein Wasserrohr in die Heizung im Haus gelangt. "Wir kommen mit zehn bis zwölf Ster im Jahr aus", sagt Axel.
"Ein Holzhaus ist nicht billiger als ein normales, aber auch nicht teurer"
Es gibt noch heute viele Häuslebauer, die vor einer so nachhaltigen Bauweise zurückschrecken.
"Ein Holzhaus ist nicht billiger als ein normales, aber auch nicht teurer", sagt Axel. Außerdem unterstütze man die heimische Wirtschaft und auch die Natur, wenn man mit Rohstoffen aus der direkten Umgebung arbeite.
"Das ist sehr unwahrscheinlich. Ein solches Haus brennt auch nicht schneller ab, als ein normales. Wasserschäden aber sind tatsächlich etwas gefährlicher."
"Wenn es gutes Holz ist, habe ich keine Bedenken. Dass ein Holzhaus langlebig sein kann, sieht man ja an den Fachwerkhäusern überall."
Die Reicherts haben sich in Schollbrunn ihr kleines persönliches Idyll geschaffen, weit weg von den immer gleichen Fertighäusern, die die Vorstädte über die vergangenen Jahre gekapert haben. In ihrem Garten halten sie Hühner, die Äste der Bäume müssen mit Latten gestützt werden, so viel Obst hängt inzwischen dran. Axel Reichert lacht: "Kirschen, Äpfel, Kartoffeln und ein bissl Wein. Wir haben alles, was man braucht."