
Mit ihrer markanten Architektur ist die Gemündener Dreifaltigkeitskirche in der Kolpingstraße ein Blickfang. Aber sie steht vor einer ungewissen Zukunft, und die dortige Pfarrgemeinde plagen mehrere Sorgen. Nach dem Weggang von Pfarrer Richard Englert nach Rechtenbach wird Gemünden keinen eigenen Pfarrer mehr bekommen, hieß es kürzlich von Verantwortlichen des Pastoralen Raumes Gemünden.
Obendrein steht die Dreifaltigkeitskirche ohne Mesner da, die langjährige Küsterin hat aus Altersgründen im August aufgehört. Die Kirchenverwaltung hat deshalb in einem Brandbrief alle Gemeindemitglieder angeschrieben, weil es um die Zukunft der Kirche gehe. Um die geht es tatsächlich, denn das Gebäude wird bei der derzeit laufenden Kirchenkategorisierung des Bistums wohl als Zweitkirche, "die mittelfristig profanisiert und somit einer anderen Nutzung zugeführt werden" soll, eingestuft.
Was soll mit dem Gebäude der Dreifaltigkeitskirche geschehen?
Dass seine Dreifaltigkeitskirche profanisiert werden könnte, kann sich Dieter Smietana (76 Jahre) überhaupt nicht vorstellen. "Was machen wir denn dann in dem Gebäude?" Smietana ist für die Finanzen der Kirchengemeinde verantwortlich, seit zehn Jahren in der Kirchenverwaltung und schon seit 26 Jahren für die Pfarrgemeinde tätig.
Laut Kirchenpfleger Christoph Fechner macht Smietana die Hauptarbeit. "Das ist die größte Kirche hier bei uns und die ist eigentlich wichtiger als Peter und Paul", sagt Smietana. Größere Veranstaltungen ließen sich in der Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul fast nicht durchführen, zumal die zweite Gemündener Pfarrgemeinde personell auch nicht so gut dastehe und auch weniger Gläubige habe. "Ohne uns kann Peter und Paul auch nicht existieren", glaubt Smietana.
Er könne sich nicht vorstellen, dass die Gläubigen der Kirchengemeinde Heiligste Dreifaltigkeit künftig in die Innenstadt-Kirche gehen. "Die, die da oben im Grautal wohnen, werden in die Klosterkirche gehen, die anderen gar nicht."
Dass Gemünden keinen eigenen Pfarrer mehr habe, sieht Smietana nicht als Hauptproblem. Auch nicht, dass die Kirche vom Bistum womöglich bald nicht mehr finanziell unterstützt wird. "Das machen sie sowieso jetzt schon nicht." In den vergangenen Jahren habe die Kirchenverwaltung etwa aus eigener Tasche die Beleuchtung neu gemacht und auf LED umgestellt. "Finanziell kommen wir über die Runden."
Kirchengemeinde Heiligste Dreifaltigkeit nimmt Geld durch Spenden und Vermietung ein
Durch Spendenaufrufe und das vermietete Pfarrhaus komme Geld in die Kasse der Kirchenverwaltung. So konnte im ebenfalls der Kirchenverwaltung gehörenden Kolpingheim, wo etwa die Caritas Flüchtlingsberatung anbietet, eine neue Heizung und in der Kirche selbst ein neuer Brenner eingebaut werden – "alles selber gezahlt".

Früher habe es viele Konzerte in der Dreifaltigkeitskirche gegeben, etwa mit Angelika Milster oder Bavarian Blues, sagt Smietana nostalgisch. "Und jetzt läuft halt nichts mehr, weil keine Helfer da sind." Ja, früher sei es eine tolle Kirchengemeinde gewesen. Das löse sich jetzt langsam auf. Corona habe auch geschadet und Leute ferngehalten. "Wenn Sie keine Helfer haben und keine Mesnerin, dann müssen Sie die Kirche mal zumachen, oder zumindest werden die Gottesdienste ausfallen", sagt Smietana resigniert.
