Beim letzten Pflichttermin vor der Sommerpause hatte der Marktheidenfelder Stadtrat noch einmal richtig Spaß: In den Kindertagesstätten an der Kolpingstraße und am Lohgraben fühlten sich viele an die eigenen Kindertage erinnert, probierten mit Freude Murmelbahnen aus und amüsierten sich über die kleinen Kindertoiletten.
Der Besuch in den Kitas hatte jedoch einen ernsten Hintergrund: Vergangene Woche hatte der Rat eine Entscheidung über einen Kita-Neubau vertagt. Der sollte auf einer städtischen Fläche an der Ludwigstraße entstehen. Weil sie weitere mögliche Grundstücke und die bestehenden Kitas anschauen wollten, einigten sich die Stadträte auf den Termin am Donnerstag.
Dass Handlungsbedarf besteht, wurde in beiden Einrichtungen schnell klar. Die Kita an der Kolpingstraße wurde 1954 gebaut und 1991 um- und angebaut, erklärte Andreas Burk, stellvertretender Leiter des Bauamts. Birgit Nürnberger, Leiterin der Kita Kolpingstraße, hatte mit ihrem Team das Gebäude auf den Besuch vorbereitet. So saßen zum Beispiel Kinder aus Papier auf Stühlen in einem der Gruppenräume, um den Stadträten zu zeigen, wie eng es in einer Essenssituation werden kann.
Kita Kolpingstraße hat ein großes Platzproblem
Die Enge spürten die gut 20 Gäste um Bürgermeister Stamm schon in der Eingangshalle und dem schmalen Flur. Alle Räume der Kita erfüllen mehrere Funktionen, erklärte Nürnberger: "Die Küche nennen wir auch unseren Multifunktionsraum." Hier wird das Mittagessen zubereitet, hier ist der Pausenraum für die Angestellten, hier finden Elterngespräche statt, hierhin zieht sich die Sprachfachkraft zurück, wenn sie Online-Seminar hat. Eine Übersicht über alle Funktionen eines Raumes hatte das Kita-Team jeweils an der Tür angebracht. Einen Speisesaal gibt es zum Beispiel nicht, die Kinder essen in ihren vergleichsweise kleinen Gruppenräumen, danach wird der Raum umgeräumt.
Um die Räume etwas größer werden zu lassen, hat das Kita-Team zum Beispiel mit Hochebenen zum Spielen mehr Platz geschaffen. "Man hat aus der Situation das Beste gemacht", befand Stadträtin Renate Schneider (CSU).
Nürnberger führte das Gremium auch in den Keller, durch den bei starkem Regen auch mal ein kleiner Bach fließt. Sehr glücklich war Nürnberger jedoch über das große Gartengelände und die Außenhalle, die an der langen Seite offen ist. "Hier können wir die Kinder auch bei schlechtem Wetter draußen spielen lassen", erklärte Nürnberger den Vorteil, auf den sie bei einem Neubau ungern verzichten würde.
Kita Lohgraben kämpft mit den Tücken eines alten Gebäudes
Ein Platzproblem hat auch die Kita am Lohgraben: Die Gruppenräume seien für 25 Kinder "knackig eng", sagte Einrichtungsleiter Daniel Heidemann, Nebenräume und Rückzugsorte gibt es keine. Zwar hat die Kita einen Speisesaal, in dem können jedoch nicht alle Kinder gleichzeitig essen. Deutlich wurde auch, dass das Gebäude einst als Schule und nicht als Kindergarten entworfen worden war. So sind zum Beispiel die Fenster so hoch und zum Teil mit Milchglas verglast, dass die Kinder gar nicht nach draußen schauen können.
Heidemann machte die Besucher auf die schlechte Dämmung der Fenster und die altersschwache Heizung aufmerksam. Im Winter sei es zugig und die Heizung laufe entweder gar nicht oder auf höchster Temperatur. Den Turnraum unter dem Dach könne man im Hochsommer und im tiefen Winter kaum nutzen, weil die Temperaturen unerträglich seien.
Kein Neubau auf dem Parkplatz möglich
Die Idee, eine neue Kita auf dem Parkplatz vor der Lohgraben-Kita zu bauen, war im Stadtrat schon diskutiert worden. Andreas Burk betonte vor Ort aber noch einmal, dass die Fläche dafür nicht groß genug sei.
Das Gebäude an der Würzburger Straße wurde 1951 als Landwirtschaftsschule gebaut, 1971 wurden die Räume angebaut, die seit 1981 der Kindergarten nutzt. Im Hauptteil des Gebäudes sind heute das Musikinstitut und Räume der Volkshochschule untergebracht; im Nebengebäude links sind im Erdgeschoss die Büros der städtischen Hausmeister, das erste Obergeschoss ist an den Landkreis vermietet und unter dem Dach befindet sich eine leerstehende Wohnung.
Der Stadtrat verschaffte sich einen Überblick über den gesamten Gebäudekomplex. Bürgermeister Stamm fasste knapp zusammen: "Die Bausubstanz ist riesig, aber sie ist alt." Über die Eindrücke des Ortstermins wird der Stadtrat erst im September diskutieren.