Wer hätte das nach all dem Lärm und Streit der vergangenen Monate gedacht? Auch in Rothenbuch blieb am Mittwochabend bei der Bürgerversammlung zum Thema „Möglicher Nationalpark im Spessart“ das große Hochkochen der Emotionen aus.
Wie schon am Vorabend in Heigenbrücken nutzten die Bürger in sachlicher Atmosphäre die Gelegenheit, dem zuständige Referatsleiter Karl-Friedrich Barthmann aus dem Umweltministerium Bedenken zu verdeutlichen und Fragen zu stellen. Barthmann seinerseits warb erneut für das Angebot, das ein Nationalpark für die Region darstelle.
Vor allem warb er aber auch um Vertrauen in Zusagen aus München. Im Laufe des Abends war mehrfach deutlich geworden, dass es gewisse Zweifel an deren Verlässlichkeit gibt, beispielsweise bei Themen wie den Holz- oder Betretungsrechten.
Barthmann unterstrich, dass im Falle eines Nationalparks gemeinsam mit der Region ein Konzept erarbeitet und verbindlich festgeschrieben werde. „Einer solchen Vereinbarung mit dem Bayerischen Staat können sie schon vertrauen“, sagte er.
Menschen nicht aussperren
Im Laufe des Abends ging es um die gleichen Themen wie am Vortag in Heigenbrücken, vor allem eben um Holz- und Betretungsrechte. Barthmann betonte erneut, dass es nicht Ziel eines Nationalparks sei, Menschen auszusperren oder ihnen etwas wegzunehmen. „Der Nationalpark ist ein Raum für Menschen“, so der Ministerialbeamte.
In einem möglichen Nationalpark im Spessart gebe es aus naturschutzfachlicher Sicht keinen Anlass für Betretungseinschränkungen, sagte Barthmann erneut. Auch die Befürchtung, wonach Gemeinden die Möglichkeit zur Neuaufstellung der Trinkwasserversorgung verlören, wies der Spitzenbeamte zurück.
Gutachten auf falscher Datenbasis?
Die alten Spessarteichen würden im Nationalpark eher zu- als abnehmen, das sie nicht mehr umgesägt würden, so Barthmann zu einem anderen Aufregerthema. Ein Gutachten, das im Auftrag des Forstministeriums erstellt wurde und einen deutlichen Rückgang der Eiche in einem Nationalpark prophezeie, sei in Unkenntnis der vorgesehenen Pflegezonen erstellt worden.
Versprechen zu Holzrechten
Größeren Raum nahmen auch in Rothenbuch die Holzrechte ein. Sie stehen den Ortsbürgern auf gut 10 000 Hektar Staatswald zu, wovon rund 4000 in einem Nationalpark liegen würden. „Aber für sie ändert sich nichts“, sagte Barthmann an die Holzmacher. Die Holzrechte könnten jederzeit auf den Staatswaldflächen außerhalb des Nationalparks bedient werden. „Das kann ich ihnen sicher versprechen“, sagte der Spitzenbeamte. Ziel des Ministeriums wäre es, zu den Holzrechten ebenso wie zur Brennholzversorgung verbindliche Vereinbarungen zu treffen.
Plädoyers für und wider einen Nationalpark
Aus den Reihen der Zuhörer wurden im Laufe des Abends Zustimmung und Ablehnung zu einem Nationalpark erkennbar. Ein älterer Rothenbucher fürchtete Bevormundung durch einen Nationalpark, forderte jedoch auch eine weniger intensive Forstwirtschaft. Die Nationalparkentscheidung müsse jedoch vom Willen der Menschen in den direkt betroffenen Gemeinden abhängig sein. Ein Rothenbucher Neubürger indes sprach davon, dass Alteingesessene die Schönheit und Schutzwürdigkeit des Waldes vielleicht schon gar nicht mehr sähen. Er wünsche sich nicht zuletzt für seine Kinder einen Nationalpark.
Gemeinde plant Bürgerbefragung
Zwischen diesen widerstrebenden Interessen ist indes nicht nur die große Politik gefangen, sondern auch die Kleine: Rothenbuchs Bürgermeister Gerd Aulenbach kündigte an, dass die Gemeinde eine Bürgerbefragung unter Einbeziehung aller Haushalte plane, um Klarheit zur Stimmung im Ort zu erlangen. Zwar sei die Stimmung sehr aufheizt, es gehe jedoch „nicht um eine lebensbedrohliche Entscheidung“.