Selbst Menschen, die schon länger in Gemünden leben, wussten bis vor wenigen Jahren nicht, welches Juwel sich hinter wucherndem Gras und Gestrüpp verbarg, das sich unmittelbar hinter den Häusern der Altstadt den Steilhang zur Scherenburg hinaufzog – ein Terrassengarten, wie man ihn vielleicht beim Schloss oder der Villa eines italienischen Adeligen der Renaissance oder des Barock vermutet, nicht aber hinter dem recht bescheidenen Haus eines Arztes in einer fränkischen Kleinstadt. Am Freitagabend übergab Bürgermeister Jürgen Lippert den umgestalteten und restaurierten Ronkarzgarten der Öffentlichkeit.
Dr. Leonhard Heinrich Ronkarz, Amtsarzt in Gemünden, erfüllte sich mit diesem Garten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Lebenstraum. Die Notwendigkeit, den hinter seinem Haus liegenden Steilhang, an dem zuvor Weinbau betrieben wurde, gegen drohende Erdrutsche abzusichern, mag ihm wohl den Entschluss zur Anlage des Gartens zwischen 1828 und 1845 erleichtert haben.
Garten verwilderte nach Ronkarz' Tod allmählich
Ronkarz starb 1852 und wurde auf dem Gemündener Friedhof begraben. Nach seinem Tod des Arztes blieb das Anwesen samt dem Garten zunächst im Besitz der Familie, ging aber dann in andere Hände über. Die hohen Kosten, die mit dem Unterhalt einer solchen Anlage verbunden sind, waren wohl der Grund, dass der Garten allmählich verwilderte. An den Stützmauern aus rotem Sandstein nagte der Zahn der Zeit, bis in den Jahren 2001 bis 2007 die Stadt Gemünden dieses einzigartige bauhistorische Denkmal dem Vergessen entriss und sanierte, erläuterte Bürgermeister Lippert.

In der Wanderausstellung "Gärten in Franken" des Bezirks Unterfranken die derzeit (noch bis zum 17. September) im Gemündener Kulturhaus zu sehen ist, bildet der Ronkarzgarten eines der sechs Hauptthemen. Das nahm die Stadt Gemünden zum Anlass , die Anlage neu zu gestalten und damit optisch für Einheimische und Besucher aufzuwerten.
Hilmar Keller erstellte Konzept kostenfrei
Ohne Engagement und viel ehrenamtliche Arbeit sowie Spenden wäre es der Stadt, die mit Geld nicht gesegnet ist, schwer gefallen, das Projekt finanziell zu schultern, sagte Lippert und dankte allen Beteiligten, darunter dem Kreisfachberater für Gartenbau und Landschaftspflege, Hilmar Keller. Dieser hatte mit großem Engagement und kostenfrei das Konzept für die Neugestaltung entworfen und stand dem städtischen Bauhof mit Rat und Tat zur Seite.
Den Pavillon auf der oberen Ebene, der künftig einen ansprechenden Rahmen für Veranstaltungen, etwa den jährlichen Empfang zur Premiere der Scherenburgfestspiele, bilden soll und zwei Sandstein-Tröge mit Oleanderbüschen stellte die Firma Dittmeier zur Verfügung, und der Obst- und der Gartenbauverein stiftete einen weiteren Pavillon auf der unteren Ebene. Seiner Bestimmung übergeben wurde auch ein "Insektenhotel", dazu als Hingucker eine riesige Biene aus Holz, die der Kettensägenkünstler Bernhard Försch gestaltet hatte.
Ronkarzgarten jetzt wieder ein Ort zum Träumen und Verweilen
Der Ronkarzgarten sei nun für alle Bürger und Besucher Gemündens wieder das, was er für seinen Erbauer war: ein Kunstwerk und ein Ort zum Träumen und Verweilen, sagte Lippert. Das fand auch Landrat Thomas Schiebel. Er sprach der Stadt Gemünden Anerkennung und Glückwünsche und allen Beteiligten seinen Dank aus. Diese Gartenanlage sei einzigartig in Unterfranken, stellte er fest. Kreisfachberater Hilmar Keller gab Erläuterungen zu seinen Plänen für die Gestaltung der Anlage und zu den verschiedenen Blumen und Pflanzen. Lotte Bayer, Vorsitzende des Historischen Vereins, schilderte den Lebenslauf von Dr. Ronkarz und die Geschichte des Terrassengartens. Sie sind auch auf Informationstafeln dokumentiert, die in der Gartenanlage stehen.
Musikalisch wurde die schlichte Feier zur Einweihung durch Sänger der Scherenburgfestspiele ausgestaltet. Ihre Lieder und die bunten Kostüme setzten einen zusätzlichen reizvollen Akzent.
Der Besuch des Ronkarzgartens lohnt sich auch deshalb, weil man von dort aus einen besonders schönen Bick auf die bizarre Dachlandschaft der Gemündener Altstadt und in die malerischen Gassen hat und nach oben zur benachbarten Scherenburgruine.