
Dass das Spielen eines neuen Instruments oder das Lernen einer neuen Sprache gut für den Erhalt von Nervenzellen ist, dürfte einigen bekannt sein. Ruth Augsbach von der Fachstelle für pflegende Angehörige Karlstadt hielt vergangenen Dienstag einen der Kompaktvorträge rund um das Thema Demenz in den Räumen der Sparkasse am Karlstadter Marktplatz. "Das Gehirn ist wie eine Bibliothek, an manche Bücher kommt man nicht mehr hin", verbildlicht Augsbach die Herausforderungen der Krankheit.
Im Wechsel mit ihrer Kollegin Lena Sebold hielt sie am vergangenen Montag und Dienstag vier inhaltlich identische Vorträge. Zusätzlich boten die beiden einen Selbsterfahrungsparcours an, bei dem man sich spielerisch in die Lage von Demenzerkrankten versetzen konnte. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Netzwerk Demenz und Pflege Main-Spessart in Kooperation mit dem Caritasverband Main-Spessart und der Sparkasse Mainfranken Würzburg.
Präventiv könne man einer Demenzerkrankung einiges entgegensetzen, aber "Unser Gedächtnis verändert sich, wir bewerten manches anders", so Augsbach. Eine dieser Präventionen oder auch Erleichterung des Umgangs mit einer Demenzerkrankung sei ein Erinnerungsheft, in welchem Biographisches festgehalten und bei Bedarf sogar ergänzt wird – entsprechend der Wahrnehmung der Patientin oder des Patienten. Wichtig sei zudem, Verständnis aufzubringen – sowohl für die Erkrankung als auch für sich verändernde Verhaltensweisen Betroffener. Damit könne sehr viel erreicht werden.
Perspektivwechsels anhand eines Selbsterfahrungsparcours
Aus diesem Grund wurden für die Teilnehmenden sieben Stationen zur Selbsterfahrung angeboten - zur Verfügung gestellt vom Verein "HALMA" (Hilfe für alte Menschen im Alltag). Dabei stand anstelle der Leistungsbewertung das Gefühl für Erfahrungen Demenzerkrankter im Mittelpunkt. Die Stationen erforderten Kompetenzen wie Schnelligkeit, Geduld, Gedächtnisleistung und räumliches Denken. An vier dieser Stationen hat sich auch unsere Autorin versucht:
Station "Anziehen": Teilnehmende sollen innerhalb von 60 Sekunden versuchen, dicke Handschuhe und mit diesen anschließend einen Kittel anziehen, um damit die Knöpfe des Kittels zu schließen. Das Einhalten der Zeit stellte die größte Herausforderung für unsere Autorin dar. Vor allem Schnelligkeit war hierbei gefragt. Verhältnismäßig war diese Station jedoch eine der einfacheren für sie.

Station "Frühstück": Besuchende versuchen zu schätzen, wie viele Arbeitsschritte es benötigt, ein Frühstück herzurichten und mittels einzelner Fotos die Arbeitsschritte in die richtige Reihenfolge zu bringen. Diese Übung forderte ein besonders hohes Maß an Geduld, um alle 40 Schritte richtig zuzuordnen. Lena Sebold meinte, dass diese Übung eine der schwierigeren sei und sich hierbei viele Teilnehmende schwertäten. Das Frühstück zuzubereiten, sei für einige Menschen ein Automatismus. Was wird in der Regel zuerst neben den Teller gelegt: Messer oder Gabel?

Station "In der Stadt": Teilnehmende sollen versuchen, sich einen Weg auf einer Karte einzuprägen und diesen dann auf einer neuen, nicht markierten Karte aus dem Gedächtnis nachzuzeichnen. Diese Herausforderung konnte ohne große Schwierigkeit gemeistert werden. Auch hier waren 60 Sekunden angesetzt, um sich den Weg einzuprägen. An einer Abzweigung ist unsere Autorin jedoch falsch abgebogen.

Station "Mittagessen": Hier sollen Teilnehmende nur durch den Blick in einen Spiegel "Essens"-Knöllchen auf Tellern zuordnen. Diese Station besaß nach Empfinden unserer Autorin den schwierigsten Charakter, da sowohl Geduld als auch das Umdenken hin zu spiegelverkehrtem Handeln gefragt war. Diese Übung sei insgesamt eine der schwierigsten im Empfinden der Teilnehmenden, so Frau Sebold.
