
Er war der Mann hinter der Queen: Kurz vor seinem 100. Geburtstag starb Prinz Philip in Schloss Windsor. Wer sich mit seiner Biografie befasst, merkt schnell: Der Mann Queen Elizabeths war gerne und viel auf Reise. Dabei war er auch einige Mal im Spessart anzutreffen. Genauer gesagt auf der Karlshöhe bei Esselbach.

Jemand, der Details dieser Besuche erzählen kann, ist Alois Konstantin Fürst zu Löwenstein. Erst vor zwei Jahren habe er den Prinz in England besucht. Um seine Verbindung zu erklären, holt der 79-Jährige weiter aus. Der Kontakt zu Prinz Philip kam über dessen vier Schwestern, die allesamt deutsche Adelige geheiratet hatten. Den Kontakt zu den Schwestern knüpfte Alois Konstantins Mutter, eine Italienerin, Carolina dei Conti Rignon. 1935 heiratete sie Karl zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. "In Deutschland gründete sie dann einen Club, in dem auch die vier Schwestern von Prinz Philip waren", so Fürst zu Löwenstein.
Wildschwein-Jagd war für ihn spannend
"Ab 1958 kam der Prinz regelmäßig zu Besuch", erzählt der Fürst. Er nutzte die Gelegenheit, seine Schwestern zu treffen. 1960 kam die Idee auf, diese Besuche mit einer Jagd zu verbinden. Prinz Philip war sofort dabei. "In England kannte man keine Wildschwein-Jagden, insofern war das natürlich spannend", erzählt Fürst zu Löwenstein.
Fünf, sechs Mal kommt Prinz Philip in den 60er und 70er Jahren in den Spessart zur Jagd. Einquartiert ist er jedes Mal auf der Karlshöhe im fürstlichen Jagdschlösschen. Das auffällige Gebäude mit den Holzschindeln, das 1740 im Odenwald als Jagdhaus gebaut wurde, wurde rund 100 Jahre später dort abgebaut und eins zu eins auf der Karlshöhe wieder aufgebaut.

Wer hier Luxus vermutet, der irrt. Eingeheizt wurde mit einem alten Eisenofen, gewaschen wurde sich mit kaltem Wasser. Um dem Prinzen dennoch ein bisschen Luxus zu gönnen, entscheidet Vater Karl zu Löwenstein, ihm eine alte Kupferbadewanne mit Löwenköpfen verziert ins Zimmer zu stellen. So konnte der hohe Besuch nach der Jagd ein heißes Bad nehmen.
"Als wir Prinz Philip vor zwei Jahren im Buckingham Palast besucht haben, kamen wir auf die Badewanne zu sprechen und der Prinz hat erzählt, wie er damals ohne Kleidung in der Wanne sitzt, als eine Frau mit einer Kanne ins Zimmer kommt und sagt: Grüß Gott, Sie brauchen noch e weng heißes Wasser?"
Die Geschichte habe für viel Gelächter gesorgt. Vor allem wie Prinz Philip seine missliche Situation, peinlich berührt, beschrieb, ist Fürst zu Löwenstein noch im Gedächtnis. "Was hätte er denn auch tun sollen? Aufstehen und sich bedanken kam zumindest nicht in Frage", erzählt der Fürst. Dabei habe Prinz Philip sich durchaus auch auf Deutsch verständigen können. Auch mit den Förstern und Treibern auf der Jagd habe er immer ein paar Worte gewechselt.
Prinz Philip war ein sehr guter Schütze, treffsicher und vorsichtig
Fürst zu Löwenstein selbst, damals gerade volljährig, durfte manchmal mit ihm auf den Stand, um ihm hilfreich zur Seite zu stehen. Wie treffsicher war der Besuch aus England? "Der Prinz war ein sehr guter Schütze, sehr vorsichtig", erinnert sich der Fürst. Insgesamt empfand ihn der Fürst immer als unheimlich offen, freundlich und unkompliziert. "Für uns Jugendliche waren seine Besuche immer toll, der Prinz hatte immer eine lustige Anekdote oder einen Spruch parat." Aber er habe auch ein ernsthaftes Interesse an der deutschen Forstwirtschaft gehabt. Die Symbiose Forst und Jagd und alles, was mit der Natur zusammenhing, habe ihn beeindruckt.
So lebhaft der Fürst von den Aufenthalten Prinz Philips im Spessart erzählt – geht es um Bilder aus der Zeit, muss er passen. "Keine Berichterstattung!", so lautete damals die Ansage. "Es wurde immer Wert darauf gelegt, dass es sich um einen privaten Besuch handelte", so der Fürst. So bleibt es bei den Eintragungen des Prinzen und seiner Familienangehörigen im Gästebuch der Karlshöhe als bildliches Dokument seiner Anwesenheit.