Erna Schäfer war 13 Jahre lang Mesnerin. Auch weil sie mit dem Laufen Schwierigkeiten habe, hat sie jetzt mit 85 die Reißleine gezogen. Sich ganz zurückziehen will sie auch nicht, solange sie noch keine Nachfolgerin hat. Sie hilft weiterhin aus, die Gottesdienste vorzubereiten und für die Kirche zu sorgen. "Ich mach halt, was notwendig ist", sagt Schäfer.
Gottesdienste in der Dreifaltigkeitskirche konnten im September noch stattfinden
So konnten die Gottesdienste im September noch "ausnahmsweise" stattfinden, heißt es im Schreiben der Kirchenverwaltung. "Ich fände es so schade, wenn die Kirche mal zugemacht würde", sagt sie. Vor zehn Jahren hätten die Leute noch gedacht, dass die Heiligste Dreifaltigkeit die Zentralkirche für Gemünden würde, aber dann habe es geheißen, es gebe zu wenige Parkplätze.
Die umliegenden Schulen halten in der Kirche ihre Schulgottesdienste, erzählt sie. Sie glaubt nicht, dass die Schülerinnen und Schüler künftig hinunter zur Pfarrkirche laufen werden. In den vergangenen beiden Jahren seien in der Kirche zudem evangelische Jugendliche konfirmiert worden, weil sie genug Platz für Abstand biete.
Kirchegemeinde braucht engagierte Menschen
Kirchenpfleger Christoph Fechner, seit drei Jahren im Amt, sagt zu einer drohenden Schließung der Kirche durch das Bistum. "Ich verstehe das." Er sei dem Bischof nicht böse. "Unser größtes Problem ist nicht die Kategorisierung." Auch Geld sei da. Aber zuletzt habe alles an Dieter Smietana und der Mesnerin gehangen. Man sei leider "keine blühende Gemeinde" mehr. "Wir brauchen ein, zwei Leute, die dauerhaft mitarbeiten." Früher seien es mehr Menschen und weniger Bürokratie gewesen.
Was Fechner sich wünschen würde, ist Klarheit für die nächste Zeit. Die Dreifaltigkeitskirche wäre die erste Kirche, die im Bistum wegen der Kirchenkategorisierung schließen müsste. "Ich kann mir keine profanisierte Nutzung vorstellen", sagt auch er. Wenn es so weit komme, müsse Würzburg entscheiden, was mit dem Gebäude passiere, das könne die Kirchenverwaltung nicht. Er glaube schon, dass die Gläubigen der Kirchengemeinde bei einer Schließung in die Klosterkirche oder die Stadtpfarrkirche gingen.
Brandbrief der Kirchenverwaltung an die Gläubigen
Im Brandbrief der Kirchenverwaltung wird dazu aufgerufen, schnellstmöglich ein "Team Dreifaltigkeit" zu gründen. Dafür soll es am 5. Oktober ein Treffen im Kolpingheim geben. Laut Smietana braucht es 40- bis 60-Jährige, die sich engagieren. Das Amt der Mesnerin könne man vereinfachen, glaubt Erna Schäfer, nur einen Kirchenpfleger zu finden werde wohl schwieriger. "So ganz nebenher kann das keiner mehr machen."
Nach einem vorerst letzten Gottesdienst am 8. Oktober werden allerdings für mindestens sieben Wochen, bis zum 1. Advent, keine Gottesdienste mehr stattfinden, das steht laut Fechner bereits fest. "Wir wollen mal durchschnaufen." Wie es danach weitergehe, hänge davon ab, ob sich Helfer finden.
Für Erna Schäfer ist klar: "Zuschließen dürfen wir die Kirche nicht." Jeden Tage sehe sie Leute, die mal reinschauen. Das dürfe man ihnen nicht nehmen. Sie schätze besonders den offenen Blick vom Altar nach hinten.