Rudolf Hock hockt nicht nur für die CSU im Kreistag, er ist seit Jahrzehnten auch Busunternehmer. Deswegen wiegt sein Wort etwas schwerer, wenn es um den Sinn und Unsinn von Bussen im Personennahverkehr geht. Und dieses Wort erhob er am vergangenen Freitag.
Für alle, die die Berichterstattung nicht verfolgt haben: Im Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr, Tourismus und Landkreisentwicklung ging es darum, dass der Landkreis Verluste von Rufbus-Betreibern ausgleicht, die durch die Verbilligung der Rufbus-Tickets entstehen werden. Hock war zwar nicht gegen die Verbilligung der Tickets. In einem Telefongespräch mit der Redaktion wenige Tage später sagt er, dass es ihm um mehr geht. Er fürchtet, dass der Landkreis ein Angebot schafft, das nicht genutzt wird. "Den Rufbus als solchen und wie er jetzt ist, muss ich in Frage stellen."
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Sind Hocks Einwände berechtigt?
Zusammengefasst hat Hock fünf Argumente gegen Rufbusse in Main-Spessart, auf die einzugehen berechtigt ist. Die Recherche zeigt aber, dass Hock zuweilen auch zu kurz gedacht hat.
Da ist zunächst Hocks Behauptung am Freitag, dass die billigeren Rufbusfahrten dazu führen könnten, dass sich die eh schon dünne Taxi-Decke weiter ausdünnen könnte. Diese Befürchtung habe er nach Gesprächen mit Taxifahrern gewonnen, sagt er auf Nachfrage.
Anruf bei einem, der es wissen muss: Uwe Reuffurth. Er ist der örtliche Vertreter des Taxi-Mietwagen-Verbandes Bayern. Er widerspricht Hock: "Die Taxidichte in Main-Spessart ist zu dick." Taxis seien jetzt schon nicht ausgelastet, die Menschen würden eher Fahrgemeinschaften bilden. "Wir leben hauptsächlich von den Krankenfahrten", sagt Reuffurth. Deshalb seien Rufbusse nicht als Alternative zu Taxis zu sehen. Man bediene komplett andere Zielgruppen.
Zwei Argumente Hocks kann man schwer bestätigen oder widerlegen
Einerseits befürchtet Hock, dass die billigeren Tickets Taxibetreiber zum Aufhören zwingen. Andererseits glaubt er nicht, wie er es am Freitag sagte, dass der Wegfall des Komfortzuschlags ausschlaggebend für die Nutzung der Rufbusse ist. Dieses Argument lässt sich schwer widerlegen. Es gibt eine Wirtschaftstheorie, wonach die Nachfrage umso mehr steigt, je größer das Angebot ist und je niedriger der Preis. Aber muss diese Theorie in der Realität nicht unbedingt eintreten.
Und so sieht es auch Dominik Sitter, Stellvertreter der Nahverkehrsbeauftragten Monika Mützel. "Wir hoffen natürlich, dass Rufbusse besser angenommen werden. So was kann man aber im Vorfeld nie wissen." Der Landkreis will das aber nicht dem Zufall überlassen. Deshalb startet man ab Oktober eine große Werbekampagne auf Bussen, Plakaten und Instagram, die alle Altersgruppen erreichen soll.
Hock glaubt auch, dass der Landkreis auf den Kosten für den Rufbus sitzen bleiben könnte. Laut Landrat Thomas Schiebel kosteten alle Rufbusse plus die Mobilitätszentrale den Kreis vergangenes Jahr etwa 50 000 Euro. Rufbusse seien jedoch über das Programm "Mobilität im ländlichen Raum" förderbar. Hock sagt auf Nachfrage, dass seine Erfahrungen in der Politik ihm gezeigt hätten, dass man für ein Projekt zwar eine Anschubfinanzierung bekomme. Wenn nach ein paar Jahren der Zuschussgeber aber aussteige, dann habe man den Rufbus und alles, was dazugehört, schon installiert. "Man kann das dann nicht mehr rückgängig machen", sagt er. Ein Argument, das auf fast jede Art von öffentlicher Förderung zutrifft, nicht nur auf Rufbusse.
Ist der Rufbus ökonomisch und ökologisch sinnvoll?
Die zwei größten Argumente von Hock gegen die Rufbusse betreffen die Kosten, sowohl die ökologischen als auch die ökonomischen. Am Freitag sagte Hock, dass in einem Rufbus in der Regel nur ein Passagier mitfahre. Auf Nachfrage bestätigt er die Zahl, die er noch von der Main-Spessart-Nahverkehrsgesellschaft habe. Hock sieht zwei Probleme: Bei einer so niedrigen Beförderungszahl pro Rufbus und den ab November viel geringeren Ticketpreisen sei der Rufbus sehr teuer. Zum anderen sei es wenig ökologisch, wenn Kleinbusse mit nur einem Passagier durch die Gegend fahren würden.
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Für Dominik Sitter greift Hock bei diesen Argumenten aber viel zu kurz. Man müsse es von der anderen Seite sehen. "Eigentlich spart der Landkreis, weil man keine leeren Busse durch die Gegend gondeln lassen muss", sagt er. Manche Orte einfach nicht anzubinden sei keine Option. Zudem, sagt er, dienten Rufbusse als Instrument, den Bedarf für Buslinien zu finden und zu testen. "Lange sind FOS/BOS-Schüler nachmittags nicht aus Marktheidenfeld ohne Auto herausgekommen", erzählt Sitter. Es habe einfach keinen Bus gegeben. Man habe den Busunternehmer dann überzeugt, wenigstens einen Rufbus zu installieren. Der wurde sehr gut angenommen und deswegen konnte letztlich eine eigene Linie geschaffen werden.
Dominik Sitter sagt ganz selbstkritisch, dass "der große Run jetzt nicht da ist". Es sei halt klassischer Bedarfsverkehr. Solche konkreten Zahlen, wie Hock sie nennt, kann und will er nicht bestätigen, vor allem weil die angesprochene Verkehrsgemeinschaft seit anderthalb Jahren aufgelöst ist. Stattdessen ruft er zur Geduld auf. Mit dem neuen Linienpaket habe man das Angebot vor allem am Wochenende ausgebaut. Er sagt: "Es wird Zeit dauern, bis die Menschen das registrieren."