Im Jahr 1987 gründete Dr. Georg Kaiser, früherer Chefarzt am Krankenhaus in Marktheidenfeld, und studierter Musiker, das Ärzteorchester "Musica Medica". Auch nach seinem Tod 2016 reisen die Musikerinnen und Musiker gemeinsam mit Familienmitgliedern und Freunden jedes Jahr für eine Woche nach Italien für Konzerte.
Im Interview erzählt seine Tochter Katharina Kaiser unter anderem von der Faszination des gemeinsamen Musizierens und wie es nach dem Tod des Gründers mit dem Ärzteorchester weiterging.
Katharina Kaiser: Ich glaube, dass junge Menschen, die Ärzte werden wollen, sehr diszipliniert und ehrgeizig sind. Sie müssen schon früh viel lernen, um in der Schule gute Noten zu haben und später den Numerus clausus für ein Medizinstudium zu erreichen. Um auf gutem Niveau zu musizieren, muss man ebenfalls sehr diszipliniert sein. Meistens kommen junge Musiktalente aus einer Familie, in der auch die Eltern ein Instrument spielen und man gerne gemeinsam Musik macht.
Kaiser: Mein Vater hat neben Medizin auch Musik studiert und dort eine weitere Leidenschaft gefunden. Er war schon als 14-Jähriger in seiner schlesischen Heimat Organist und hat Chöre geleitet. Ausschlaggebend für die Gründung von Musica Medica war ein jährlich stattfindender Kongress für deutsche Ärzte im italienischen Grado. Mein Vater hat in den 1980er Jahren dort Orgelkonzerte gegeben. Nach und nach haben sich andere Musiker hinzugesellt. Daraus gründete sich 1987 ein Verein.
Kaiser: Ja, wir wollten auf jeden Fall weitermachen. Bei der organisatorischen Leitung haben Dr. Hinrik Strömer, Kardiologe aus Würzburg, und ich meinen Vater schon lange unterstützt. Er bringt sich bei der Auswahl der Musikstücke ein. Ich kümmere mich schon seit mindestens 20 Jahren um das Notenmanagement, sorge also dafür, dass jeder im Vorhinein seine Musiknoten bekommt.
Kaiser: Nachdem mein Vater verstorben war, dirigierte uns Rudolf Müller, jetzt Rudolf Ramming. Früher waren wir öfter in Polen für Konzerte. Die Verbindungen dorthin sind aber eingebrochen. Auch in der Schweiz haben wir schon öfter Konzerte gegeben. Unser Repertoire war schon immer bunt gemischt. Klassik-Crossover, wie sie Karl Jenkins komponierte, spielen wir schon lange. Seltener sind Tangos, etwa einen von Astor Piazzolla, den wir in diesem Jahr spielen.
Kaiser: Momentan sind wir etwa 30 Musiker im Orchester. Davon sind etwa 50 Prozent Mediziner. Der Großteil kommt aus dem Raum Würzburg, bedingt dadurch, dass unser musikalischer Leiter Professor Ramming an der dortigen Hochschule für Musik unterrichtet. Wir haben aber auch Vereinsmitglieder aus Schwerin, Italien und der Schweiz. Wer einmal an der Konzertreise in Grado teilgenommen hat, der möchte immer wieder mitkommen.
Kaiser: Nein, oft ist es so, dass Eltern ihre Kinder nachziehen. So war es auch bei mir: Ich durfte zum ersten Mal mit zwölf Jahren mit meiner Querflöte mitspielen. Jetzt dürfen etwa Kinder, die Geige spielen, schon im Alter von vier oder fünf Jahren mit auftreten. Das Besondere an unserem Orchester ist es, dass zeitweise drei Generationen an Musikern gemeinsam auf der Bühne stehen.
Kaiser: Es macht einfach Spaß. Wenn man ein Instrument spielt, ist es wie im Sport: Man verbringt viel mühsame Zeit zu Hause alleine beim Üben. Die meisten unserer Talente werden bei Auftritten vom Klavier begleitet. Sitzt man dann allerdings zusammen mit 30 anderen Musikern oder steht sogar als Solist in der ersten Reihe, ist das ein anderes, ein tolles Gefühl.
Kaiser: Wir fördern Musikstudenten und talentierte Jugendliche, indem wir ihnen die Chance bieten, Konzerterfahrungen mit einem großen Orchester zu machen. Und wir finanzieren die Reisekosten, Verpflegung und geben ein Taschengeld für den Aufenthalt in Italien.
Kaiser: Wir reisen gemeinsam im Frühjahr nach Norditalien, um ein paar Tage gemeinsam zu proben und zwei Konzerte zu geben. Eines wird vom dortigen Rotary-Club in Montefalcone nahe der slowenischen Grenze organisiert, das andere findet im Rahmen des Ärztekongresses statt. Vor dem Jahreskonzert in der St.-Michael-Kirche in Neustadt proben wir noch einmal einen Nachmittag lang, bevor wir am Abend auftreten.
Kaiser: Eine Besonderheit ist in diesem Jahr ein Solisten-Stück für drei Trompeten. Unser Jugendensemble wird "Die schwarze Perle", die Titelmusik des Films "Fluch der Karibik", spielen.