Mit einem Pontifikalgottesdienst mit Weihbischof Ulrich Boom in der Pfarrkirche Sankt Michael und Sankt Gertraud sind am Dreikönigstag die Dominikanerinnen aus dem Kloster in Neustadt am Main verabschiedet worden. Damit endete eine 113 Jahre währende Tradition. Die verbliebenen 13 Schwestern – alle älter als 75 – ziehen diesen Montag in die Seniorenresidenz in Kist (Landkreis Würzburg) um. Bei diesem Text handelt es sich um eine Pressemitteilung des Bistums. Mit bewegenden Worten und persönlichen Erinnerungen dankten Vertreter von Kirche und Gemeinde den Schwestern für ihr Wirken. Die fast dreistündige Feier stand unter den Leitgedanken "Dank – Abschied – Segen". An den Gottesdienst schloss sich eine Begegnung im Pfarrheim an.
"Es ist schwer, Abschied zu nehmen", sagte Pfarrer Sven Johannsen zu Beginn des Gottesdienstes, der Neustadt als eine der "geistlichen Keimzellen" des Bistums Würzburg bezeichnete. "Sie haben diesen Ort geprägt. Es tut uns, die wir zurückbleiben, wahrscheinlich genauso weh wie Ihnen, die jetzt aufbrechen." Zugleich könne er die Entscheidung der Schwestern gut verstehen. "Sie haben es verdient, eine gute und gesicherte Zukunft vor sich zu sehen."
"Es gilt, in dieser Stunde nicht zu klagen. Es gilt, danke zu sagen", sagte Weihbischof Boom in seiner Predigt. Viele Menschen hätten durch die Missionsdominikanerinnen Halt und Orientierung erhalten. Auch er selbst verbinde mit Neustadt viele Erinnerungen, etwa an die Exerzitien zur Diakonen- und Priesterweihe, an die Treffen der Bruderschaft Jesus Caritas oder an seine Zeit als Dekan des Dekanats Lohr. Im vergangenen Jahr hätten die Schwestern "schweren Herzens" die Entscheidung getroffen, in die Seniorenresidenz in Kist umzuziehen.
Schwester Dagmar Fasel gab einen kurzweiligen Einblick in die Geschichte des Klosters und seiner "Nonnemädli", wie die Schwestern von den Neustädtern auch genannt worden seien. Drei Dominikanerinnen von Oakford, Südafrika, hatten bei der Suche nach einem Haus für die Ausbildung junger Missionarinnen von den Dillinger Franziskanerinnen den Hinweis erhalten, dass es in der ehemaligen Benediktinerabtei Neustadt nutzbare Räume gebe. Schwester Lucy Bader, gebürtige Schwäbin und 19 Jahre als Missionsschwester in Südafrika, schien zunächst Zweifel zu haben. "Ich frage mich, was uns dort wohl erwarten würde. Franken war uns fremder als Afrika", zitierte Fasel aus den Aufzeichnungen Baders. Die Sorgen waren unbegründet, auch wenn die Anfänge schwierig und die Schwestern sehr auf Unterstützung angewiesen gewesen seien. Mit dem damaligen Pfarrer Riedmann habe sie bald eine herzliche Freundschaft verbunden.
Bereits nach wenigen Monaten seien die ersten Kandidatinnen eingetreten. Von den 405 Schwestern, die in Neustadt eintraten, seien 294 in die Mission nach Südafrika und Argentinien ausgesandt worden, 27 nach England und 21 nach Kalifornien, sagte Fasel. "Es ist bemerkenswert, dass 123 Schwestern aus unserer Diözese stammten." Doch seien auch Schwestern als "Bodenpersonal" in Neustadt geblieben und hätten kirchliche wie soziale Aufgaben übernommen. So gab es etwa ab 1910 einen "Klosterkindergarten". Die Schwestern engagierten sich unter anderem auch in der häuslichen Krankenpflege, in der Begleitung sterbender Menschen und später im Rehazentrum Sankt Michael.
Als das ehemalige Rentamt zu klein wurde, sei auf der Klosterruine ein neues Missionshaus Sankt Josef errichtet worden. "Ich erinnere mich, dass in den 1960er Jahren zeitweilig 20 junge Schwestern hier ihr Noviziat begannen." Es gehöre zur Tradition der Dominikanerinnen, nicht an feste Orte oder Klöster gebunden zu sein, schloss Fasel. Gemeinsam mit Schwester Marie-Christopher Wehner legte sie vor dem Christuskind in der Krippe als Symbol für die Gaben der Sterndeuter goldene Professringe, Weihrauch und Myrrhe ab – die Ringe für die Bereitschaft zur Verkündigung des Evangeliums und als Zeugnis für das Leben in Gemeinschaft, Weihrauch als Symbol für das Gebet und Gotteslob, Myrrhe als Heilmittel und Zeichen der Vergänglichkeit.
Kongregationspriorin Schwester Paula-Mary van der Walt dankte allen Unterstützern des Klosters für die "unglaubliche Großzügigkeit und Treue für unsere Schwestern und die Mission". Provinzoberin Schwester Christiane Sartorius erklärte: "Wir gehen mit einem weinenden Herzen, dankbar für all das Gute, das wir hier an diesem Ort erfahren haben und geben durften."
"Tief bewegt von so vielen guten Worten der Wertschätzung und des inneren Mitgehens sagen wir aus tiefstem Herzen vergelt's Gott", sagte Schwester Hilke Stenner im Namen der Schwestern. "Mit den wohltuenden Gaben des heutigen Gottesdienstes gehen wir reich beschenkt mit der neuen Sendung nach Kist." Für die Pfarrgemeinde sangen drei Frauen das Lied "Dein Wort ist wie ein Lichtstrahl" und bedankten sich für das gute Miteinander. "Ihr fehlt uns in Neustadt und Erlach, doch in Gedanken und im Gebet bleiben wir verbunden."
Gemeinderat Peter Gowor überbrachte das Grußwort von Bürgermeister Stephan Morgenroth, der verhindert war. "Neustadt ohne Kloster und die Schwestern ohne Neustadt, das ist eigentlich unvorstellbar", schrieb dieser. "Ich bin mir sicher, viele Neustadter und Erlacher werden ihr Versprechen wahrmachen und Sie in Kist besuchen kommen." Gowor selbst erinnerte sich an die glücklichen Gesichter der Schwestern, wenn die Freiwillige Feuerwehr sie zum Seniorentreffen in das Forsthaus Aurora fuhr.
Rudolf Madre, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats, sagte: "Mit dem Kloster verlieren wir einen Teil unserer Identität. Wir hoffen und wünschen, dass es bald eine Nachfolgelösung geben wird." Das Kloster und die Schwestern seien für die Gemeinde immer eine "Bereicherung und ein Segen" gewesen. "Man war eine große Familie, so habe ich es empfunden", sagte Helene Brehm, Kirchenpflegerin von Erlach-Sankt Johannes der Täufer. Als Kind habe der Weg zu den Großeltern durch den Klosterhof geführt, ihre Mutter habe alle Schwestern beim Namen gekannt. Und wenn die Kinder sich beim Spielen verletzten, gingen sie ins Kloster zur Krankenschwester.
Der Gottesdienst wurde musikalisch begleitet von der Kantorei Sankt Michael und Dekanatskantor Alfons Meusert an der Orgel.