Die am Telefon im Januar dieses Jahres geäußerte Drohung eines Rentners aus dem Landkreis Main-Spessart, sich den Weg zu einer Sachgebietsleiterin im Finanzamt freizuschießen, hat die betroffene Frau ernst genommen und Strafanzeige gestellt. Gegen das Urteil des Amtsgerichts Gemünden hatte der heute 77-Jährige noch am selben Tag Einspruch eingelegt. Das Entscheidende hatte er jedoch nicht bedacht: Das Urteil vom Mai hat bereits Rechtskraft. Wie ihm der Vorsitzende Richter des Schöffengerichts, Thomas Trapp, erklärte, bezieht sich der Einspruch daher nur noch auf die Höhe der Geldstrafe, die das Gericht auf 600 Euro festgesetzt hatte.
Das eigentliche Geschehen vom Januar spielte in zweiter Instanz am Würzburger Landgericht daher keine Rolle mehr. Der Vorwurf war schwerwiegend. In einem Telefonat soll der Rentner damals damit gedroht haben, dass er mit seinen "Knarren" in das Finanzamt nach Lohr kommen werde, um sich "den Weg frei zu schießen". Dies soll er geäußert haben, nachdem ihn die Finanzbeamtin im Januar angerufen hatte, sie aber nicht dazu bereit war, ihn persönlich im Amt zu empfangen. Dabei ging es um einen strittigen Steuerbescheid und um Steuerunterlagen, die der Mann abholen wollte.
Rentner erinnert sich nicht, Urteil anerkannt zu haben
Bereits bei der Hauptverhandlung in Gemünden hatte das Gericht keinen Zweifel daran, dass der Anruf samt Drohungen stattgefunden hat. Die Finanzbeamtin bestätigte als Zeugin den Vorgang. Unmittelbar nach dem Telefonat hatte sie eine schriftliche Gesprächsnotiz angefertigt und sie ihrem Amtsleiter weitergeleitet. Für das Gemündener Gericht reichte dies als Beweis aus. Das Amt war damals mit Schenkungen des Rentners, der mehrere Wald- und Ackergrundstück besitzt, an seinen Sohn befasst. Zuvor war es bereits mehrfach zu Diskussionen um die Steuerhöhe gekommen. Das Amt hatte damals regelmäßig telefonischen Kontakt mit dem Mann.
Für das Gericht nicht relevant war demnach, dass sich der Rentner falsch verstanden fühlt. Er habe "die Dame noch nie gesehen, was hätte ich denn mit der anfangen sollen?", stellte der Mann, der ohne Anwalt zum Berufungsverfahren erschienen war, fest. Er wisse noch nicht mal, wo in Lohr das Finanzamt überhaupt ist. Woran er sich nicht mehr erinnern konnte oder wollte, war seine Zustimmung zum Gerichtsprotokoll, das bei der Verhandlung in Gemünden verlesen wurde und in dem er das Urteil anerkannt hatte. Eine Berufung gegen den vorgeworfenen Sachverhalt hatte daher allein schon aus formalen Gründen keine Aussicht auf Erfolg.
Den Tagessatz hatte zudem bereits das Gemündener Gericht spürbar abgesenkt und an die schmale Rente des Mannes angepasst. Das Gericht war schließlich auf eine Strafzahlung von 60 Tagessätzen zu je nur zehn Euro gekommen. Für eine weitere Absenkung fehlte dem Landgericht bei einer Rente von 390 Euro der Spielraum. Nach einigem Zureden des Richters und seinem Hinweis, dass das Protokoll für das Gericht Beweischarakter besitzt, entschied sich der 77-Jährige dafür, den Einspruch zurückzunehmen: "Dann machen wir es halt so und fertig, Schluss aus". Er wiederholte damit beinahe wortgleich seine Feststellung von Gemünden. Er spart sich damit aber immerhin die Kosten für ein erneutes Urteil.