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HEIGENBRÜCKEN
Nationalpark: Wie ermittelt man den Willen der Region?
Herbstzeit ist Pilzzeit       -  Pilzsammeln, Holzversorgung, Betretungsrechte, Schwarzwild – ein Referatsleiter des Umweltministeriums äußerte sich bei einer Bürgerversammlung in Heigenbrücken zu vielen Themen, die im Zuge der Nationalparkdiskussion kontrovers diskutiert werden
Foto: Patrick Pleul (dpa) | Pilzsammeln, Holzversorgung, Betretungsrechte, Schwarzwild – ein Referatsleiter des Umweltministeriums äußerte sich bei einer Bürgerversammlung in Heigenbrücken zu vielen Themen, die im Zuge der ...
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:14 Uhr

Über viele Monate wurde in der Nationalparkdiskussion im Spessart ein Informationsdefizit beklagt. Nun kommt das Bayerische Umweltministerium in die Region, um an der Basis Rede und Antwort zu strittigen Fragen zu stehen.

Am Dienstagabend machte eine Bürgerversammlung in Heigenbrücken den Auftakt. Karl-Friedrich Barthmann, Referatsleiter im Umweltministerium, sprach im Sportlerheim auf Einladung der Gemeinde fast drei Stunden lang mit rund 130 Bürgern. Neben der Darstellung des Wesens eines Nationalparks ganz allgemein standen die Fragen im Mittelpunkt, die seit Monaten im Spessart diskutiert werden.

Vorschlag eines Bürgers: Direkte Befragung der Menschen in der Region

Dabei hatte der Ministerialbeamte zu vielen Fragen klare Aussagen parat. Zu einer jedoch nicht: Wie kann man den Willen der Mehrheit der Menschen in der Region ermitteln? Von diesem Willen, so hat Umweltministerin Ulrike Scharf mehrfach betont, soll die Entscheidung abhängen, wohin der dritte Nationalpark in Bayern kommt.

Einige Heigenbrückener wünschten sich dazu eine direkte Bürgerbefragung. Die jedoch ist laut Barthmann nicht vorgesehen. Stattdessen verlasse man sich in München darauf, dass Landräte und Bürgermeister ein wahrheitsgemäßes Stimmungsbild zeichnen. Am Ende „gibt es eine politische Entscheidung“ durch den Ministerrat, so der Referatsleiter. Ziel sei es, dass bis zur Sommerpause die Entscheidung für eine Region falle, mit der man dann den weiteren Weg beschreite.

Am Ende wird der Ministerrat entscheiden

Dieses Verfahren stieß bei einigen Heigenbrückenern auf Kritik. Der der Entscheidungsweg werde so „nebulös gehalten“, kritisierte einer. Das Verfahren provoziere, so eine andere, dass „die Leute denken, wer am lautesten schreit, hat Recht“. Die Frau fragte: „Was ist mit der schweigenden Masse?“ Barthmann warb dafür, den politisch Verantwortlichen zutrauen, abzuschätzen, „wo die Stimmung des größeren Teils der Menschen hingeht“. Wenn die Region das Nationalparkangebot annehmen wolle, müsse sie „irgendwann aber auch mal Ja sagen“, so Barthmann.

Trotz der zwischenzeitlichen Kritik verlief der Abend insgesamt überaus ruhig und sachlich. Barthmann selbst trug mit seiner unaufgeregte Art entscheidend dazu bei. Gleich zu Beginn war der von Bürgermeister Werner Englert als „verlängerter Arm der Ministerin“ vorgestellte Referatsleiter bemüht, den Menschen eine eventuelle Angst vor einem Nationalpark zu nehmen.

Referatsleiter: Nationalpark maximal mit der Region vernetzt

Das Ziel eines solchen sei es nicht, die Menschen aus dem Wald auszusperren, sondern im Gegenteil Besuchern Natur erlebbar zu machen. Barthmann schilderte am Beispiel des Bayerischen Waldes das Konzept eines Nationalparks, unterstrich dessen Rolle als Arbeitgeber und Impulsgeber für den Tourismus. Ein Nationalpark sei „maximal mit der Region vernetzt“, beziehe insbesondere Kinder und Schulen in das Naturerleben ein und habe explizit auch die Aufgabe, Kulturlandschaft zu fördern.

Der Spessart sei durch seine Naturausstattung und seine Fläche „hervorragend geeignet“ für einen Nationalpark. Das Konzept eines solchen würde laut Barthmann im Detail mit den Akteuren aus der Region erarbeitet. „Die Region hat immer das Steuer in der Hand.“

„Keine Verschlechterung bei Holzrechten, verbesserung bei Brennholzversorgung“

Zur im Spessart so heiß diskutierten Frage von Brennholzversorgung und -rechten sagte Barthmann: „Bei gutem Willen müssen die Forstrechte kein Thema sein.“ Die Ausübung der Oberholzrechte sei „glasklar“ auch im Falle eines Nationalparks garantiert. Es könnten genügend Hiebe außerhalb eines Nationalparks oder in dessen Pflegezone angeboten werden. „Es wird keine Verschlechterung für Berechtigte geben“, erklärte Barthmann. Anders als von Vertretern der Spessartforstberechtigten dargestellt, wolle das Ministerium nicht an der Ausübung der Holzrechte rütteln. „Recht bleibt Recht“, so Barthmann.