Den Prinzen bedient: Lieselotte Leimeister aus Oberndorf half damals bei der Bewirtung
Allerdings konnte der hohe Besuch aus England in der Region nicht ganz so geheim ablaufen, wie es vielleicht gewünscht war. Denn neben den Förstern und Treibern, die bei der Jagd beteiligt waren, brauchte es auch ein großes Aufgebot an Helfern für die Versorgung und Bewirtung. So kam es, dass auch Lieselotte Leimeister aus Oberndorf den Prinzen zumindest aus der Entfernung mustern durfte. Die heute 83-Jährige half damals im Löwensteinschen Forst mit, setzte Fichten und schnitt Bäume aus.
Bei den Treibjagden, die zweimal im Jahr im Herbst und im Januar stattfanden, half sie die Unterkünfte vorzubereiten und bei der Zubereitung der Mahlzeiten. "Ich habe damals mit der Köchin auf der Karlshöhe gekocht", erinnert sie sich. Tagsüber gab es meist eine heiße Suppe für zwischendurch. Sei es Erbsensuppe oder eine heiße Fleischbrühe mit Semmelknödeln. Danach half Lieselotte Leimester beim Ausschank der Suppe.
"Für uns war die Prominenz aus England nichts besonderes", erzählt sie. Trotzdem habe man natürlich neugierig durch die Tür heraus gespitzt, wenn so jemand wie Prinz Philip dabei war. Ein schöner Nebeneffekt: "An den Tagen hat man immer gut verdient", erzählt die Oberndorferin. Dadurch, dass sie von sechs Uhr morgens meist bis 22 Uhr abends im Einsatz waren, gab es gleich zwei Tagesgehälter. Auch ein ehemaliger Förster, der mit Namen nicht genannt werden will, erinnert sich an die Jagden mit internationalem Besuch. Und an das Vergnügen der Kutscher, die Leute, die sonst mit Samthandschuhen angepackt wurden, auf ihren Transportfahrten auf den steinigen Wegen hoch in den Wald einmal kräftig durchzuschütteln.
Stimmungswandel der Briten beendete die Jagd-Besuche des Prinzen in Deutschland
Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre hörten die Adels-Besuche des britischen Königshauses im Spessart auf. "In England kippte die Stimmung gegen Deutschland und man nahm es Prinz Philip zunehmend übel, dass er sich hier mit seinen Schwestern zum Jagen traf", erinnert sich Fürst zu Löwenstein. Der Kontakt zwischen den Adelshäusern jedoch blieb und so kam es auch zum letzten Besuch des Fürsten vor zwei Jahren in England. Wie er den damals 97-Jährigen erlebte? "Der Prinz war frisch, aber man hat gemerkt, dass er den größten Teil seines Lebens hinter sich hatte", erinnert sich Fürst zu Löwenstein.

Wer auf seinen Spuren im Spessart wandeln will: Seine damalige Unterkunft, das Jagdschlösschen auf der Karlshöhe, gibt es immer noch. Luxuriöser ist es aber immer noch nicht. "Der Strom reicht noch nicht einmal für einen Fön", beschreibt Fürst zu Löwenstein. Doch sein Anliegen mit dem Haus ist ein anderes: Regelmäßig lädt er hier im Sommer Jugendgruppen ein, in der Abgeschiedenheit das Leben in und mit der Natur kennen und schätzen zu lernen.