Anfang Februar nahm das dem Klinikum Main-Spessart angegliederte Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) "Gesundheit Main-Spessart" in Lohr seinen Betrieb auf. Aktuell sind dort die Fachrichtungen Unfallchirurgie und Orthopädie vertreten. Über die Hintergründe und die geplante weitere Entwicklung dieses MVZ informierten am Mittwoch in einem Pressegespräch Klinikreferent René Bostelaar und der Facharzt für Orthopädie Dr. Ralf Luge.
Luge betreibt seit vielen Jahren eine Praxis im Anwesen Ludwigstraße 5 in Lohr. Weil sich der 64-jährige Mediziner in absehbarer Zeit zur Ruhe setzen möchte, suchte er fünf Jahre lang nach einem Nachfolger für seine Facharztpraxis. Da er keinen fand – und nur deshalb - war für das Klinikum Main-Spessart der Weg frei, Luge seinen Facharztsitz abzukaufen.
Facharzt für Orthopädie arbeitet noch drei Jahre lang in seiner Praxis
Für Luge bedeutet das, dass er in den nächsten drei Jahren weiterhin in seiner Praxis an der Ludwigstraße als Filiale des MVZ arbeitet, allerdings als angestellter Arzt. Auch seine Mitarbeiterinnen sind nun beim MVZ angestellt. Luge deckt die Bereiche Orthopädie mit Schwerpunkt Osteologie (Diagnose und Therapie von Knochenerkrankungen), Chirotherapie, Sportmedizin und Physikalische Therapie ab.
Laut Luge haben deutschlandweit rund 3,2 Millionen Frauen Anspruch auf Behandlung wegen Osteoporose (Alterserkrankung des Knochens, die ihn dünner und poröser und somit anfällig für Brüche macht). Allerdings würden derzeit rund drei Viertel von ihnen nicht behandelt, was für die Betroffenen schwerwiegende Folgen haben könne, gab er zu bedenken.
Hauptsitz des MVZ ist im Geriatriezentrum
Am Hauptsitz des MVZ, der sich in den Räumen der Bereitschaftspraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Geriatriezentrum neben dem Kreiskrankenhaus in Lohr befindet, ist der zweite im MVZ angestellte Arzt zu finden: Karl-Friedrich Heck, Facharzt für Chirurgie. Heck ist dort in den Fachbereichen Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin tätig.
Laut Bostelaar teilen sich KV und MVZ die KV-Räume im Geriatriezentrum. Das sei möglich, weil die KV-Bereitschaftspraxis nur abends und am Wochenende geöffnet sei, das MVZ hingegen nur tagsüber an Werktagen. Theoretisch wäre nach den Worten des Klinikreferenten in den KV-Räumen sogar noch Platz für eine weitere Facharztpraxis im Rahmen des MVZ.
Zahl der Fachärzte ist rückgängig
Dass das Klinikum mit dem MVZ "Gesundheit Main-Spessart" in die ambulante Versorgung im fachärztlichen Bereich eingestiegen ist, erklärte Klinikreferent Bostelaar damit, dass die Zahl der Fachärzte deutschlandweit rückgängig sei und in der Region viele Fachärzte Richtung Rente gingen. Hinzu komme, dass viele junge Ärztinnen und Ärzte heutzutage die Selbstständigkeit scheuten und ein Angestellten-Verhältnis bevorzugten. Insofern könne das MVZ für den medizinischen Nachwuchs zu einem Magneten werden.
Wenn Luge in drei Jahren den Ruhestand antritt, könnte die Nachbesetzung Bostelaars Einschätzung zufolge etwas leichter werden. Er ging davon aus, dass es gelingen könnte, einen Nachfolger aus den eigenen Reihen, sprich: aus der Orthopädie-Abteilung des Kreiskrankenhauses zu finden.
Ziel des Klinikums sei es, mit dem MVZ die ambulante fachärztliche Versorgung der Bevölkerung im Landkreis sicherzustellen, so Bostelaar. Mit Blick auf die Zukunft bezeichneten er und Luge das neu entstandene MVZ als Keimzelle, die noch wachsen solle.
MVZ soll ergänzt werden um Innere Medizin, Gynäkologie und Neurologie
Zu den Fachbereichen Orthopädie und Unfallchirurgie sollen nach den Worten des Klinikreferenten mittel- bis langfristig noch die Bereiche Innere Medizin, Gynäkologie und Neurologie hinzukommen, die auch als stationäre Abteilungen im Krankenhaus vertreten seien, so dass eine enge Zusammenarbeit stattfinden könne; Gespräche darüber liefen bereits.
Grundsätzlich wäre es laut Bostelaar möglich, das MVZ mit mehreren Fachbereichen nach dem Luge-Modell mit Filialpraxen zu betreiben. Allerdings sei neben dem gerade entstehenden Zentralklinikum am Lohrer Sommerberg ein "Gesundheitszentrum" geplant, in dem künftig neben anderen Einrichtungen wie beispielsweise einer Apotheke oder einer Physiotherapie-Praxis auch das MVZ "Gesundheit Main-Spessart" untergebracht werden soll. Errichtet werden soll dieses Gebäude nicht vom Landkreis Main-Spessart, sondern von einem Investor. Man sei bereits mit einigen Interessenten im Gespräch, sagte Bostelaar.
MVZ soll beitragen, das Klinikums-Defizit abzubauen
MVZ und Zentralkrankenhaus seien Bausteine zur orts- und zeitnahen Basisversorgung der Bevölkerung, betonte der Klinikreferent. Zudem solle das MVZ dazu beitragen, einen größeren Teil des bisherigen Defizits des Klinikums Main-Spessart abzubauen. Wobei es insgesamt gesehen nicht darum gehe, Gewinn zu machen, sondern um Deckung der Betriebskosten.
Der Hauptsitz des MVZ "Gesundheit Main-Spessart" im Geriatriezentrum neben dem Lohrer Kreiskrankenhaus hat geöffnet dienstags von 7 bis 9.30 Uhr, donnerstags von 7 bis 16.30 Uhr, freitags von 7 bis 14.30 Uhr sowie nach Vereinbarung; Tel.: (09352) 505-7750. Die Filiale von Dr. Luge (Ludwigstraße 5) ist geöffnet Montag bis einschließlich Donnerstag, jeweils 7 bis 11 Uhr sowie nach Vereinbarung; Tel.: (09352) 800600