Zwei grüne Klassenzimmer, eines auf der Dachterrasse und eines auf der Wiese neben dem Altbau des Friedrich-List-Gymnasiums: Das wünscht sich Schulleiter Ingo Schneider. Er steht auf dem Dach der Schule und kann sich die Zukunft schon ausmalen. Blickt er nach unten, sieht er das Amphitheater für den Outdoor-Unterricht aber nur vor seinem inneren Auge. Die Realität ist immer noch eine Baustelle, mit allerhand Baugeräten um den Neubau herum.
Der Termin für den Abschluss der Bauarbeiten am Neubau war schon einmal auf Ostern 2023 angesetzt worden. "Lieferengpässe und Personalprobleme führten zu einem gewissen zeitlichen Verzug", teilt das Landratsamt Main-Spessart mit. So mussten erst die Abiturientinnen und Abiturienten und später die Realschul-Abschlussklassen ihre Prüfungen neben einer Baustelle ablegen. Schneider zeigte sich trotzdem zufrieden über den Ablauf: Die Baufirmen seien informiert gewesen und hätten die Lautstärke angepasst.
Klassenräume hätten auch nicht gefehlt, daher sei die Verschiebung des Termins kein Problem gewesen. Im Neubau wird es für das Gymnasium nur Fachräume, Computerräume, eine Mensa und Räume für die Offene Ganztagsschule (OGS) geben. "So gesehen hatten wir wenig Einschränkungen. Natürlich durch den Lärm ab und zu, aber es hielt sich in Grenzen", sagt Schneider.
Neue Möglichkeiten für die Offene Ganztagsschule
Seit Juni konnte bereits im Werk- und Musikraum des Neubaus der Realschul-Unterricht stattfinden. Die beiden benachbarten Schulen werden sich das Gebäude teilen. Mit Schuljahresbeginn soll der Neubau komplett genutzt werden und die Restarbeiten und Außenanlagen zum größten Teil fertiggestellt werden, so die Informationen des Landratsamts.
Den großen Vorteil des Neubaus sieht Schneider in den Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung der OGS, die dadurch erweitert werden. "Wir haben dort auch Mehrzweckräume, die wir mit einer mobilen Wand in zwei Klassenzimmer teilen können", sagt er. Das werde für die Zeit der Sanierung des Hauptgebäudes Gold wert sein. Der Neubau biete vor allem Flexibilität: kleinere Räume für kleinere Lerngruppen oder größere Räume für Projekte.
Projekte laufen allerdings auch jetzt schon einige an der Schule: "Mein Ziel war immer, nicht auf irgendetwas zu warten. Wenn wir etwas Schönes haben, machen wir das – egal, mit welchen Räumlichkeiten", sagt Schneider. So ist seit den Pfingstferien das Hauptgebäude bereits mit digitalen Tafeln ausgestattet, obwohl die Sanierung noch aussteht. Dieser Schritt ist Teil in einer längeren Reihe an Maßnahmen zur Digitalisierung der Schule.
Pilotschule im Versuch "Digitale Schule der Zukunft"
Seit 2015 gibt es an der Schule sogenannte "Lehrerdienstgeräte", jeder Lehrer und jede Lehrerin hat also ein eigenes Tablet. Tastatur, Maus, Beamer, Dokumentenkamera und jetzt ganz neu die digitalen Tafeln lassen sich über nur einen Anschluss damit verbinden. Deshalb wollte Schneider den Neubau und den Altbau gleichzeitig mit den modernen Tafeln bestücken – sonst hätten die Lehrerinnen und Lehrer ständig das Problem, die Unterrichtsplanung vom Raum und der dort vorhandenen Technik abhängig zu machen. Der Sachaufwandsträger, das Landratsamt, habe die Schule dahingehend unterstützt.
Die Schule ist außerdem bereits das zweite Jahr in Folge Pilotschule im Versuch "Digitale Schule der Zukunft" des Kultusministeriums. Im vergangenen Schuljahr erhielten im Rahmen dessen zunächst die neunten Klassen Tablets für den Unterricht, im kommenden Schuljahr werden bereits drei Jahrgangsstufen – achte, neunte und zehnte Klasse – diese digitalen Endgeräte haben. Das Tablet gehört jeweils den Schülerinnen und Schülern, kaufen müssen es allerdings die Eltern selbst, erklärt der Schulleiter. Vom Kultusministerium gebe es dazu einen Zuschuss von 300 Euro. Das Ganze sei freiwillig; Leihgeräte habe die Schule auch.
Weil sich manche Bücher digital nutzen lassen, kommen Schülerinnen und Schüler laut Schneider teils nur noch mit dem Tablet in die Schule. Sie dürften aber auch herkömmliche Hefte weiter nutzen: "Ich möchte das nicht gegeneinander ausspielen, digital und analog. Unser Traum ist das Beste von beiden Welten." In bestimmten Fachräumen hänge daher auch noch eine Kreidetafel, in Kunst zum Beispiel.
Die digitalen Klassen haben Vorfahrt im Neubau
Für die Sanierung des Hauptgebäudes arbeite das Architekturbüro nach Informationen des Landratsamts gerade an den Prozessen, um die restliche Bauzeit zu optimieren. Im Zuge dessen würden auch die Kosten neu berechnet. Eine ausführliche Darstellung des Gesamtprojekts erfolge in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Bauen, Energie, Bildung und Kultur. Auch Schneider ist in die Planungen involviert: "Wir machen unsere Hausaufgaben, aber die sind eher pädagogischer Art. Wir versuchen uns vorzustellen, welche Räumlichkeiten wir gerne hätten."
Sobald der Neubau nutzbar ist, will er den Einzug schnell organisieren; vielleicht in den Herbstferien, vielleicht sogar einfach an einem Wochenende. Klar ist für ihn: "Die digitalen Klassen haben Vorfahrt. Die haben das erste Recht, die noch perfekter mit Wlan ausgestatten Räume zu nutzen." Denn da gebe es noch etwas Nachholbedarf im Hauptgebäude.