Auf diese ebenso wie auf andere Zusicherungen könnten sich die Menschen verlassen. Für die Brennholzgewinnung abseits der Forstrechte könne ein Nationalpark gar eine Verbesserung darstellen, da der örtlichen Bevölkerung ein Vorrecht eingeräumt werden könne, so Barthmann weiter.

Industrielle Holznutzung wird „etwas zurückgedrängt“

Die industrielle Holznutzung werde in einem Nationalpark hingegen „aus der Fläche etwas zurückgedrängt“. Jedoch könne die von der Holzindustrie benötigte Menge aus Kommunal- und Privatwäldern der Region gedeckt werden. Dies, so erklärte der Referatsleiter, mache die jüngste Bundeswaldinventur deutlich. Seiner Einschätzung nach werde es „nicht zu nennenswerten Arbeitsplatzverlusten in der Holzindustrie kommen“. Mitarbeiter der Staatsforsten würden entweder andernorts eingesetzt oder auf Wunsch vom Nationalpark übernommen. Ein Holzrücker im Publikum sagte hingegen, dass er mit einem Nationalpark um seine wirtschaftliche Zukunft fürchte. Ihm erwiderte Barthmann, dass auch in einem Nationalpark forstliche Dienstleister benötigt würden.

„Keine Einschränkung bei Betretungsrechten“

Themen waren auch Betretungsrechte oder das Sammeln von Pilzen. Dazu erklärte Barthmann, dass es für die Bevölkerung keine Einschränkungen gegenüber bisherigen Gepflogenheiten geben würde. In Fragen der Jagd insbesondere auf Wildschweine würden gemeinsam mit Verbänden und Betroffenen Konzepte entwickelt. Klares Ziel wäre es dabei, dass Wildschäden nicht zunehmen.

Auf die abschließende Frage aus dem Publikum, wie das Ministerium seine Botschaften denn in die Gemeinden tragen wolle, die das Diskussionsangebot aus München nicht annehmen, zuckte Barthmann mit den Schultern. „Gemeinden, die sich der Information verweigern, können wir nicht zwingen.“

Weitere Termine in Rothenbuch und Dammbach, eventuell auch in Lohr

Bürgermeister Englert bedauerte, dass sich die sachliche Diskussion im Spessart schwierig gestalte. In Heigenbrücken stehe eine Mehrheit der Menschen einem Nationalpark aufgeschlossen gegenüber.

Für Mittwochabend war analog zu der Veranstaltung in Heigenbrücken eine Bürgerversammlung im Rothenbuch angesetzt, für Donnerstag in Dammbach. Auch die Stadt Lohr hat im Ministerium bereits um einen Termin gebeten.

Pilzsammeln, Holzversorgung, Betretungsrechte, Schwarzwild – ein Referatsleiter des Umweltministeriums äußerte sich bei einer Bürgerversammlung in Heigenbrücken zu vielen Themen, die im Zuge der Nationalparkdiskussion kontrovers diskutiert werden
Foto: Johannes Ungemach | Pilzsammeln, Holzversorgung, Betretungsrechte, Schwarzwild – ein Referatsleiter des Umweltministeriums äußerte sich bei einer Bürgerversammlung in Heigenbrücken zu vielen Themen, die im Zuge der ...
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Foto: Lino Mirgeler (dpa) | Pilzsammeln, Holzversorgung, Betretungsrechte, Schwarzwild – ein Referatsleiter des Umweltministeriums äußerte sich bei einer Bürgerversammlung in Heigenbrücken zu vielen Themen, die im Zuge der ...
 
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  • C. W.
    Dann lesen Sie doch mal den Artikel in dem berichtet wird, dass der Bürgermeister von Esselbach die Holzrechte im Grundbuch hat prüfen lassen.
    Augen auf.

    Die Winter-Anhänger sollten aufhören Zwietracht zu sähen.
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  • H. M.
    Nationalpark: Wie ermittelt man den Willen der Region?

    Da gebe ich Ihnen völlig recht glaubt-nicht-alles!

    Nicht hier und auf gar keinem Fall auf einer Veranstaltung in der nur eine Seite vertreten ist und hier meine ich nicht die Zuhörer sonder vielmehr die Dozenten.

    Aber vielleicht kann man die Meinung doch per Bürgerbefragung der betroffenen Bürger abfragen, stellt sich jetzt nur noch die Frage wer betroffen ist!

    Vielleicht lesen Sie noch einmal den unten angegebenen Beitrag, die Abfrage ist sehr interessant. Ich frage mich, ob diese Abfrage repräsentativ ist und wenn ja warum man nichts dazu gehört bzw. gelesen hat.
    Wäre auch nichts zu hören oder zu lesen sein, wenn das Ergenis anders ausgegangen wäre?

    Wie gesagt, vielleicht schlagen Sie nochmals folgen Artikel nach.

    Vielen lieben Dank.

    Holzrechtler zeigen Nationalpark die "Rote Karte" (Weibersbrunn)

    Gruß
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  • A. H.
    Und überhaupt:
    Was soll denn des scho wieder: "Die Region" hat keinen Willen, sondern die Menschen, die in ihr wohnen....
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  • A. H.
    wie?
    auf jeden Fall mal nicht in diesem forum.
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