"Ist die Welt noch zu retten?", fragt man sich manchmal angesichts dessen, was die Erde bedroht: Klimakatastrophe, brennende Regenwälder oder Ölkriege. Moraltheologe Michael Rosenberger hofft, dass auch in 100 Jahren noch Menschen auf der Erde leben. Hoffen heiße nicht, auf Gott zu vertrauen, dass dieser alles richte. "Das ist Faulheit", so Rosenberger. Besser sei maximales Engagement für den Schutz der Umwelt. Ob das Wirkung zeige, liege in Gottes Hand.
Rosenberger hielt auf Einladung der Ortsgruppe des Bund Naturschutz und der Katholischen Kirchengemeinde vor rund 120 Besuchern einen Vortrag im Marktheidenfelder Pfarrheim. Thema war die menschliche Verantwortung für die Schöpfung, ein Forschungsschwerpunkt des Referenten. Dieser stammt aus Kitzingen und war Anfang der 90er-Jahre Kaplan in Marktheidenfeld. Der 57-Jährige ist Professor an der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz und Umweltsprecher der dortigen Diözese.
Bedrohung für die Menschheit
In seinem Vortrag zeigte Rosenberger "planetarische Grenzen" auf, die mehreren Wissenschaftlern zufolge Bedrohungen für die Menschheit sein könnten. Er kam zu der Erkenntnis: "Es wird für uns unangenehm." Denn in den hoch entwickelten Ländern und in reichen Gesellschaften "leben wir zu verschwenderisch". Der Papst sieht die Religionen in der Pflicht, auf den Lebensstil der Menschen einzuwirken. Er appelliert an die Verantwortung des Einzelnen, insbesondere an die Macht der Konsumenten. "Wir dürfen nicht mehr wegsehen, sondern müssen unser Leben und unsere Gewohnheiten ändern", machte Rosenberger deutlich.
Man dürfe nicht dazu neigen, Politikern die Verantwortung zu überlassen. "Denn sie können nur über jene Spielräume verhandeln, die wir bereit sind, auszufüllen". Wir würden vergessen, heißt es sinngemäß in den Ausführungen aus dem Vatikan, dass wir selbst ein Teil von Gottes Schöpfung seien.
Engagement aus eigenen Stücken
Deshalb ist es notwendig, dass wir aus einem freien Bedürfnis heraus, umweltfreundlich leben. Dies könne gelingen, wenn die Gemeinschaft zusammenhalte und wenn wir uns gegenseitig helfen, nachhaltig zu agieren. Rosenberger schloss mit dem Gedanken: Wenn das Engagement für die Umwelt und das Klima aus einer inneren Gelassenheit heraus erwächst, dürfen wir Vertrauen in Gott haben, dass er die Welt rettet. Er zitierte einen Satz, der Martin Luther zugesprochen wird: "Und wenn ich wüsste, dass die Welt morgen untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen."
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Kritik erhielt der Moraltheologe von Manfred Müller aus Lengfurt. Er sagte: "Die Kirchen haben lange gebraucht, um zu dieser Ansicht zu kommen." Er sehe das Problem der Welt vor allem in der Überbevölkerung. Hierzu merkte Rosenberger an: "Wir gehören zu den 20 Prozent der Weltbevölkerung, die 80 Prozent der Ressourcen verbrauchen." Eine Überbevölkerung reguliere sich dort, wo der Wert der Bildung erkannt und umgesetzt werde.
Frieden und Umweltschutz untrennbar
Gerhard Lettmann, Neubürger in Marktheidenfeld, sagte, er habe in Rosenbergers Vortrag eine Priorisierung vermisst. "Der Umweltschutz ist nachrangig", findet er. Viel wichtiger sei Frieden auf der Welt. Dem widersprach der Referent vehement: "Man darf hier gar nicht priorisieren." Frieden und ökologischer Schutz seien seiner Ansicht nach untrennbar miteinander verbunden. Das eine gehe ohne das andere nicht.
Es fehle den Menschen an echten Gemeinschaftserlebnissen, sagte Peter Kautsch aus dem Raum Lohr. Mit ständigem Konsum würden wir versuchen, diesen Mangel zu kompensieren. "Ich wünsche mir, dass wir auch in den Kirchen wieder mehr Verzicht vorleben", so Michael Rosenberger.