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Homburg
Perlen aus dem Musikschatz des Schönborn-Hofs: Hamburger Cellist in Homburg zu Gast
Ein besonderes Erleben fränkischer Musikgeschichte boten Cellist Gerhart Darmstadt und Hausherr Michael Günther am Cembalo im Homburger Schloss.
Foto: Martin Harth | Ein besonderes Erleben fränkischer Musikgeschichte boten Cellist Gerhart Darmstadt und Hausherr Michael Günther am Cembalo im Homburger Schloss.
Martin Harth
Martin Harth
 |  aktualisiert: 29.01.2023 03:06 Uhr

Mit dem Konzert "Barocke Musik aus der Umgebung derer von Schönborn" begann im Homburg ein 25. Jubiläum. Seit 1998 lädt der Pianist und Musikwissenschaftler Michael Günther nach Triefenstein zu kammermusikalischen Ereignissen der historischen Aufführungspraxis in den Stucksaal des Gebsattelschlosses ein. Dabei stehen meist unterfränkische Musikgeschichte und seine einmalige Sammlung historischer Tasteninstrumente im Mittelpunkt.

So auch dieses Mal, als der Hamburger Cellist Gerhart Darmstadt zu Gast war. Gemeinsam führten die beiden Musiker in eine besondere Epoche der fränkischen Musik ein, die sich um die Familie der Würzburger Schönborn-Fürstbischöfe im 18. Jahrhundert rankt. Diese war zunächst aus dem Rheinland kommend nach 1650 in Schloss Weiler bei Bessenbach-Gaibach ansässig geworden und sollte im damaligen Machtgefüge bald eine gewichtige Rolle spielen.

Rudolf Franz Erwein von Schönborn (1677-1754) war ein bedeutender Diplomat mit ausgeprägter Leidenschaft für die Musik. Er spielte Cello, besaß eine bedeutende Sammlung zeitgenössischer Musikalien und Instrumente, die am Sitz seiner Herrschaft in Wiesentheid beheimatet war, später zeitweise aber auch zum Teil auf Schloss Weiler verwahrt wurde. Einige Perlen aus diesem fränkischen Musikschatz präsentierten Günther und Darmstadt auf einem zeitgenössischen Cembalo, einem Hammerklavier (Pantaleon) und einem fünfsaitigen Barock-Cello.

Lebhafter und fröhlicher Auftakt

Lebhaft und fröhlich gelang der Auftakt der beiden sonntäglichen Konzerte mit der Sonata Terza A-Dur aus dem Jahr 1725 des Würzburger Hofmusikers Giovanni Benedetto Platti (1697-1763). Am Hof des badischen Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden, den Zeitgenossen wegen seiner in den Osmanenkriegen erbeuteten Schätze als "Türkenlouis" bezeichneten, war der Komponist Johann Caspar Ferdinand Fischer (1656-1746) tätig. Michael Günther stellte am Cembalo virtuos den geschwinden Tanz der Musen mit der Passacaglia d-Moll aus dessen Suite "Urania" vor.

Mit musikalischen wie biographischen Rätseln ist eine wohl um 1730 in Rom entstandene Sonata A-Dur des Komponisten Vittorio Durante verbunden. Über dessen Leben ist wenig bekannt, aber Gerhart Darmstadt verstand es zur Cembalo-Begleitung auf dem Cello den modern wirkenden, eigentümlichen Stil des Werks aus der Schönborn-Sammlung hervorzuheben. Nach langer Vergessenheit erfuhr das umfangreiche Schaffen des venezianischen Meisters Antonio Vivaldi (1678-1741) seine verdiente Renaissance. Rudolf Franz Erwein von Schönborn hatte unter anderem eine Sonata g-Moll für Cello und Basso Continuo bei ihm für seine Sammlung erworben, die als "Rede in Tönen", wie Gerhart Darmstadt anmerkte, von bewegender Tragik gekennzeichnet war.

An das einst offenbar reformfreudige Benediktiner-Kloster Neustadt, das nun in unseren Tagen von den letzten Dominikanerinnen verlassen wird, führte Michel Günther mit einem Presto-Satz aus der sehr weltlich anmutenden Sonata F-Dur des Klostermusikers Peregrin Pögl (1711-1788). Auf einem frühen Pantaleon konnte er einfühlsam einen Eindruck neuer musikalischer Empfindsamkeit der Rokoko-Epoche nach den Grundsätzen Einfachheit, Natürlichkeit und Herzensbildung vermitteln.

Nur selten werden die galanten Werke Leffloths aufgeführt

Am Ende wurde der Schönborn-Hof schließlich verlassen. Mit erstaunlicher Dynamik am Hammerklavier und am Cello wandten sich Darmstadt und Günther einer Sonata C-Dur von Johann Matthäus Leffloth zu, der mit nur 26 Jahren 1731 in Nürnberg früh verstarb, noch bevor er dem Ruf nach Russland als Kapellmeister folgen konnte. Nur selten kommen seine galanten Werke zur Aufführung, die eine freundliche, fast naive musikalische Unterhaltung zu bieten verstehen.

Mit großem Applaus endeten die beiden Homburger Schlosskonzerte und ließen bei den aufmerksamen wie begeisterten Gästen den Wunsch nach weiteren, außergewöhnlichen Kammermusik-Entdeckungen auch nach 25 Jahren aufleben.

 
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