Das Staatliche Bauamt sieht für die Fertigstellung der Rienecker Umgehungsstraße nach wie vor keine andere Alternative, als die Staatsstraße zwischen Rieneck und Schaippach komplett zu sperren. Die Dauer der Sperrung soll allerdings von den ursprünglich ins Auge gefassten zwölf Wochen auf zehn Wochen verkürzt werden. Beginn ist am 6. Mai. Mitte Juli soll die Verbindung wieder offen sein.
Als offizielle Umgehung wird die Strecke zwischen Burgsinn, Fellen, Ruppertshütten und Langenprozelten ausgewiesen werden. Für die Einheimischen werden die Städte Rieneck und Gemünden allerdings ihre Forstwege als Schlupflöcher öffnen. Polizei, Rettungsdienste und der öffentliche Personennahverkehr dürfen über Hohenroth fahren. Dafür wird die Privatstraße der SOS-Dorfgemeinschaft von Schaippach nach Hohenroth ausgebaut.
Talseitige Umleitung zu teuer
Nur 55 000 Euro müssen dafür laut Bauamt aufgewendet werden. Demgegenüber würde eine talseitige Umfahrung der Baustelle Kosten von mindestens 1,3 Millionen Euro erfordern und die Fertigstellung der Umgehung ein Jahr verzögern. Darüber informierte Stefan Lehner, der am Staatlichen Bauamt Würzburg für den Bereich Straßenbau verantwortlich ist, in einer Pressekonferenz im Sitzungssaal des Rienecker Rathauses.
Die 1,3 Millionen Euro errechnen sich, wenn die vom Bauamt kalkulierten Kosten für die Herstellung der einspurigen Umfahrung (685 000 Euro), ihre Beseitigung (170 000 Euro) und die dafür notwendige Bewegung von Erdmassen (470 000 Euro) zusammengezählt werden. Eine solche Lösung ist für Lehner "haushaltsrechtlich nicht vertretbar".
Das Wasserwirtschaftsamt könnte mit einer solchen Variante leben. Es müssten aber die Anforderungen für eine Baustelle im Wassserschutzgebiet eingehalten sein, wenn auch in abgemilderter Form, so Lehner. Alles Wasser, das anfällt, müsse gesammelt und abgeleitet werden, damit im Fall eines Unfalls Öl aufgefangen werden würde. Dafür reiche ein einfaches Asphaltband nicht, so Lehner. Abdichtung, Wasserabführung und Betonschutzwände zu beiden Seiten der Straßen wären erforderlich.
Vollsperrung wäre trotzdem erforderlich
Die vom Bauamt durchgespielte Variante einer talseitigen Umfahrung würde trotzdem nicht ohne Vollsperrung auskommen. Die betrüge allerdings nur vier Wochen. Auf der einspurigen Umfahrung wären jedoch fünf Monate Ampelverkehr notwendig.
Die vom Rienecker Stadtrat Peter Elzenbeck gemachten Vorschläge ließen sich nicht verwirklichen, so Lehner. Die bereits fertiggestellte Böschung der Umgehungsstraße reicht so nah an die Bahngleise heran und ist so steil, "dass keine Reserve bleibt", um dort eine Abfahrt auf den Weg neben die Gleise anzulegen. "So ist der Damm nicht konstruiert." Baue man steiler, müsste der Hang aufwändig befestigt werden, was noch teurer würde.
Den Weg nach Hohenroth müsste man bei einer talseitigen Umfahrung trotzdem ausbauen, so Lehner außerdem. "Die Polizei kann nicht vier Minuten an der Ampel warten." So lange würde eine Rotphase dauern.
Drei weitere Varianten hat das Bauamt untersucht. Der Radweg im Sinntal und der geschotterte Betriebsweg der Bahn parallel zu den Gleisen der Bahnlinie Gemünden-Fulda schieden als Umgehung aus, weil sie in unmittelbarer Nähe des Trinkwasserbrunnens "Obere Au" der Stadt Gemünden vorbeiführen und vom Wasserwirtschaftsamt abgelehnt würden. Eine Umfahrung oberhalb der Baustelle würde Grunderwerb erfordern. Dann müssten noch größere Erdmassen bewegt werden, als bei den jetzigen Plänen. Aufgrund des steilen Geländes wäre außerdem eine aufwändige Hangsicherung erforderlich.
Für die in Rieneck geplanten Feste des Musikvereins und des Sportvereins, die in die Zeit der Sperrung fallen, sicherte Lehner Gesprächsbereitschaft zu. So wäre es denkbar, Parkplätze in Gemünden zu nutzen und Pendelbusse einzusetzen.
Stimmen zur Entscheidung des Bauamts
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel zeigte sich enttäuscht vom Ergebnis, zu dem das Staatliche Bauamt bei der Prüfung der Varianten für die Fertigstellung der Rienecker Umgehung kam. Er hatte sich persönlich in Gesprächen mit dem Wasserwirtschaftsamt für eine pragmatische Lösung eingesetzt. „Wenn die Umgehung erst 2020 fertig würde, wäre es aber noch schlechter“, sagte er.
Der CSU-Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab warb um Verständnis für die Entscheidung der Behörden, auch wenn das Gesamtpaket nicht 100-prozentig zufriedenstellend sei. Wenn der Umweltminister herginge und eine talseitige Umfahrung der Baustelle ohne große Auflagen auf seine Kappe nähme, würde das Wasserwirtschaftsamt mitspielen. „Was aber, wenn etwas passiert?“ Deswegen setze „kein Mensch seine Unterschrift darunter“, so Schwab.
"Das versteht die Bevölkerung nicht"
Genau das erschließe sich nicht, sagte der Rienecker Stadtrat Peter Elzenbeck. Die Staatsstraße erfülle diese strengen Anforderungen an die Sicherung des Wasserschutzgebietes derzeit schließlich auch nicht. Ein Provisorium für wenige Wochen Bauzeit aber müsste das. „Das versteht die Bevölkerung nicht“, sagte auch Stadtrat Christoph Münch.
Der stellvertretende Rienecker Bürgermeister Hubert Nickel kritisierte, dass das Staatliche Bauamt nicht früher über seine Planungen informiert habe. Hätte man das auf dem Schirm gehabt, hätte der Musikverein über den Termin des Jubiläumsfestes nochmal nachgedacht, bestätigte Stadtrat Armin Walter, Festausschuss-Vorsitzender des Musikvereins.
Auf Begeisterung werde es in Schaippach vermutlich nicht stoßen, wenn Autos durchs Dorf rollen, deren Fahrer die Forstwege als Umgehung nutzen, ist dem Gemündener Bürgermeister Jürgen Lippert klar. Er will die Bevölkerung des Stadtteils deswegen in Kürze in einer Bürgerversammlung informieren und an ihr Verständnis appellieren.
„Das ist eine massive Beeinträchtigung“, sagte der Rienecker Bürgermeister Wolfgang Küber über die Sperrung. Sie „kostet Zeit und Geld“. Er hofft deswegen, dass die Bauzeit von zehn Wochen eingehalten werden kann und dass am 13. Juli „nach der Wurzelbehandlung alle schmerzfrei sind“.