Puppenbeine ragen aus dem lehmigen Steilufer der Wern: Einfach daran zu ziehen ist nutzlos. Die Puppe steckt zu fest. Mit einem Stöckchen aber lässt sich Erde abtragen, bis sie ganz zum Vorschein kommt. Sie gehört zu den kurioseren Fundstücken einer Müllsammelaktion auf der Saale und der Wern. Erstmals hatten sich dafür Mitglieder des Wildwasser-Clubs (WWC) Gemünden, des Bund Naturschutz (BN) Karlstadt und des Ruder-Clubs Karlstadt (RCK) zusammengetan. Insgesamt zwölf Personen beteiligten sich.
Samstag 9 Uhr am Ruder-Club: Die Canadier sind bereits aufgeladen. Sie eignen sich zum Müllsammeln viel besser als Kajaks, denn sie sind groß und offen, bieten also genug Platz für das Sammelgut. Mit dem Büssle des RCK und dem Kanuanhänger geht es zunächst zum Bootshaus des WWC bei Langenprozelten, wo noch ein Canadier zugeladen wird.
Die erste Einsatzstelle ist bei Wolfsmünster. Zwei Canadier werden die Strecke bis Gemünden "abklappern" – einer am rechten Ufer, der andere am linken. "So hat man das jeweilige Ufer viel besser im Blick und kommt auch schneller voran, als wenn man immer von einem Rand zum anderen pendeln muss", hatte Markus Kreher bei der Planung der Aktion empfohlen. Als WWC-Mitglied hat er in den vergangenen Jahren schon Müllaktionen an der Saale gemacht. Auch sein weiterer Tipp erweist sich als nützlich: Eine Mörtelwanne in der Mitte des Bootes nimmt den eingesammelten Abfall auf.
Kreher und seine Mitpaddlerin knöpfen sich den Abschnitt von Morlesau nach Wolfsmünster vor. Ein weiterer Canadier fährt parallel am gegenüberliegenden Ufer – ebenfalls besetzt mit zwei Personen. In jedem Boot übernimmt jeweils eine im Kanusport erfahrene Person die Verantwortung. Trotz frühlingshaften Wetters wäre ein Kenterung im 11 Grad kühlen Wasser unangenehm. Außerdem müsste dann der bis dahin eingesammelte Müll wieder herausgefischt werden.
Manches ist weggeworfen, manches am Flussufer installiert und teils verrottet
Gleichzeitig ist ein Canadier auf der Wern von Schönarts flussabwärts unterwegs. Viele Dinge wurden wohl irgendwann bequem über die Wern entsorgt, etwa eine Kunststoffpackung, die da im Schilf hängt. Sie enthielt mal Salzstangen und anderes Knabberzeug. Oftmals handelt es sich wohl auch um Dinge, die das Hochwasser von angrenzenden Grundstücken weggespült hat, beobachteten die Sammlerinnen und Sammler auf ihrer Tour.
Anderes wurde einst mit Mühe am Fluss installiert, gehört aber eigentlich dort nicht hin. So findet sich eine Art Sitzstufe aus Asbestzement, mit Baustahlstücken am Steilufer befestigt. Warum hatte da jemand ein Podest errichtet? An einer anderen Stelle sollte wohl das Ufer mit einem blauen Plastiknetz gesichert werden. Nach mehreren Jahren aber hat das Sonnenlicht den Kunststoff porös gemacht. So gut es geht, zerren die Müllsammler das Netz aus dem Matsch. Alles bekommen sie nicht heraus.
Auch ein sechs Meter langer Drahtzaun mit Holzpflöcken ist nicht leicht vom Ufer zu entfernen. Wozu der wohl gut sein sollte? "Da hat einer eine Bibersperre errichtet", weiß Alfred Dill, zweiter Vorsitzender des BN Karlstadt. Tatsächlich zeugen an der Wern nicht nur angeknabberte Bäume von der Aktivität des Bibers, sondern auch die zahlreichen Biberrutschen.
Für das Müllsammel-Team steht fest: "Wir bleiben dran."
Bei der Abschlussrast auf der Gemündener Lindenwiese ziehen die vier Candierteams der Saale Bilanz. Mehrere Müllsäcke voll sind zusammengekommen, hauptsächlich Folienfetzen, die im Gebüsch am Ufer hingen. "Leider waren die oft so hoch, dass wir nicht rangekommen sind", berichten die Müllsammler. Die Höhe markiert den Pegel des jüngsten Hochwassers. "Aber wir bleiben dran", nehmen sich die Teilnehmer vor. Sie sind sich einig: "Plastik in Flüssen und Meeren stammt jedenfalls nicht nur aus Ländern, in denen der Umgang mit Abfall eher ungeregelt ist, sondern leider auch von hier."